Morbus Menière
Morbus Menière (engl. Hydropic Ear Disease, Ménière’s syndrome) ist eine Erkrankung des Innenohrs mit der Trias Drehschwindel, Ohrensausen und einseitiger Hörverlust.
Inhaltsverzeichnis
Entstehung
Sie ist weitgehend ungeklärt. Eine Überproduktion der im Innenohr befindlichen Flüssigkeit (Endolymphe: endolymphatischer Hydrops) spielt eine zentrale Rolle. Beginnen kann sie mit einer fluktuierenden Deregulation der Bildung und Resorption der Endolymphe. Erste Zeichen einer Überproduktion entstehen in der Spitze der Cochlea (Hörschnecke). Auf der betroffenen Seite zeigten in einer Untersuchung die apikale und die mittlere Windung signifikant höhere Raten von endolymphatischem Hydrops als die cochleäre basale Windung und das Vestibulum. (1)Braz J Otorhinolaryngol. 2020 Mar-Apr;86(2):165-173. doi: 10.1016/j.bjorl.2018.10.014 (2)Lancet. 2016 Dec 3;388(10061):2716-2717. DOI: 10.1016/S0140-6736(16)32166-3
Diagnostik
Die Erkrankung verläuft variabel. Sie wird meist durch oft plötzlich oder sporadisch einsetzende Symptome von Schwindel und Hörverlust diagnostiziert. Der Hörverlust betrifft fluktuierend niedrige Frequenzen, während hochfrequente Hörverluste häufig nicht fluktuierend sind. Die Intensität der vestibulären Symptome kann schwerwiegend sein und nur geringe Auswirkungen auf das Gehör haben; in anderen Fällen ist es eher umgekehrt. (3)World J Otorhinolaryngol Head Neck Surg. 2020 Apr 23;7(4):303-311. doi: 10.1016/j.wjorl.2020.03.004
In neuerer Zeit kann auch der endolymphatische Hydrops über eine hochauflösende MRT-Untersuchung direkt nachgeweisen werden. (4)Neuroradiology. 2021 Nov;63(11):1749-1763. DOI: 10.1007/s00234-021-02744-5 Die perilymphatischen Flüssigkeitsräume des Innenohrs zeigen eine hohe Signalintensität, während der endolymphatische Raum nicht verstärkt ist. (5)Eur Arch Otorhinolaryngol. 2022 Feb;279(2):751-757. DOI: 10.1007/s00405-021-06731-7.
Differentialdiagnosen
Differentialdiagnostisch muss an andere Erkrankungen des Ohrs, des Hörnerven (z. B. Akustikusneurinom) oder des Zentralnervensystems (Viruserkrankung, Tumor, Autoimmunkrankheit) gedacht werden.
Symptomatik
Typisch ist die Symptomentrias:
- Drehschwindel,
- Ohrensausen (oft dröhnend) und
- fortschreitende Hörbeeinträchtigung bzw. Hörverlust (meist einseitig).
Hinzu kommen oft ein Völlegefühl im Ohr, Übelkeit und Erbrechen.
Therapie
Die Therapie ist in der Regel unbefriedigend. Dimenhydrinat (Übelkeitsbekämpfung) und Betahistin können Symptome lindern.
Ménière-Schwindelattacken können durch eine Kombination aus Ernährungs- und Lebensstilanpassungen plus diuretischer Medikation bei über 90 % der Patienten kontrolliert oder beseitigt werden. (6)Lancet. 2016 Dec 3;388(10061):2716-2717. DOI: 10.1016/S0140-6736(16)32166-3
Therapie bei Versagen medikamentöser Maßnahmen
Eine intratympanische Applikation von Gentamycin scheint eine Therapieoption für Patienten zu sein, die auf eine medikamentöse Behandlung des Schwindels nicht ansprechen; das Risiko einer therapiebedingten Hörstörung scheint gering zu sein. (7)Laryngoscope. 2007 Aug;117(8):1474-81 Eine lokale Injektion von Methylprednisolon ist ebenfalls eine erfolgversprechende Therapieoption. (8)Lancet. 2016 Dec 3;388(10061):2753-2762. DOI: 10.1016/S0140-6736(16)31461-1
Cyclophosphamid senkt die zirkulierenden Immunkomplexe, die beim Meniere-Syndrom mit dem Schweregrad assoziiert sind. Cycloposphamid senkt die Spiegel und wirkt darüber angeblich besser als Glukokortikoide wie Dexamethason. (9)Exp Ther Med. 2021 Oct;22(4):1177. DOI: 10.3892/etm.2021.10611
Wenn eine medikamentöse Therapie versagt, wird auch eine operative Behandlung als Option vorzuschlagen sein. Dabei wird der endolymphatische Sack dekomprimiert und ein Shunt eingesetzt. Dabei wird die begleitende Installation von lokalen Kortikosteroiden als vorteilhaft beurteilt. (10)Am J Otolaryngol. 2017 May-Jun;38(3):285-290. DOI: 10.1016/j.amjoto.2017.01.023. (11)J Otol. 2017 Sep;12(3):117-124. DOI: 10.1016/j.joto.2017.06.002.
Cochleaimplantate können bei denjenigen, deren Hörnerv selbst funktionsfähig geblieben ist, den Hörverlust und den Schwindel mindern helfen. (12)World J Otorhinolaryngol Head Neck Surg. 2020 Apr 23;7(4):303-311. DOI: … Continue reading
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Verweise
Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).
Literatur
↑1 | Braz J Otorhinolaryngol. 2020 Mar-Apr;86(2):165-173. doi: 10.1016/j.bjorl.2018.10.014 |
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↑2 | Lancet. 2016 Dec 3;388(10061):2716-2717. DOI: 10.1016/S0140-6736(16)32166-3 |
↑3 | World J Otorhinolaryngol Head Neck Surg. 2020 Apr 23;7(4):303-311. doi: 10.1016/j.wjorl.2020.03.004 |
↑4 | Neuroradiology. 2021 Nov;63(11):1749-1763. DOI: 10.1007/s00234-021-02744-5 |
↑5 | Eur Arch Otorhinolaryngol. 2022 Feb;279(2):751-757. DOI: 10.1007/s00405-021-06731-7. |
↑6 | Lancet. 2016 Dec 3;388(10061):2716-2717. DOI: 10.1016/S0140-6736(16)32166-3 |
↑7 | Laryngoscope. 2007 Aug;117(8):1474-81 |
↑8 | Lancet. 2016 Dec 3;388(10061):2753-2762. DOI: 10.1016/S0140-6736(16)31461-1 |
↑9 | Exp Ther Med. 2021 Oct;22(4):1177. DOI: 10.3892/etm.2021.10611 |
↑10 | Am J Otolaryngol. 2017 May-Jun;38(3):285-290. DOI: 10.1016/j.amjoto.2017.01.023. |
↑11 | J Otol. 2017 Sep;12(3):117-124. DOI: 10.1016/j.joto.2017.06.002. |
↑12 | World J Otorhinolaryngol Head Neck Surg. 2020 Apr 23;7(4):303-311. DOI: 10.1016/j.wjorl.2020.03.004. |