Hyperkaliämie

Artikel aktualisiert am 24. Juli 2022

Hyperkaliämie bedeutet eine zu hohe Kaliumkonzentration im Blut. Werte von 5,0 mval/l und darüber werden als gegenüber der Norm (3,5-4,9 mval/l) erhöht betrachtet. Eine Hyperkaliämie ist eine potentiell lebensbedrohliche Elektrolytstörung, die viele Ursachen haben kann. Von besonderer Bedeutung sind wegen ihrer Häufigkeit Medikamentennebenwirkungen und die Niereninsuffizienz. Sehr hohe Kaliumwerte sollten wegen der Gefahr von Herzrhythmusstörungen rasch gesenkt werden.


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Falsch zu hohe Kaliumwerte

Es sollte ausgeschlossen sein, dass der zu hohe Kaliumwert durch zu starke Blutstauung, durch zu starken Unterdruck bei der Blutabnahme oder durch zu langes Stehenlassen der Blutprobe vor der Zentrifugation (Trennung von Blutzellen und Plasma oder Serum) zustande gekommen ist. Am besten erfolgt die Blutabnahme bei einer Kontrolle durch eine nicht zu englumige Kanüle ohne Sog.

Bei einer ausgeprägten Thrombozytose oder Leukämie kommen falsch zu hohe Kaliumwerte häufiger vor und müssen besonders beachtet werden (siehe hier).

Pathophysiologie der Hyperkaliämie

Etwa 98% des Kaliumbestands im Körper befinden sich in den Körperzellen; die extrazelluläre Konzentration ist sehr viel geringer als die intrazelluläre. Sie entspricht der Kaliumkonzentration im Blut. Kaliumreiche Kost erhöht die Kaliumkonzentration im Blut und damit den Kaliumbestand des Körpers und gleicht Kaliumverlust durch den Darm oder die Nieren aus. Kalium geht dem Körper zu 90% über die Nieren verloren.

Zu einer Hyperkaliämie kommt es, wenn die Regulation von Aufnahme und Ausscheidung zugunsten der Aufnahme verschoben ist, oder wenn intrazelluläres Kalium aus krankhaften Gründen aus den Zellen frei wird und ins Blut gelangt. Eine Fehlregulation in Richtung Hyperkaliämie kommt insbesondere bei Nierenfunktionsstörungen zustande.

Eine Hyperkaliämie senkt das Membranpotential der Körperzellen. Dadurch sind eine Reihe klinischer Symptome erklärbar (s.u.). Erregbare Zellen, wie die der Muskulatur, depolarisieren bereits bei geringerer Erregung, was zu Muskelzuckungen und Herzrhythmusstörungen führen kann.

Insulin und Katecholamine senken den Kaliumspiegel im Blut durch Erhöhung des Kalium-Eintransports in die Zellen, Aldosteron durch Ausscheidung über die Nieren.

Ursachen einer Hyperkaliämie

  • Eine übermäßige Kaliumzufuhr (diätetisch oder über Infusionen) kann zu einer Hyperkaliämie führen.
  • Bei einer Azidose kommt es zu einer Hyperkaliämie, da die Fähigkeit der Zellen abnimmt, Kalium gegen einen Konzentrationgradienten aufzunehmen.
  • Kalium sparende Diuretika wie Amilorid, Triamteren oder Aldosteronantagonisten (Spironolacton, Eplerenon) erhöhen den Kaliumspiegel im Blut. Die Wirkung von Spironolacton beruht auf einer Hemmung des Aldosterons und damit des Na-K-Austauschs im distalen Tubulus.
  • ACE-Hemmer: ACE-Hemmer greifen in das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) ein und können zu einer Hyperkaliämie führen. Dies ist vor allem bei Patienten mit Niereninsuffizienz ein hohes Risiko.
  • Verschiedene Medikamente wie Cyclosporin, Tacrolimus, nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), Heparin, Trimethoprim, Pentamidin können über Beeinflussung des RAAS zu einer Hyperkaliämie führen.
  • Der Morbus Addison beruht auf einer Unterproduktion von Nebennierenhormonen, so auch des Mineralokortikoids Aldosteron. Damit fehlt die renale Korrekturmöglichkeit der Blutelektrolyte durch Na-K-Austausch.
  • Zellschädigungen und Zelluntergänge in großem Maßstab führen zur Freisetzung großer Kaliummengen und damit zu einer Hyperkaliämie. Hierbei findet man auch eine Erhöhung von LDH, GOT, (im Falle von Muskelzerfall) CK und (im Fall einer Hämolyse) indirektem Bilirubin, wie sie beispielsweise
    • bei schweren Quetschungen und Rhabdomyolyse,
    • durch eine länger dauernde Hypoxämie (bei ausgeprägten Durchblutungsstörungen z. B. der Beine oder des Intestinums),
    • bei raschem Tumorzerfall,
    • bei einer Hämolyse eintreten.

Klinische Symptome der Hyperkaliämie

Eine Hyperkaliämie ist eine klinisch bedeutsame Störung der Elektrolyte im Blut.

  • Sie kann zu neurologischen Störungen mit Adynamie bis hin zur Paralyse und auch zu Empfindungsstörungen an der Haut (Parästhesien) führen.
  • Es können relevante Herzrhythmusstörungen auftreten; gefürchtet ist ein plötzlicher Herztod durch Asystolie oder Kammerflimmern.

EKG bei Hyperkaliämie

Bei einer Hyperkaliämie kommt es im EKG (Elektrokardiogramm) zu einer Verkürzung der Repolarisationsphase (ST-Strecke) und zu einer Erhöhung der T-Welle, später auch zu einem Verlust der P-Welle (Vorhofwelle) und einer Verbreiterung des QRS-Komplexes (Kammerkomplex). Die Veränderungen verschwinden bei Normalisierung des Kaliumspiegels im Blut.

Therapie

Eine symptomatische Hyperkaliämie ist wegen einer möglichen Lebensgefahr unverzüglich zu behandeln. Zu den Behandlungsoptionen gehören:

  • Kalzium-Infusionen: sie senken nicht den Kaliumspiegel im Blut, sondern stabilisieren das Membranpotential bei Hyperkaliämie.
  • Kaliumsenkung durch Infusion von Glukose plus Insulin: Es kommt zu einer Verschiebung des extrazellulären Kaliums nach intrazellulär.
  • Kaliumsenkung durch ein ß-Sympathikomimetikum (z. B. Albuterol): Es kommt zu einer Verschiebung des extrazellulären Kaliums nach intrazellulär.
  • Bikarbonat-Infusionen zum Ausgleich einer begleitenden Azidose: Natriumbikarbonat-Infusionen. Da dadurch auch gleichzeitig Natriumionen mit zugeführt werden, kann es zu einer Hypervolämie kommen, worauf geachtet werden muss.
  • Resonium A (Ionenaustauscherharz): Es tauscht Kalium gegen Natrium aus.
  • Hämodialyse: sie ist eine Reservemaßnahme bei schweren und symptomatischen Hyperkaliämien.
  • Patiromer ist ein Kaliumbinder, der im Darm nicht absorbiert wird. Eine Studie weist nach, dass Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz, die ACE-Hemmer erhielten, wirksam den Kaliumspiegel senkt und vor Hyperkaliämie schützt. (1)N Engl J Med. 2015 Jan 15;372(3):211-21

Ansonsten muss die Grunderkrankung erkannt und behandelt werden.


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Verweise

 

 


Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).



Literatur

Literatur
1N Engl J Med. 2015 Jan 15;372(3):211-21