Als Arzt in Burkina Faso

Artikel aktualisiert am 20. Februar 2019

von Prof. Dr. Ulf Stein

„Erst die Fremde lehrt uns, was wir an der Heimat haben“
Theodor Fontane

Prof. Stein war mehrfach als Arzt in Burkina Faso und hat in einer kleinen privaten Organistation geholfen. Hier sein Bericht.

In unserer zerrissenen Welt spielt die Armut, der Hunger, das Elend eine entscheidende Rolle. Terroristische Vereinigungen wie z.B. Al Kaida, Hamas, ISIS, Al Nusra und in Afrika Boko Haram, allesamt islamistische Gruppierungen, wachsen auch auf diesem Boden. Umso erstaunlicher ist es, dass in einem der ärmsten Länder der Welt, dem westafrikanischen Land Burkina Faso, mit einem Anteil von etwa 50 bis 60 % Moslems, 25 % Christen und dem Rest von Anhängern von Stammesreligionen bisher immer noch Religionsfrieden herrscht. In zwei angrenzenden Ländern, Mali und Nigeria, spielt die Terrorgruppe Boko Haram dagegen eine Menschen verachtende, teuflische Rolle.

In Burkina Faso, gibt es noch ganze Regionen ohne ärztliche Versorgung. Außerhalb der Städte und ihrer direkten Umgebung sind kranke Menschen in weit verstreuten, im Busch liegenden Ortschaften meist auf Heiler einer einheimischen traditionellen Medizin angewiesen. Schwerer erkrankten Menschen kann hier meist nicht mehr medizinisch geholfen werden. Burkina Faso mit seinen 17 Millionen Einwohnern hatte im Jahr 2014 insgesamt 1241 registrierte Ärzte/Innen. Wenn man bedenkt, dass zum Beispiel in der Schweiz mit ihren 8.237.000 Einwohnern 33.242 Ärzte tätig sind, wird die ärztliche Unterversorgung in Burkina Faso sehr deutlich. Die Tatsache, dass in der dreimonatigen Regenzeit von Juli bis September das sonst sehr trockene Land Überflutungen erlebt, die ein motorisiertes Durchkommen im Busch zeitweise unmöglich machen, erschwert die dortige ärztliche Behandlung zusätzlich. Erreichbar sind diese Buschregionen dann allenfalls mit dem Hubschrauber.

Ouagadougou, die Hauptstadt mit 1,7 Millionen Einwohnern, lässt seine Armut auch den Besucher erkennen und spüren. Die weitgehende Flachbausiedlung beherbergt eine Unzahl von hilfsbedürftigen Bettlern und armen, häufig jungen Menschen, die Selbstgebasteltes, auch zum Teil sehr gut gemalte Bilder in Postkartengröße oder auch täglich Notwendiges wie Toilettenpapier, Trinkwasser, Saft, Coca Cola usw. anbieten. Die Straßen der Stadt quellen über mit meist jungen auf Leichtmotorrädern aus China fahrenden Menschen, die ein Bild voller Lebenswillen und –freude abgeben. Unter ihnen sind Frauen ohne Kopftuch, die selbstsicher ihre Ziele ansteuern. Außer wenigen nicht planmäßig fahrenden Bussen und Taxen gibt es kein weiteres öffentliches Beförderungssystem.

Burkina Faso ist nicht nur medizinisch unterversorgt, auch in weiteren wesentlichen Lebensbereichen ist der Mangel deutlich. Etwa die Hälfte der 17 bis 18 Millionen Einwohner hungert existentiell besonders in der neun Monate anhaltenden Trockenperiode. Um an Trinkwasser zu kommen, müssen die Menschen, meist Frauen, oft über zehn bis zwölf Kilometer laufen und das Wasser dann meist in Behältern auf dem Kopf in ihren Heimatort tragen. Danach regnet es teilweise sintflutartig über drei Monate. In dieser Zeit müssen die Pflanzen zur Nahrungsmittelbeschaffung (Hirse, Kartoffeln, Gemüse usw.) wachsen und geerntet werden: Ein harter Kampf! Nahrungsmittelmangel und die damit verbundene Fehlernährung führen massenhaft besonders bei Kindern zu schlimmen Leiden.

71% der Gesamtbevölkerung über 15 Jahren waren 2012 Analphabeten. In ländlichen Gebieten gibt es über weite Strecken keine Schulen.

In dieser Situation überlegte sich die einheimische Frau Eklou aus Ouagadougou, wie sie ihrem Land helfen könnte. Sie als ausgebildete Krankenschwester litt daran, dass Arme keinen Arzt aufsuchen und Kinder keine Schulausbildung erhalten können, um aus dem Armutskreislauf über eine gute Bildung heraus zu kommen.

Schulprojekt in Ouagadougou
APERSEC-Schulprojekt in Ouagadougou

Frau Eklou stammt aus Ghana, wurde in Freiburg im Josephskrankenhaus zur Schwester ausgebildet, lernte hier ihren Mann, einen promovierten Germanisten aus Togo kennen und beschloss mit der hier während ihrer Schwesternausbildung angenommenen Gründlichkeit, in Burkina Faso in entlegenen Dörfern Brunnen und Schulen bauen zu lassen und in einem armen Außenbezirk von Ouagadougou eine medizinische Ambulanz mit augenblicklich neun Mitarbeitern/Innen aufzubauen. Für dieses Ziel gründete sie die nicht profitorientierte Wohltätigkeitsorganisation „APERSEC“ („Association Notre Dame de Perpe´tuel Secour“).

Wasserverteilung an einem der im Rahmen des APERSEC-Programms gebauten Brunnen
Mit Hilfe von Spenden aus Deutschland ist es ihr mit ihrem Mann gelungen, in entlegenen Dörfern die oben erwähnten Brunnen bauen zu lassen und an zwei Orten Schulen zu errichten.

In einem etwa nur 80 Kilometer von Ouagadougou entfernten Dorf, in dem wir einige Patienten unentgeltlich berieten und behandelten, sahen wir mehr als 250 freundliche, nette, aufgeweckte Kinder, die keine Möglichkeit hatten, eine Schule besuchen zu können. Hier wollen wir alles daran setzen, eine Schule zu bauen. Die Lehrer würden dann vom Staat bezahlt.

Inzwischen konnte das Ehepaar Eklou 280 Frauen Mikrokredite geben, mit denen diese Frauen eine größere Selbständigkeit besonders vor ihren oft dominierenden Männern bekommen. Gleichzeitig tragen diese Frauen dazu bei, dass krasse Not der Familien abgemildert wird.

Quasi als Krönung hat Frau Eklou mit ihrem Mann die schon erwähnte medizinische Ambulanz in Ouagadougou aufgebaut.

Die Einweihung (Inauguration) dieser Ambulanz fand am zweiten Mai dieses Jahres (2015) statt in der Zeit, in der ich (Prof. Dr. med. Ulf Stein) für sieben Wochen mit einer burkinesischen Arbeitserlaubnis dort für die Armen im Rahmen von „APERSEC“ ärztlich tätig war. Diese Tätigkeit war nicht ganz einfach, da die Tagestemperaturen in dieser Zeit im Schatten in der ausgedörrten Buschlandschaft um Ouagadougou zwischen 44 und 47°C pendelten. Jeder trug schweißnasse Kleidung, auch die Redner, die zur Einweihung der Ambulanz eingeladen waren.

 

foto 68 Prof. Stein
Hautkrebs bei Albino 01 Prof. Stein in der neu eröffneten Ambulanz: Übergabe von Spendengeldern für die später erfolgreiche Operation eines pigmentlosen Patienten mit Hautkrebs an die Leiterin, Frau Eklou

 

Regierungsbeamte lobten das tatkräftige, zupackende Handeln von Frau Eklou und ihrem Mann. Ich selbst durfte ebenfalls meine Gedanken äußern:
„In dieser zerrissenen Welt brauchen wir Friedensbringer, so wie es Frau Eklou mit ihrem Mann hier tut. Unsere christliche Verantwortung kann nur weltweit sein. Sie kann nicht an unseren Staatsgrenzen enden. Die Welt wird enger. Wir rücken zusammen. Wir alle haben eine gegenseitige Verantwortung und müssen denen helfen, die weniger haben als wir, die oft weniger als das Existenzminimum haben. Vorbilder sind zum Beispiel Albert Schweitzer, Mutter Teresa und viele andere. Als „kleine Mutter Teresa von Burkina Faso“ arbeitet nun hier Frau Eklou mit ihrem Mann. Ich hoffe, dass die beiden viele Nachahmer haben werden. Wir brauchen diese Arbeit, wenn wir den Weltfrieden erhalten wollen !“
Danach brauste ein großer Beifall auf.

Ich meine, diese Arbeit ist gerade in Burkina Faso dringend notwendig, da die Armut und die hohe Rate der Analphabeten dazu beitragen kann, dass radikale islamistische Strömungen diese Situation für sich ausnutzen können. Noch herrscht in Burkina Faso Religionsfrieden bei einem Anteil von etwa 50% Moslems, 25% Christen und dem Rest von Angehörigen von Stammesreligionen. In direkter Umgebung von Burkina Faso, wie zum Beispiel in Mali, in Nigeria und anderen westafrikanischen Staaten herrschen unsichere Machtverhältnisse, die bisher islamistischen Terror, wie Boko Haram, nicht in den Griff bekommen.

Glücklicherweise gibt es zunehmend neben den staatlichen Hilfen kleinere und größere Helfer, die eine sinnvolle Aufbauarbeit in den Entwicklungsländern leisten. Erst vor kurzem berichtete die Badische Zeitung über den selbstlosen, erfüllenden Einsatz des Chefchirurgen im Freiburger Diakonie-Krankenhaus, Prof. Rumstadt, der in Leo im Süden von Burkina Faso ein chirurgisches Krankenhaus aufgebaut hat.

Ich möchte noch erwähnen, dass die über mich unterstützten Schüler/Innen in Nairobi, Kalkutta und in Chittagong/Bangladesch schulisch gute Fortschritte machen und überglücklich für die erfahrene Hilfe sind. Einzelne haben bereits ihre Schul- und Berufsausbildung abgeschlossen und können nun auf eigenen Beinen stehen. Für diese Unterstützung zur Selbsthilfe, eine wirkliche Friedensmission, möchte ich allen Spendern herzlich danken. Auch für weitere Spenden besonders jetzt auch für Patienten und für Schüler/Innen in Burkina Faso wäre ich von Herzen dankbar.

Ich war dankbar, als ich nach meinem Einsatz in Burkina Faso wieder deutschen Boden betreten konnte, leben wir doch hier auf einem begnadeten herrlichen Streifen Erde, auf dem die extremen Herausforderungen der Tropen nicht bekannt sind. Diese hier so guten Lebensverhältnisse sollten von uns nicht einfach als Selbstverständlichkeit hingenommen werden.

Spendenkonto Prof. Dr. Ulf Stein,
Kontonummer: 5056494 bei der Sparkasse Hochschwarzwald
Bankleitzahl: 68051004
Verwendungszweck: Spende für die „Dritte Welt“.
IBAN: DE62680510040005056494 und SWIFT-BIC: SOLADES1HSW.

Juni 2016: Aktuell sucht Prof. Stein für die Ambulanz in Burkina Faso gebrauchte, noch funktionsfähige Sonographie- und Röntgengeräte sowie einen EKG-Apparat!
(Frau Eklou kommt am 28.6., also in diesem Monat wieder nach Freiburg. Sie wird bis Ende Oktober hier bleiben. Sie würde die Geräte abholen und nach Burkina Faso verschiffen lassen.)

Zu Prof. Stein kann über MedicoConsult Kontakt aufgenommen werden.

Verweise