Interferon-alpha

Artikel aktualisiert am 25. März 2021

Interferon-alpha und -beta haben eine virustatische, immunmodulatorische und antiproliferative (antineoplastische) Wirkung. Interferon-gamma hat eine immunmodulatorische Wirkung.

Zu Interferonen siehe hier.


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Allgemeines zu Interferonen

Interferone sind Zytokine, die verschiedenartige Wirkungen zur Abwehr von Infektionen entfalten (siehe hier). Insbesondere Viren rufen in den befallenen Zellen eine vermehrte Interferonbildung hervor. Interferone werden einerseits vom Körper als „Hilferuf“ verstanden und mit einer Abwehrreaktion des Immunsystems beantwortet. Andererseits führen sie zu einer Markierung der kranken Zellen durch Induktion von Markern auf der Zelloberfläche, so dass dem Immunsystem angezeigt wird, welche Zellen betroffen sind.

Wirkungen und Nebenwirkungen

Zur der Therapie der Virushepatitiden B und C kommt Interferon-alpha in Frage. Es müssen Nebenwirkungen und Kontraindikationen bedacht werden.

Kontraindikationen: Leberzirrhose Child C, Thrombozytopenie unter 50.000/µl oder Leukopenie unter 1.500/µl, Autoimmunerkrankung, AIDS, Drogenabhängigkeit, Tumorerkrankung, mangelnde Compliance, schwere psychiatrische Erkrankung, speziell Depression

Relative Kontraindikationen: Thrombozytopenie unter 100.000/µl, Leukopenie unter 3.000/µl, chronische Niereninsuffizienz, Leberzirrhose Child B, Depression in der Anamnese, sonstige Nebenwirkungen (s.u.)

Nebenwirkungen: anfänglich grippeähnliche Symptome mit Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Gliederschmerzen, Abgeschlagenheit, Haarausfall, Zahnlockerung, Thrombopenie, Leukopenie, Entstehung von Autoimmunkrankheiten.

Diese Symptome sind nicht bei jedem Patienten voll ausgeprägt. Sie verlieren sich größtenteils innerhalb der ersten 4-6 Wochen.

Anhaltend können sein: Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen, Appetitlosigkeit

Selten sind: Polyneuropathie, Depression (cave: Depression in der Anamnese!), Krampfanfall, lokale Hautreaktionen, Funktionsstörungen der Schilddrüse und Autoimmunerkrankungen.

Die Halbwertszeit von Interferon-alpha ist sehr kurz, so dass die Entwicklung zu lang wirksamen Darreichungsformen ging. Pegyliertes Interferon (PEG-Interferon) hat eine deutlich längere Halbwertszeit und braucht nur 1x pro Woche verabreicht zu werden. Es hat eine deutlich bessere Wirkung und wird besser vertragen. (1)NEJM 2000; 343:1666-1672

Bei der Behandlung der chronischen Hepatitis B erhöht sich die Wirkung von Interferon-alpha durch das Nukleosidanalogon Lamivudin.

Bei der Behandlung der chronischen Hepatitis C erhöht sich die Wirkung von Interferon-alpha durch das Nukleosidanalogon Ribavirin.

Interferon-alpha (IFN-alpha) zur Therapie der Hepatitis B

Indikation: wenn 6 Monate nach Beginn der Hepatitis B keine Normalisierung der Transaminasen eingetreten ist; anhaltend nachweisbares HBeAg.

Prognose: bestes Ansprechen von IFN-alpha bei Frauen, hohen Transaminasewerten, niedrigen HBV-DNA-Titern und kurzer Laufzeit der Infektion. Zuvor ist eine Leberpunktion zu empfehlen. Besserung dauerhaft (6 Monate nach Therapieende) bei 30-40% mit Normalisierung der Transaminasen, Serokonversion HBeAg+ zu HBeAg-, oder Verlust von HBV-DNA.

Cave: IFN-alpha-Antikörperentwicklung

Bei HBV-assoziierter dekompensierter Leberzirrhose ist eine Lebertransplantation zu diskutieren. Es muss dann Vorsorge getroffen werden (Hyperimmunserum), da es häufig zur Reinfektion kommt (i. G. zur Transplantation bei akuter Hepatitis B mit fulminantem Verlauf). Eine nach der Transplantation durchgeführte IFN-alpha-Therapie zur Prävention einer Reinfektion ist nicht erfolgversprechend.

IFN-Therapie bei Immunsupprimierten: IFN-alpha zur Behandlung der chronischen Hepatitis B wirkt bei Immunsuppression deutlich schlechter und ist bei HIV im AIDS-Stadium und anderen immuninkompetenten Patienten nicht sinnvoll.

Pegyliertes Interferon kann möglicherweise – wie bei der Hepatitis C – zu einer Verbesserung der Ansprechrate führen. Studien müssen abgewartet werden.

Inzwischen sind die Therapieoptionen bei chronischen virusbedingten Leberentzündungen durch Entwicklung von weiteren Virustatika wesentlich erweitert worden: zur chronischen Hepatitis B siehe hier.

Weitere Entwicklung: IFN-α2 zur Behandlung einer chronischen Hepatitis-B-Virus (HBV)-Infektion hat das Ziel einer anhaltenden virologischen Reaktion (sustaines virologic response), aber seine Wirksamkeit bleibt relativ gering. Ein Screening auf IFN-α-Subtypen mit der höchsten Anti-HBV-Wirksamkeit erbrachte, dass der IFN-α-Subtyp 14 in der Leber eine günstige konzertierte IFN-α- und IFN-γ-Reaktion auslöst, die zu einer starken HBV-Unterdrückung führt. (2)Hepatology. 2021 Feb;73(2):486-502. DOI: 10.1002/hep.31282. PMID: 32333814.

Interferon-alpha zur Therapie der Hepatitis C

Indikation bei Hepatitis C:

Die Chronifizierungsrate der akuten Hepatitis C kann durch Therapiebeginn mit alpha-Interferon von etwa 70% auf fast 40% gesenkt werden.

Bei der chronischen Hepatitis C mit einem Verlauf von über 6 Monaten sollten als Vorbedingung vor einer IFN-alpha-Therapie folgende Parameter vorliegen: erhöhte Transaminasen, Nachweis des Virus durch PCR (qualitativ für HCV-RNA), Ausschluss von TAK und MAK, ANA, AMA, ASMA, LKM-AK, HIV-AK.

Nicht erforderlich sind vor Therapiebeginn ein Bestätigungstest (RIBA) und eine qualitative HCV-RNA-Bestimmung, auch nicht eine Genotypisierung.

Dosierung und Therapieverlauf bei akuter und chronischer Hepatitis C: 3×5-6 Mio. I.E. 3x/Woche. Nach 3 Monaten wird evaluiert (Kontrolle der HCV-RNA). Bei Ansprechen sollte für weitere 9 Monate in einer Dosierung von 3 Mio. I.E. 3x/Woche weiter behandelt werden. Nach 12 und 24 Monaten erneute Kontrollen der HCV-RNA.

Dosierung dürfen nicht ungeprüft übernommen werden!

Prognose: bei Genotyp 2 oder 3 besser als bei Genotyp 1

Schlechtere Prognose bei Zirrhose mit längerer Erkrankungsdauer, Mischinfektionen, höherem Alter (>50 J), hohem Eisengehalt der Leber, Alkoholabusus

Kombination mit Ribavirin: bei Erstbehandlung ohne Vorteil gegenüber der Monotherapie; bei Relaps jedoch möglicherweise Kombination vorteilhaft

Neue Entwicklungen besagen, dass bereits bei der Erstbehandlung eine Kombination sinnvoll sein könnte.

PEG-Interferon: Statt einer täglichen Gabe wird heute pegyliertes Interferon (PEG-Intron, PEGASYS) mit langer Halbwertszeit verwendet.

Albinterferon-alpha-2b ist ein rekombinantes Molekül aus Albumin und daran gekoppeltes Interferon-alpha-2b. Es hat ersten Berichten zufolge eine ähnliche Wirksamkeit wie PEG-Interferon bei größeren Applikationsintervallen von 2-4 Wochen. (3)Hepatology 2008; 48: 407-417

Hinweis
Dosierungsangaben gelten für einen 60-70 kg schweren Menschen. Da Fehler in den Dosisangaben nicht ausgeschlossen werden können, müssen sie sorgfältig überprüft werden!

Inzwischen sind die Therapieoptionen bei chronischen virusbedingten Leberentzündungen durch Entwicklung von weiteren Virustatika wesentlich erweitert worden: zur chronischen Hepatitis C siehe hier.


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Verweise

 


Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).


 


Literatur

Literatur
1NEJM 2000; 343:1666-1672
2Hepatology. 2021 Feb;73(2):486-502. DOI: 10.1002/hep.31282. PMID: 32333814.
3Hepatology 2008; 48: 407-417