Onkogene

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Onkogene sind Gene, welche die Krebsentstehung fördern. Die Bestimmung von Onkogenen hat für die Diagnostik und die Therapie von bestimmten Krebsarten eine große Bedeutung erlangt.

Das Wichtigste verständlich

Kurzgefasst
Als Onkogen (Onko-Gen) wird ein Gen bezeichnet, das die Krebsentstehung fördert. Die einzelnen Onkogene entstehen durch Mutation aus “normalen” Genen, die eine Funktion bei der Zellteilung haben.

Die Kenntnis der bei Tumoren vorliegenden Onkogene ermöglicht in vielen Fällen die Wahl einer individuell angepassten Behandlung des Malignoms (bösartige Wucherung, “Personalisierung der Tumortherapie“) sowie eine Prognose über das Ansprechen auf die Behandlung und die Lebenserwartung.

Bekannte Onkogene sind HER2 beim Brustkrebs und KRAS bei Lungen– und Darmkrebs und anderen Krebsarten. Inzwischen sind weitere bekannt. Dazu siehe unten.

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Protoonkogene

Wenn bestimmte Gene durch Mutationen zu Onkogenen werden können, werden diese Gene als “Protoonkogene” bezeichnet. Zu ihnen gehören solche, die Wachstumsfaktoren oder ihre Rezeptoren, G-Proteine oder Tyrosinkinasen kodieren.

Beispiele:

Darmkrebs: Ein wichtiges Onkogen für die Entstehung von Darmkrebs (Kolonkarzinoms) ist das Kras-Onkogen, dessen Protoonkogen ein G-Protein (Protein, das das am Rezeptor ankommende Signal in der Zelle weiter leitet und z. B. Gene wie Ras oder Rho reguliert) kodiert (siehe KRAS-Onkogen).

Lungenkrebs: Bei nicht-kleinzelligen Lungentumoren (NSCLC) sind die zwei am häufigsten mutierten Onkogene die für EGFR (epidermal growth factor) und KRAS. (1)Proc Am Thorac Soc. 2009 Apr 15;6(2):201-5

Protoonkogene

Onkogene in der Diagnostik

Für einige Krebsarten wird empfohlen, ein molekulares Profil von Onkogenen zu erstellen, um eine optimierte individualisierte Therapieplanung vornehmen zu können (2)Lancet. 2016 Jan 14. pii: S0140-6736(16)00004-0. doi: 10.1016/S0140-6736(16)00004-0..

Der Nachweis einzelner überaktiver Onkogene ist zudem von sehr aussagekräftiger prognostischer Bedeutung.

Die meisten Onkogene entstehen durch somatische Mutation oder werden durch besondere Auslöser aktiviert. Eine genetische Analyse zur Feststellung eines vererbbaren Krebsrisikos für Nachkommen ist daher nicht generell sinnvoll.

Die nachfolgend aufgeführten Onkogene sind Beispiele, die in der Praxis bereits prognostische und therapeutische Bedeutung erlangt haben.

Src

Src (abgeleitet von sarcoma) wurde 1970 als erstes Onkogen in einem Retrovirus entdeckt; es kodiert für eine non-Rezeptor-Tyrosinkinase (3)Nat Rev Mol Cell Biol. 2001 Jun;2(6):467-75. In Tumorzellen kommt ein endogenes c-src (ein Homolog des Rous-sarcoma-transforming gene) vor, das, solange es an einer bestimmten Stelle (Y530) phosphoryliert ist, inaktiv bleibt, aber durch eine Vielzahl von Mechanismen von einer inaktiven in eine aktive Form verwandelt werden kann. Dies hat die Folge, dass es zur Zelloberfläche verschoben wird, von wo es einen Signalweg eröffnet, der Tumorwachstum und -invasion  beeinflusst (4)Biochim Biophys Acta. 2002 Jun 21;1602(2):114-30.

Eine erhöhte Aktivität von src wird in verschiedenen Tumoren gefunden, so beispielsweise im hepatozellulären Karzinom (5)Oncol Lett. 2015 Nov;10(5):3026-3034, Kolonkarzinom (6)PLoS One. 2011 Feb 24;6(2):e17237. doi: 10.1371/journal.pone.0017237., Pankreaskarzinom (7)Front Biosci (Landmark Ed). 2012 Jun 1;17:2059-69 und Plattenepithelkarzinom des Halses (8)Cancer. 2008 May 1;112(9):2088-100.

Die Hemmung der src-Kinase (z. B. mit Dasatinib) hat sich inzwischen zur Tumortherapie als wirksam herausgestellt (9)Cancer Res. 2009 May 1;69(9):3842-9 (10)Cancer Treat Rev. 2010 Oct;36(6):492-500. doi: 10.1016/j.ctrv.2010.02.015.. Entsprechend ist die Entwicklung von src-Hemmern Ziel einer intensiven weiteren Forschung geworden (11)Med Chem. 2016;16(8):992-1002. DOI: 10.2174/1871520616666160223111800. PMID: 26902603.. Siehe auch unter Tyrosinkinaseinhibitoren.

EGFR-Mutationen

EGFR bedeutet epidermal growth factor receptor . Dieser Rezeptor des Wachstumsfaktors ist eine Tyrosinkinase, die bei ihrer Aktivierung zelluläre Signalwege auslöst, die das Zellwachstum, das Aussprießen von Zellen und das Zellüberleben fördern. (Die angeregten Signalwege sind der Phosphoinositid-3-kinase (PI3K)-AKT-Pathway, der STAT-Pathway und der MAPK-Pathway.)

Bis zu 30% der nicht-kleinzelligen Lungentumore haben eine aktivierende Mutation des EGFR (12)Oncologist. 2007 Jan; 12(1):90-8 (13)Transl Lung Cancer Res. 2015 Feb;4(1):67-81.

Medikamente, den EGFR-Tyrosinkinaseinhibitor (EGFR-TKI) hemmen, wie Erlotinib und Gefitinib, haben zu einem Fortschritt in der Therapie des NSCLC geführt (14)Jpn J Clin Oncol. 2012 Jun;42(6):528-33 (15)Lancet Oncol. 2012 Mar;13(3):239-46 und reduzieren die Hirnmetastasen des fortgeschrittenen Adenokarzinoms des Lunge (16)Onco Targets Ther. 2016 Feb 5;9:671-9.

ALK-Rearrangements

Umordnungen des ALK-Gens (anaplastic lymphoma kinase gene) wurden als Faktoren beschrieben, die das Risiko eines nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) erhöhen und bei 4-5% der NSCLC-Tumore gefunden werden (17)Lung Cancer. 2012 Jan;75(1):66-72. Am häufigsten findet sich eine Inversion im kurzen Arm von Chromosom 2. Inzwischen sind eine Reihe solcher Rearrangements bekannt (18)J Thorac Oncol. 2009 Dec;4(12):1450-4.

ALK-Rearrangements erhöhen das Lungenkrebsrisiko unabhängig vom Rauchen. Sie führen zu einer abnormalen Expression der EGRF-Tyrosinkinase (s.o.) in Krebszellen. Davon betroffen sind meist unter 50-Jährige.

Eine Hemmung von ALK (z. B. durch Crizotinib oder Alectinib) führte zu einem eindrücklichen Ansprechen von ALK-positiven NSCLC-Zellen, was bzgl. Alectinib als Durchbruch eingestuft wurde (19)Cancer Treat Rev. 2014 Mar;40(2):300-6. (20)Drugs Today (Barc). 2015 Mar;51(3):161-70.

HER2 (ERBB2)

HER2 (Human Epidermal growth factor Receptor 2 (HER2; ErbB2) ist ein Mitglied in einer Familie von Tyrosinkinaserezeptoren (HER1-4). Er regt in vielen Tumoren das Tumorwachstum an und wirkt als Onkogen.

Beim Magenkarzinom findet sich in den Studien eine unterschiedliche HER2-Prävalenz von 4 bis über 30% (21)Gastric Cancer. 2014 Jan;17(1):1-12 ). Eine Resistenz dieses Karzinoms gegen Cisplatin ist mit einer Erhöhung der Aktivität von HER2 assoziiert (22)Sci Rep. 2016 Feb 5;6:20502. doi: 10.1038/srep20502..

Beim Brustkrebs HER2-Positivität spricht für eine deutlich schlechtere Prognose als HER2-Negativität (23)Science. 1987 Jan 9; 235(4785):177-82.

In 25% der Brustkrebsfälle (24)Cancer Treat Rev. 2015 Dec;41(10):877-83 und 7% sporadischer kolorektaler Karzinome sowie auch in Fällen eines Ösophagus– und Magenkarzinoms (25)Curr Treat Options Oncol. 2014 Sep;15(3):395-404 (26)Gastric Cancer. 2014 Jan;17(1):1-12 finden sich somatische (in der Zelllinie erworbene, nicht vererbbare) aktivierende HER2-Mutationen (S310F, L755S, V777L, V842I und L866M) und Gen-Amplifikationen, was in den Krebszellen eine Resistenz gegen Cetuximab und Panitumumab hervorruft.

Die HER-Aktivität zu senken ist eine effektive Möglichkeit der Tumortherapie. HER2-Mutanten können durch nanomolare Dosen eines irreversiblen Tyrosinkinaseinhibitors (Neratinib oder Afatinib) gehemmt werden. Andere auf HER2 zielende Medikamente sind die Anti-HER2-Antikörper Trastuzumab, Pertuzumab und Lapatinib, ein Tyrosinkinaseinhibitor der zweiten Generation. Sie alle verzögern das Tumorwachstum. Eine duale Therapie von Trastuzumab plus einem Tyrosinkinasehemmer führt zu einer deutlichen Tumorregression (27)Cancer Discov. 2015 Aug;5(8):832-41 (28)Annu Rev Med. 2015;66:111-28.

Eine HER2-Testung ist damit beim Mammakarzinom, Ösophaguskarzinom, Magenkarzinom und Kolonkarzinom sowohl für die Prognose als auch für die Therapieplanung sinnvoll.

KRAS

KRAS (Akronym für „Kirsten rat sarcoma“, gehört zur RAS-Familie) und ist ein Onkogen. KRAS-Mutanten sind mit Lungenkrebs, Pankreaskrebs und Darmkrebs assoziiert. Etwa die Hälfte der Fälle eines kolorektalen Karzinoms sind KRAS- oder BRAF-positiv. KRAS-Positivität bedeutet eine schlechtere Prognose.

Kolorektale Karzinome, die ursprünglich einen KRAS-Wildtyp besitzen, reagieren meist empfindlich auf eine EGFR-Blockade (Blockade des Wachstumsfaktors „epidermal growth factor receptor“); aber innerhalb einiger Monate entwickeln sie eine Resistenz.

Bei Tumoren, die gegen Cetuximab oder Panitumumab resistent werden, lässt sich in einer der Mehrzahl (6 von 10) eine (erworbene) KRAS-Mutation nachweisen. KRAS-Mutationen werden daher als Förderer oder Auslöser einer erworbenen Resistenz gegen eine Anti-EGFR-Therapie (z. B. mit Cetuximab) angesehen (29)Nature. 2012 Jun 28;486(7404):532-6 (30)Nature. 2012 Jun 28;486(7404):537-40.

KRAS

BRAF

BRAF ist ein Onkogen, welches in Tumoren durch Mutation überaktiviert ist. In etwa 50% der Melanome und in einem kleineren Prozentsatz der Kolonkarzinome finden sich BRAF-Mutationen. Die meisten von ihnen betreffen einen einzelnen Nukleotid-Austausch bei 1796 (T-A), der zu Valin statt Glutaminsäure in B-RAF führt. BRAF-Hemmer sind inzwischen zu einer wirksamen Therapieoption für Tumore mit BRAF-Überaktivierung geworden.

BRAF.

PIK3CA

Unter den erworbenen Mutationen von PIK3CA (eine Kinase) finden sich solche mit erhöhter Aktivität dieses Enzyms. Sie finden sich in vielen Krebsarten, so in ca. 15-20% der kolorektalen Karzinome. Die Beteiligung einer Mutation am Darmkrebs fällt von coekal nach rektal hin ab (von etwa 25% auf etwa 10%) (zur Anatomie siehe unter Der Dickdarm).

PIC3CA-Mutationen sind mit einer Resistenz der Tumore gegen eine Anti-EGFR-Therapie (z. B. Cetuximab) assoziiert (31)Oncogene. 2014 Jun 5;33(23):2949-55. Eine PIC3CA-Mutation in Exon 9 und 20 ist mit einer schlechteren Prognose des kolorektalen Karzinoms assoziiert, nicht dagegen eine Mutation an Exon 9 oder 20 allein (32)Clin Cancer Res. 2012 Apr 15;18(8):2257-68.

Aspirin wirkt prophylaktisch gegen Darmkrebs, wobei PIK3CA-Mutationen mit diesem positiven Effekt assoziiert sind. Liegt eine PIK3A-Mutation vor, so ist ein Ansprechen auf die prophylaktische Gabe von Aspirin zur Darmkrebsvorsorge wahrscheinlich. Im Fall einer PIK3CA-Positivität ist Aspirin als eine mögliche Mitbehandlung sinnvoll und bessert die Darmkrebs-Prognose (33)N Engl J Med. 2012 Oct 25; 367(17):1596-606 (34)JAMA. 2009 Aug 12; 302(6):688-9 (35)Oncogene. 2014 Jun 5;33(23):2949-55.


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Verweise

Literatur[+]