Typ-A-Gastritis
Die Typ-A-Gastritis (autoimmune Fundusgastritis; engl.: chronic autoimmune gastritis, CAG) ist eine Sonderform einer Entzündung der Magenschleimhaut, bei der ihre auf Säurebildung spezialisierten Zellen, die Parietalzellen, durch Angriff des eigenen Immunsystems zerstört werden. Es handelt sich um eine Autoimmunkrankheit. Mit ihr assoziiert ist eine erhöhtes Risiko für Magenkrebs und neuroendokrine Tumore. Folge ist eine besondere Form der Blutarmut, die perniziöse Anämie (Morbus Biermer). Die Erkrankung betrifft 0,1% der Bevölkerung mit einer Zunahme der Altersgruppe über 65. Frauen sind doppelt so häufig erkrankt wie Männer. (1)Nat. Rev. Dis. Primers. 2020;6:56. doi: 10.1038/s41572-020-0187-8
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Inhaltsverzeichnis
Entstehung und Entwicklung

Die krankhafte Bildung von Antikörpern gegen eigene Zellen beruht auf einer Fehlregulation des Immunsystems. Im Fall der Typ-A-Gastritis handelt es sich um Anti-Parietalzell-Antikörper, also Antikörper gegen die Zellen, welche am Mageneingang die für die Verdauung nötige Salzsäure bilden. Sie sind gegen die Protonenpumpe der Parietalzellen (eine H+/K+-ATPase) gerichtet. (2)Nat. Rev. Dis. Primers. 2020;6:56. doi: 10.1038/s41572-020-0187-8 Folge ist eine immunologisch ausgelöste Entzündung des Magenfundus (oberer Schleimhautbezirk im Magen, in dem sich die Parietalzellen befinden). Eine atrophe „Fundusgastritis“ kann in einer Gewebeprobe (Biopsie) nachgewiesen werden, die während einer Magenspiegelung (Gastroskopie) entnommen wird. Sie ist aber auch bereits endoskopisch zu vermuten, wenn die Schleimhaut besonders durchscheinend wirkt.
Durch den Angriff auf die Parietalzellen kommt es auch zu einem Mangel an „Intrinsic Faktor“ (Castle-Faktor), einem Hilfsmolekül, das dem Magensaft beigemischt wird, um die Resorption von Vitamin B12 im unteren Dünndarm zu ermöglichen. Fehlt der Faktor, so kommt es im Laufe der Zeit zu einem Vitamin-B12-Mangel, der eine Blutarmut, die perniziöse Anämie, und neuropsychiatrische Symptome zur Folge hat.
Der Säuremangel (Hypo-/Achlorhydrie) führt zu einem reaktiven Anstieg des Gastrinspiegels. In der Folge erhöht sich das Risiko für neuroendokrine Tumore.
Mangelerscheinungen
Die autoimmune Fundusgastritis ist mit einem Mangel an Vitamin B12 und einer daraus resultierenden perniziösen Anämie verbunden. Es werden weitere Mangelerscheinungen beobachtet: ein Eisenmangel, der ebenfalls eine Anämie verursacht, weitere Vitamine und Mikronährstoffe, wie Vitamin C, Vitamin D, Folsäure und Calcium. Sie können jeweils zu dem Symptomenkomplex der Typ-A-Gastritis beitragen. (3)World J Gastroenterol. 2017 Jan 28;23(4):563-572. DOI: 10.3748/wjg.v23.i4.563 Der Eisenmangel kann zu einer mikrozytären Anämie führen, die der makrozytären Anämie durch den B12-Mangel vorausgehen kann. (4)Acta Biomed. 2018 Dec 17;89(8-S):88-92. DOI: 10.23750/abm.v89i8-S.7921
Symptome, Beschwerden, Komplikationen
Anämiesymptome: Zu ihnen gehören Konzentrationsstörungen, Leistungsabnahme (siehe hier).
Dyspepsie: Die Autoimmungastritis verläuft über viele Jahre symptomlos oder mit nur geringen unspezifischen abdominellen Beschwerden (Dyspepsie); sie wird daher meist erst spät entdeckt.
Neurologische und psychiatrische Symptome: Es können sich neurologische und psychiatrische Erkrankungen manifestieren. Zu ihnen gehören eine periphere Polyneuropathie mit Taubheitsgefühlen oder Kribbeln (in 25% der Fälle), eine Neuropathie des Sehnerven oder Hörnerven, eine Neigung zur Depression oder kognitive Probleme. (5)Diagnostics (Basel). 2021 Nov 15;11(11):2113. DOI: 10.3390/diagnostics11112113 (6)Acta Biomed. 2018;89:88–92
Hunter’sche Glossitis: Typisch für eine perniziöse Anämie ist eine mit ihr häufig assoziierte hochrote und geschwollene Zunge, die Hunter’sche Glossitis. Sie kann brennende Beschwerden hervorrufen.
Thromboseneigung: Die Autoimmungastritis ist häufig mit einem Anstieg des Homocysteinspiegels im Blut assoziiert, der wiederum (über eine Schädigung der Endothelzellen der Blutgefäße) zu einer erhöhten Thromboseneigung führt. Mit ihm ist auch ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko verbunden. (7)Acta Biomed. 2018;89:88–92
Diagnostik
Auf die Spur einer Typ-A-Gastritis gerät man
- zufällig, wenn im Rahmen einer aus anderen Gründen durchgeführten Gastroskopie eine Gewebeprobe aus dem Fundus entnommen wird,
- bei der Suche nach der Ursache einer makrozytären hyperchromen Anämie.
Eine immunologische Klärung durch Nachweis von Antikörpern gegen Parietalzellen (Antiparietalzellantikörper) und gegen Intrinsic-Faktor (Anti-Intrinsicfaktor-Antikörper, seltener positiv) ergibt die Diagnose einer Perniziösen Anämie. (8)Aliment. Pharmacol. Ther. 2019;50:167–175. doi: 10.1111/apt.15317
Diagnostik von assoziierten Krankheiten
Mit der Typ-A-Gastritis geht ein erhöhtes Risiko für Magenkrebs und neuroendokrine Tumore einher. Die Diagnostik schließt die Suche nach ihnen und deren Verlaufsüberwachung ein.Zu den häufiger assoziierten Krankheiten gehören der Typ-1-Diabetes, eine Autoimmunthyreoiditis, eine Vitiligo, aber auch viele andere, wie die PBC, die PSC, die AIH, oder die Myasthenie (s. unter Autoimmunkrankheiten). (9)Diagnostics (Basel). 2021 Nov 15;11(11):2113. DOI: 10.3390/diagnostics11112113
Zur Diagnostik gehört ebenso eine Statusaufnahme bezüglich einer Hypovitaminose und des Calciumstoffwechsels inkl. des Knochenstatus sowie die Bestimmung der Homocysteinkonzentration im Blut (s.o.).
Therapie
Eine ursächliche Therapie der Autoimmungastritis steht nicht zur Verfügung. Bei einem Vitamin-B12-Mangel muss Cyanocobalamin mindestens monatlich parenteral substituiert werden. Bei einem Vitamin- und Eisenmangel sind diese auszugleichen. Zur Behandlung der assoziierten Krankheiten siehe jeweils dort.
Verweise
Literatur
↑1 | Nat. Rev. Dis. Primers. 2020;6:56. doi: 10.1038/s41572-020-0187-8 |
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↑2 | Nat. Rev. Dis. Primers. 2020;6:56. doi: 10.1038/s41572-020-0187-8 |
↑3 | World J Gastroenterol. 2017 Jan 28;23(4):563-572. DOI: 10.3748/wjg.v23.i4.563 |
↑4 | Acta Biomed. 2018 Dec 17;89(8-S):88-92. DOI: 10.23750/abm.v89i8-S.7921 |
↑5 | Diagnostics (Basel). 2021 Nov 15;11(11):2113. DOI: 10.3390/diagnostics11112113 |
↑6 | Acta Biomed. 2018;89:88–92 |
↑7 | Acta Biomed. 2018;89:88–92 |
↑8 | Aliment. Pharmacol. Ther. 2019;50:167–175. doi: 10.1111/apt.15317 |
↑9 | Diagnostics (Basel). 2021 Nov 15;11(11):2113. DOI: 10.3390/diagnostics11112113 |