Hyperthyreose

Artikel aktualisiert am 1. September 2023

Hyperthyreose (engl.: hyperthyroidism) bedeutet Schilddrüsenüberfunktion. Sie macht sich durch Unruhe, Schweißneigung und Herzklopfen bemerkbar, kann Auswirkungen auf das Herz, den Knochen, das Gehirn und die Psyche haben und sollte wegen der erforderlichen Therapie rasch diagnostiziert werden. (1)Thyroid. 2016 Oct;26(10):1343-1421. DOI: 10.1089/thy.2016.0229.


Ursachen

Für eine Hyperthyreose kommen eine Reihe verschiedener Ursachen in Betracht, die diagnostisch zu differenzieren sind:

  • autonomes Adenom (gutartiger Knoten mit Hormonproduktion, wahrscheinlich als Folge jahrelanger Stimulation durch TSH in Jodmangelgebieten),
  • Hyperthyreosis factitia (therapeutisch induzierte Überfunktion durch Überdosierung von Schilddrüsenhormonen zur Behandlung einer Unterfunktion),
  • Hypophysenadenom (gutartige Vergrößerung der Hirnanhangsdrüse, selten): erhöhte TSH-Werte plus erhöhte Schilddrüsenhormone (fT3 und fT4, s. u.).

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Klinik und Symptomatik

Manifeste Hyperthyreose

Die manifeste Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion mit klinischen Auswirkungen) kann folgende Symptome bieten :

Beim Morbus Basedow kommen Augensymptome hinzu (endokrine Orbitopathie: Exophthalmus, seltener Lidschlag, Konvergenzschwäche, zurückbleibendes Oberlid).

Thyreotoxikose: Bei emier latenten Hyperthyreose kann eine Jodzufuhr zu einer erheblichen Hyperthyreose mit Herzrasen, Zittrigkeit, Durchfall, Schlaflosigkeit und innerer Unruhe führen. Es ist das Bild einer Thyreotoxikose, das eine sofortigen Behandlung bedarf. Es besteht die Gefahr einer lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörung.

Leichte Struma diffusa einer jungen Frau, die unter Schweißausbrüchen und häufigem Herzklopfen litt. Keine weiteren Symptome. Unter den Laborwerte waren TSH erniedrigt und fT3 und fT4 erhöht. MAK war positiv. Es handelte sich um die überfunktionelle Anfangsphase einer Hashimoto-Thyreoiditis.

Latente Hyperthyreose

Die latente Schilddrüsenüberfunktion macht im Gegensatz zur manifesten in der Regel noch keine Symptome; sie fällt lediglich durch eine TSH-Erniedrigung bei normalen peripheren Hormonen (fT3, fT4) auf. Wenn Herzrhythmusstörungen vorliegen, kann eine ansonsten latente Hyperthyreose jedoch bereits eine Therapieindikation darstellen. Dazu siehe hier.

Diagnostik

Auf die Diagnose einer Schilddrüsenüberfunktion kann bereits die Anamnese hindeuten. Kommen typische klinische Befunde hinzu, so wird die Diagnose bereits oft relativ sicher stellbar. Gesichert wird sie jedoch durch die Laborwerte (erhöhte Schilddrüsenparameter).

Eine wesentliche Aufgabe der Diagnostik betrifft die Ursache der Hyperthyreose, wobei in den meisten Fällen das Anfangsstadium einer Hashimoto-Thyreoiditis, ein Morbus Basedow, ein Adenom oder eine iatrogene (z. B. medikamentös erzeugte) Überfunktion vorliegt, die diagnostisch daher in erster Linie zu berücksichtigen sind.

Anamnese

Betroffene berichten über Ungeschicklichkeiten (häufiger als sonst Geschirr zerbrochen etc.), Haarausfall, Wärmeintoleranz, Nervosität, Schlaflosigkeit und Durchfälle.

Körperlicher Untersuchungsbefund

Bei der klinischen Untersuchung können auffällig sein:

  • eine Schilddrüsenvergrößerung (Struma, nicht immer leicht erkennbar),
  • ein feinschlägiger Tremor,
  • Beschleunigter Herzschlag (Tachykardie), u. U. Herzrhythmusstörung bzw. absolute Arrhythmie,
  • feucht-warme Haut,
  • Augensymptome (Glanzauge, seltener Lidschlag, vorstehende Bulbi, Konvergenzschwäche).

Die Symptomatik kann sehr unterschiedlich ausfallen; nicht immer liegen alle Symptome vor.

Herzrhythmusstörungen können bei einer erheblichen Schilddrüsenüberfunktion lebensbedrohlich sein.

Laborwerte

Sie sind zur Diagnosesicherung einer Hyperthyreose unerlässlich. Geprüft werden vor allem:

  • TSH („Thyreoidea stimuliernedes Hormon“) supprimiert,
  • fT3 und fT4 (freies T3 bzw. T4) erhöht,
  • Bestimmung der Schilddrüsenantikörper:
    • TRAK („TSH-Rezeptor-Antikörper“) bei M. Basedow positiv,
    • MAK („mikrosomale Antikörper“; entspricht der TPO: „thyreoidale Peroxidase“) bei Hashimoto-Thyreoiditis positiv

Schilddrüsensonographie

Die Ulrtaschalluntersuchung der Schilddrüse gehört zu den Eingangsuntersuchungen bei Verdacht auf eine Schilddrüsenerkrankung und beantwortet die Fragen nach Zeichen einer diffusen Vergrößerung, einer Entzündung und dem Vorliegen einer Raumforderung (z. B. eines Adenoms, einer Karzinoms oder einer Zyste).

Schilddrüsenszintigraphie

Sie ist sehr aussagekräftig bezüglich dem Nachweis eines hyperaktiven warmen oder heißen Knotens als Ursache der Hyperthyreose.

Auswirkungen

Bei der Diagnostik sind die Auswirkungen einer Schilddrüsenüberfunktion zu berücksichtigen. Zu ihnen gehören:

  • Herzrhythmusstörungen: Erforderlich sind EKG und Speicher-EKG.
    • Vorhofflimmern: Dies ist ein relativ häufiges Risiko einer Hyperthyreose. Da es mit einer erhöhten Inzidenz von Schlaganfällen und auf Dauer mit einer Herzinsuffizienz verbunden ist, ist eine genaue Rhythmusdiagnostik und -kontrolle erforderlich. (2)Indian Heart J. 2017 Jul-Aug;69(4):545-550. DOI: 10.1016/j.ihj.2017.07.004
  • Osteoporose: Eine länger bestehende Schilddrüsenüberfunktion führt zu beschleunigtem Knochenabbau und einem anstieg des Risikos von Knochenbrüchen, vor allem von Hüft- und Wirbelbrüchen. Ggf. ist eine Osteodensitometrie indiziert.

Therapie

Zur Behandlung einer Hyperthyreose stehen verschiedene Optionen zur Verfügung:

  • Perchlorat hemmt die Aufnahme von Jodid in die Thyreozyten; Indikation: Vorbereitung vor Jodbelastung durch Kontrastmittel.
  • Thiamazol, Methimazol und Carbimazol hemmen die Hormonsynthese; Indikation: Dauertherapie der Hyperthyreose.
  • ß-Blocker: Indikation für Beta-Blocker ist eine Tachykardie.
  • Radiojodtherapie: Indikation ist die definitive Entfernung von autonomem Schilddrüsengewebe. Sie wird bei älteren Menschen und bei erhöhtem erhöhtem Operationsrisiko einer Threoidektomie bevorzugt.
  • Thyreoidektomie (operative Resektion eines Lappens oder eines Knotens oder subtotale Resektion); Indikation: gute Operabilität. Sie wird meist bei jüngeren Menschen bevorzugt. Eine Recurrensparese (Beschädigung des Nerven, der die Stimmlippen innerviert) und damit Heiserkeit als Komplikation kann heute relativ sicher vermieden werden.

Mehr zur Behandlung siehe unter Morbus Basedow.


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Verweise



Autor: Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (s. Impressum)


Literatur

Literatur
1Thyroid. 2016 Oct;26(10):1343-1421. DOI: 10.1089/thy.2016.0229.
2Indian Heart J. 2017 Jul-Aug;69(4):545-550. DOI: 10.1016/j.ihj.2017.07.004