Metabolisches Syndrom

Artikel aktualisiert am 11. November 2023


Allgemeines

Metabolisches Syndrom (engl.: metabolic syndrome, MetS),  auch Syndrom X genannt, bedeutet eine Zusammenfassung von Risikofaktoren für kardiovaskuläre Komplikationen wie Herzinfarkt und Schlaganfall. Es hat sich in den letzten Jahrzehnten – bedingt durch zunehmende Bewegungsarmut und falsche Ernährung – weltweit zu einer besonderen Herausforderung für das Gesundheitswesen und die Gesundheitserziehung entwickelt. Metabolisches Syndrom, Diabetes mellitus, Hypertonie, Fettleber, Herzinfarkt und Schlaganfall hängen miteinander eng zusammen. (1)Int J Mol Sci. 2022 Jan 12;23(2):786. DOI: 10.3390/ijms23020786.


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Das Wichtigste verständlich

Kurzgefasst
Das metabolische Syndrom (auch Syndrom X, MetS) wird als ein Konzept einer Stoffwechselstörung aufgefasst, welche verantwortlich ist für die Entwicklung

Ursächlich sind genetische und epigenetische Mechanismen wirksam. Eine falsche Ernährung der Mutter kann zu einer Adipositas des Kindes beitragen, welche wiederum mit einem metabolischen Syndrom verbunden ist. Eine Adipositas fördernde Ernährung wirkt direkt MetS-fördernd, aber auch indirekt über eine Veränderung der Zusammensetzung der Darmbakterien. Diese wiederum beeinflussen den Körperstoffwechsel in Richtung MetS.

Klinisch ist ein erhöhter Bauchumfang typisch. Laborchchemisch lassen sich erhöhte Fett- und Insulinwerte nachweisen. Diese deuten auf eine periphere Insulinresistenz, d. h. ein vermindertes Ansprechen der Körperzellen auf Insulin.

Das metabolische Syndrom bedeutet ein deutlich erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus Typ 2), einer koronaren Herzkrankheit inklusive eines Herzinfarkts sowie eines Schlaganfalls. (Siehe auch unter Prädiabetes.)

Die Behandlung dient der Vorbeugung dieser Komplikationen und Folgekrankheiten. Sie besteht in erster Linie in einer Life-style-Änderung. Medikamentös kommen Lipidsenker, Blutdrucksenker und Gerinnungshemmer (Thrombozytenaggregationshemmer, wie ASS) in Frage. Neue Überlegungen beziehen Strategien ein, die auf eine Beeinflussung der Darmmikrobiota zielen.

Definitionen und ihre Entwicklung

Die Definition des metabolischen Syndroms hat sich mehrfach gewandelt.

  • Früher wurde die Insulinresistenz als zentraler pathogenetischer Mechanismus in den Mittelpunkt gestellt. (2)WHO-Kriterien, Diabet Med. 1998; 15: 539-553 Dementsprechend beinhaltete das Syndrom auch den Diabetes mellitus.
  • Von der EGIR (European Group for the Study of Insulin Resistance) wurde es in Insulin-Resistenz-Syndrom umbenannt und der Diabetes herausgenommen. (3)Diabet Med. 1999; 16: 442-443
  • Das National Cholesterol Education Program (NCEP) Adult Treatment Panel III (ATP III) vertrat die Auffassung, dass das metabolische Syndrom eine Zusammenstellung von Risikofaktoren sein sollte, die für Diabetes mellitus Typ II und kardiovaskuläre Erkrankungen prädisponieren. (4)ATP-III-Kriterien: Circulation. 2002; 106: 3143-3421  (5)Lancet 2005; 366: 1059-1062   (6)Circulation. 2005; 112: 2735-2752  Danach war die Insulinresistenz nicht mehr eine Voraussetzung für die Diagnose. Sie konnte gestellt werden, wenn 3 von 5 folgender Kriterien vorlagen: abdominelle Fettsucht (Bauchumfang > 102 cm (m) bzw. >88 cm (f)), erhöhte Triglyzeride, reduziertes HDL-C, erhöhter Blutdruck, erhöhter Nüchternblutzucker. In dieser Definition war der Diabetes wieder in das Syndrom aufgenommen.
  • Die American Association of Clinical Endocrinologists (AACE) stellte die Insulinresistenz wieder in den Mittelpunkt und benannte das Syndrom erneut als Insulin-Resistenz-Syndrom (7)Circulation. 2005; 112: 2735-2752.
  • Die International Diabetes Federation (IDF) hat Ende 2004 eine Definition erarbeitet, die weltweit gelten soll. (8)Lancet. 2005 Sep 24-30;366(9491):1059-62. DOI: 10.1016/S0140-6736(05)67402-8 Sie berücksichtigt die Einschätzung, dass Insulinresistenz und Diabetes bisher überbetont waren, und stellt den Bauchumfang in den Mittelpunkt. Er und zwei zusätzliche Symptome aus einer Liste sind für die Diagnose erforderlich (s. u.), die wieder als „metabolisches Syndrom“ benannt wird und auch den Diabetes im Spektrum wieder mit enthält (siehe unter Diagnostik): Taille > 94 cm (Männer) oder > 80 cm (Frauen) zusammen mit dem Vorhandensein von zwei oder mehr der folgenden Kriterien: Blutzucker über 5,6 mmol/l (100 mg/dl) oder diagnostizierter Diabetes HDL-Cholesterin < 1,0 mmol/L (40 mg/dl) bei Männern, < 1,3 mmol/L (50 mg/dl) bei Frauen oder medikamentöse Behandlung bei niedrigem HDL-C Triglyceride im Blut > 1,7 mmol/L (150 mg/dl) oder medikamentöse Behandlung bei erhöhten Triglyceriden Blutdruck > 130/85 mmHg oder medikamentöse Behandlung von Bluthochdruck (9)Curr Hypertens Rep. 2018 Feb 26;20(2):12. DOI: 10.1007/s11906-018-0812-z.

Die Definition für Kinder enthält zentral die Adipositas als Vorbedingung; mit ihr sind eng assoziiert die kardiometabolischen Risikofaktoren Hyperlipidämie, Hyperinsulinämie (als Zeichen einer peripheren Insulinresistenz) und eine Hypertonie. Die Adipositas wird als „driving factor“ angesehen. (10)J Pediatr Endocrinol Metab. 2020 Jul 28;33(7):821-833. DOI: 10.1515/jpem-2019-0552

Inzwischen wird das metabolische Syndrom als eine Kombination kardiometabolischer Risikofaktoren aufgefasst, bestehend aus

Je nach Sichtweise werden die einzelnen Faktoren unterschiedlich gewichtet. Eine einheitliche Sicht der Ätiopathogenese, eines Konsensus bezüglich der Grenzen der Messwerte und der auf sie gegründeten Therapie fehlt nach wie vor. (11)Postgrad Med J. 2009 Nov;85(1009):614-21 (12)J Pediatr Endocrinol Metab. 2020 Jul 28;33(7):821-833. DOI: 10.1515/jpem-2019-0552

Prädiabetes

Prädiabetes ist nach der Amerikanischen Diabetes Association (ADA) ein Begriff für Bedingungen mit einer mindestens 50%igen Wahrscheinlichkeit, einen Diabetes Typ II zu entwickeln (13)Diabet Med 2003; 20: 693-702 (siehe hier).

Häufige Begleitbedingungen

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Risikofaktoren

Ein Risiko für die Entwicklung eines metabolischen Syndroms und eines Prädiabetes tragen Menschen, bei denen folgende Kriterien eruierbar sind :

  • Adipositas
  • Familiäre Belastung mit Diabetes Typ II
  • Mütter von Kindern mit erhöhtem Geburtsgewicht

Verbreitung, Epidemiologie

Die Häufigkeit des metabolischen Syndroms in der Bevölkerung nimmt stetig zu. Vermutet wird, dass es weltweit bei etwa 1/4 der erwachsenen Bevölkerung vorliegt. Der Anteil in Ländern mit höherem sozioökonomischem Status, zu kalorieenreicher Ernährung und zunehmender Bewegungsarmut wird deutlich höher sein. (14)Cardiol Res Pract. 2014;2014:943162. doi: 10.1155/2014/943162

Pathomechanismen

Biochemische Mechanismen

Biochemisch ist das metabolische Syndrom charakterisiert durch eine (unterschiedlich ausgeprägte) periphere Insulinresistenz mit peripherer Hyperinsulinämie und einer Fettstoffwechselstörung (erhöhte Triglyzeride und erniedrigtes HDL-Cholesterin). (15)Cardiol Res Pract. 2014;2014:943162. doi: 10.1155/2014/943162

Ein erhöhter Entzündungsstatus des Körpers, der beim metabolischen Syndrom gefunden wird, geht auf die im Fettgewebe von Adipozyten produzierten Entzündungsmediatoren (TNF-alpha, Interleukin-6 (IL-6) und CRP) zurück. (16)Br J Nutr. 2004 Sep; 92(3):347-55 Mit ihm verbunden ist eine erhöhte Gerinnungsneigung mit dem Risiko für thromboembolische Ereignisse. Biochemisch beruht dies auf der gleichzeitig vermehrten Bildung von Gerinnungsfaktoren wie Fibrinogen, Faktor VII und Faktor VIII. (17)J Clin Endocrinol Metab. 2004 Jun; 89(6):2595-600

Eine vermehrte Bildung von Glukokortikosteroiden spielt eine Rolle. Glukokortikoide sind Stressmediatoren und führen bei chronischem Stress zu einer Erhöhung der Fettsynthese, einer erhöhten Fettmasse des Körpers, einer erhöhten Glukoneogenese (Glukoseneubildung), einer peripheren Insulinresistenz und einer Hypertonie. (18)Exp Clin Endocrinol Diabetes. 2002 Sep; 110(6):284-90  (19) Nat Rev Endocrinol. 2009 Jul; 5(7):374-81 Damit können chronischer Stress und Glukokortikoide die Entwicklung eines metabolischen Syndroms fördern. (20)Cardiol Res Pract. 2014;2014:943162. doi: 10.1155/2014/943162

Rolle von Stress

Psychosozialer Stress, beispielsweise Berufsstress, ist mit einem metabolischen Syndrom assoziiert (21)Metab Disord. 2021 Feb 1;20(1):321-327. doi: 10.1007/s40200-021-00748-9   (22)Int J Environ Res Public Health. 2022 Apr 22;19(9):5095. doi: 10.3390/ijerph19095095   (23)Obes Rev. 2019 Nov;20(11):1651-1664. DOI: 10.1111/obr.12915. Der Mechanismus beinhaltet wahrscheinlich eine Erhöhung der Glukokortikoide, die als Stresshormone vermehrt gebildet werden (s. o.)

Ernährung und Mikrobiom des Darms

Bezüglich der Fettstoffwechselstörung wird als einer der wesentlichen auslösenden Faktoren ein erhöhter Fettkonsum angesehen. Er führt zu einer nachweisbar erhöhten entzündungsfördernden Stoffwechselveränderung (über nuclear factor kappaB). (24)Am J Clin Nutr. 2004 Apr; 79(4):682-90

Ein vermehrter Konsum von Fruktose in der Nahrung und in Soft-Drinks führt auf Dauer zu einer Leberverfettung, zu einem VLDL-Anstieg und zu einer Gewichtszunahme. Grund ist, dass aus vermehrt aufgenommener Fruktose Triglyceride aufgebaut werden(dazu siehe hier).

Das Darmmikrobiom beeinflusst die Entwicklung des metabolischen Syndroms. Die Ernährung wiederum beeinflusst die Zusammensetzung der Bakterienstämme des Darms.

  • Eine fettreiche Ernährung führt zu einer Verringerung der Vielfalt an Bakterienstämmen und einem erhöhten Verhältnis von Firmicutes zu Bacteroidetes. Die Firmicutes-Stoffwechselprodukte und -Mediatorstoffe fördern Adipositas und Enzündungsreaktionen, die beide Kennzeichen eines metabolischen Syndroms sind. Darmmikrobiota und Fettleibigkeit stehen damit miteinander in Verbindung. (25)Int J Food Sci Nutr. 2018 Mar;69(2):125-143. DOI: 10.1080/09637486.2017.1343286 
  • Eine zuckerreiche Ernährung fördert die Resorption von Fett im Darm. Sie führt zu einer Vermehrung spezieller Faecalibakterien (Faecalibaculum rodentium). Diese verdrängen andere Bakterienspezies, die – über Aktivierung spezieller Immunzellen in der Darmschleimhaut (Th17-Lymphozyten) und IL17 – die Fettresorption begrenzend regulieren. Fällt die Regulierung weg, erhöht sich die Fettresorption.  (26)Cell. 2022 Aug 24:S0092-8674(22)00992-8. DOI: 10.1016/j.cell.2022.08.005

Die vom Mikrobiom ausgehenden Signale wirken auch über das Gehirn und beeinflussen sowohl den Appetit als auch die Darminnervation. Diese Kenntnis führt zu Überlegungen, die Adipositas über Strategien zu behandeln, die auf Darmmikrobiota ausgerichtet sind (s. u.). (27)Expert Rev Gastroenterol Hepatol. 2021 Oct;15(10):1169-1179. DOI: 10.1080/17474124.2021.1963232

Mikrobiom

Rolle der Gene

Inzwischen sind viele verschiedene genetische Polymorphismen bekannt, die zu einer Verschlechterung der Fettstoffwechselstörung bei Menschen mit Adipositas führen. Auch können genetische Varianten zu einer defekten Insulinsekretion führen. (28)Curr Opin Lipidol. 2004 Apr; 15(2):115-20

Eine Hypothese besagt, dass es eine „sparsame“ Genkonstellation gibt, die in Hungerzeiten den Stoffwechsel bremst. Solch eine Konstellation würde jedoch in Zeiten von Nahrungsüberfluss (in heutigen Industrieländern) zu einem Überschuss an Fett im Körper führen und damit zu einem metabolischen Syndrom und zur Zuckerkrankheit prädisponieren. (29)Diabet Med. 1997 Mar; 14(3):189-95

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Diagnostik

Entsprechend dem Consensus der IDF 2004 : (30)Lancet 2005; 366: 1059-1062

  • Bauchumfang: Grenzen nach ethnischen Gegebenheiten unterschiedlich; bei Europäern >/= 94 cm (m) und 80 (w) (Grenzwerte geringer als im ATP-III-Panel vorgeschlagen! S.o.).
    Zusammen mit 2 der folgenden Kriterien:
  • Reduziertes HDL: < 40 mg/dl (m) und < 50 mg/dl (w) oder spezifische Cholesterintherapie wegen solcher Werte (siehe unter HDL-Cholesterin)
  • Erhöhte Blutdruckwerte (entweder >/= 130 mm Hg systolisch oder/und >/= 85 mm Hg diastolisch oder antihypertensive Therapie wegen solcher Werte (siehe auch unter Hypertonie)
  • Erhöhter Nüchternwert für Blutzucker (Blutzuckerwert >/= 100 mg/dl) oder bereits diagnostizierter Diabetes mellitus Typ II (Siehe auch unter Blutzucker)

Die Definition schließt Patienten mit normalem Nüchternblutzucker aber pathologischem Glukosetoleranztest nicht ein. 

Komplikationen

Das metabolische Syndrom mit dem dabei häufig vorkommenden Prädiabetes ist verbunden mit einem erhöhtem Risiko für die Entwicklung folgender Komplikationen :

  • Angiopathie: Gefäßschäden mit Durchblutungsstörungen der Extremitäten und innerer Organe
  • Retinopathie: Netzhautschädigung nachlassender Sehkraft und der Gefahr einer Erblindung
  • Neuropathie: Nervenschädigung mit Gefühlsstörungen (z. B. Kribbelgefühl an den Beinen) und Störungen der Innervation von Muskeln
  • Nephropathie: Nachlassen der Nierenleistung bis hin zur Niereninsuffizienz und Dialysepflichtigkeit
  • Diabetisches Fußsyndrom: Störungen speziell der Fußgesundheit mit Durchblutungsstörungen, Gefühlsstörungen, Geschwürsbildungen und Absterben von Zehen.
  • NASH [25]: (31)Scand J Gastroenterol. 2005; 40(12): 1469-77   (32)Ann Intern Med. 2005; 143(10): 722-8 Verfettung und Entzündung der Leber mit der langfristigen Folge einer Leberzirrhose.
  • Kkoronare Herzkrankheit: Verengung der Herzkranzgefäße mit Angina pectoris und der Gefahr eines Herzinfarkts
  • Schlaganfall: je nach Lokalisation Gefühlsstörungen, Lähmungen und Wesensänderungen
  • Krebs: Laut einer Metaanalyse von Studien erhöht das metabolische Syndrom das Krebsrisiko (Endometrium +61%, Pankreas +58%, Brust, postmenopausal 65%, kolorektal 34%). (33)Diabetes Care. 2012 Nov;35(11):2402-11. doi: 10.2337/dc12-0336

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Prognose

Menschen mit metabolischem Syndrom haben ein erhöhtes Risiko für die obigen Komplikationen: (34)Cardiol Res Pract. 2014;2014:943162. doi: 10.1155/2014/943162

  • 5-faches Risiko für Typ-2-Diabetes in den nächsten 5 – 10 Jahren,
  • 2-faches Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen,
  • 2 – 4-faches Risiko für einen Schlaganfall,
  • 3 – 4-faches Risiko für einen Herzinfarkt,
  • 2-faches Risiko an diesen Komplikationen zu sterben.

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Therapie

Die Behandlung des metabolischen Syndroms dient in erster Linie der Vorbeugung der kardiovaskulären Komplikationen.

Life-Style-Änderung

Die American Heart Association (AHA) hat Vorschläge veröffentlicht. (35)Circulation. 2005;112:e285-e290 Eine Life-style-Änderung ist die wichtigste Maßnahme! Dazu gehören:

  • Rauchen einstellen
  • Blutdruck normalisieren (< 140 mm Hg, bei Diabetes < 130 mm Hg): u. a. kochsalzarme Kost, ggf. Beschränkung der Trinkmenge auf 1,5 – 1,8 l/d, vermehrte körperliche Bewegung)
  • Vermehrte körperliche Bewegung (täglich mindestens 30 Minuten mäßige Bewegung)
  • Gesunde Ernährung.

Gesunde Ernährung

Die diätetischen Strategien beim metabolischen Syndrom berücksichtigen vor allem die Adipositas, die Fettstoffwechselstörung und die Hyperinsulinämie. Jedoch werden zunehmend allgemeine Prinzipien einer gesunden Ernährung anstelle von Diäten mit Kalorien- oder isolierter Nährstoffeinschränkung angewandt. (36)Nutrients. 2020 Sep 29;12(10):2983. doi: 10.3390/nu12102983

Eine gesunde Ernährung folgt folgenden Prinzipien:

    • moderate Mengen,
    • fettarm = wenig Cholesterin (weniger als 200 mg/d) und wenig gesättigte Fette (weniger als 7% der Gesamtkalorien) mit dem Ziel, LDL-Cholesterin (LDL-C) zu reduzieren (obere LDL-C-Grenze bei hohem kardiovaskulärem Risiko < 100 mg/dl, bei niedrigem < 160 mg/dl), HDL anzuheben („every 1-mg/dL increase in HDL is associated with a 2% to 3% decrease in coronary artery disease risk“ (37)Am J Cardiol. 2005; 96(9A): 50-8 ,
    • ballaststoffreich (frisches Obst und Gemüse),
    • keine Süßigkeiten (möglichst wenig Einfachzucker).

Eine Metaanalyse hat herausgestellt, dass das Wesentliche bezüglich einer Gewichtsreduktion eine Kalorienreduktion und nicht ein bestimmter Diättyp ist. (38)Diabetologia. 2022 Jan;65(1):14-36. doi: 10.1007/s00125-021-05577-2 Mit Kalorienreduktion bei vermehrter körperlicher Bewegung (weniger Zufuhr als Verbrauch) kann man selbst dazu beitragen, sein Gewicht zu reduzieren (Ziel BMI < 25 kg/m2) und das HbA1c zu normalisieren (<7,0, besser <6,5%) (siehe unter Adipositas).

Eine Gewichtsabnahme ist die entscheidende Voraussetzung für eine Reduktion des kardiovaskulären Risikos. Die Gewichtsabnahme sollte 7-10% im 1. Jahr erreichen; anschließend kontrollierte Reduktion (jährlich um etwa 5-7%) bis der BMI unter 25 kg/m2 liegt. Selbst eine geringere Gewichtsabnahme führt zu einer signifikanten Reduktion des Risikos für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall. Eine Gewichtsabnahme kann durch eine zur Diät zusätzlichen Behandlung mit Metformin unterstützt werden. (39)Exp Clin Endocrinol Diabetes. 2013 Jan;121(1):27-31. DOI: 10.1055/s-0032-1327734 Eine Metformin-Therapie von nicht-diabetischen MetS-Patienten mit einer diastolischer Dysfunktion führte in Verbindung mit einer Lebensstilberatung zu einer verbesserten diastolischen Funktion des Herzens. (40)Endocrine. 2021 Jun;72(3):699-710. DOI: 10.1007/s12020-021-02687-0

Medikamentöse Therapie

Zusätzlich zur Lifestyle-Änderung werden je nach Ausprägung des Symptome und der Laborwerte folgende Maßnahmen erforderlich:

Neuere Entwicklungen in der Therapie

  • PPAR-gamma-Agonisten (z. B. Fibrate, Glitazone, AT1-Blocker) scheinen eine Erfolg versprechende therapeutische Perspektive darzustellen. (41)PPAR Res. 2014;2014:832606. doi: 10.1155/2014/832606 Sie wirken über eine Erniedrigung der TNF-alpha-Produktion antientzündlich. Zusammen mit einer Erhöhung der Visfatin-Produktion verhindern oder verlangsamen sie zudem die Insulinresistenz. Für Rosiglitazon wurde auch im Tierversuch nachgewiesen, dass es die antiarteriosklerotische HDL-Funktion wirksam steigert; die Dicke der Aortenwand (Intima/Media) nahm unter seiner Wirkung deutlich ab. (42)Int J Mol Med. 2015 Mar;35(3):715-23 Eine mögliche Wirkungsweise beinhaltet die Vermittlung antioxidativer Zellfunktionen (über die Erhöhung von PON1). (43)Int J Mol Med. 2015 Mar;35(3):715-23
  • Niacin gehört zu den wirksamsten Medikamenten zur Erhöhung von HDL-Cholesterin und zur Senkung des arteriosklerotische Risikos. Es reduziert zusammen mit Statinen besonders wirksam das LDL-Cholesterin und die Entwicklung einer Arteriosklerose, was sich auch im Tierversuch belegen lässt. (44)J Am Coll Cardiol. 2012 Jun 5;59(23):2058-64  (45)PLoS One. 2013 Jun 19;8(6):e66467 Der positive Effekt von Niacin wird dabei jedoch offenbar nicht durch seine Wirkung auf die Lipoproteine vermittelt. (46)J Am Coll Cardiol. 2013 Oct 22;62(17):1580-4
  • Medikamente, welche die ApoE-HDL-Wirkung verstärken, schützen vor Arteriosklerose. Dazu gehört beispielsweise BAPN, ein Hemmstoff der Lysyloxidase. Erklärung: HDL, welches ApoE enthält (ApoE-HDL), nimmt Cholesterin von peripheren Zellen des Körpers auf und bringt es zur Leber, wo es abgebaut wird. ApoE-HDL erhöht die Elastizität der Arterienwand und vermindert das Arterioskleroserisiko. (47)Cell Rep. 2012 Nov 29;2(5):1259-71 Auf dieser Basis können Medikamente gegen Arteriosklerose erwartet werden.
  • Das Endocannabinoid-System (ECS) spielt eine bedeutende Rolle bei der Kontrolle der Nahrungsaufnahme. Es fördert das belohnungsbezogene Verhalten auch bei Esssucht. Cannabinoid-Rezeptor-Blocker werden als perspektivisch verheißungsvolle Therapieprinzipien angesehen. (48)Pharmaceuticals (Basel). 2021 Sep 29;14(10):1002. DOI: 10.3390/ph14101002.
  • Die Transplantation von „gesundem“ Darmmikrobiom hat zum Ziel, die gut-brain-Achse zu normalisieren. Vermittler einer Dysfunktion ist ein durch ein abnormales Mikrobiom verändertes Gallensäuremuster. (49)Gut Microbes. 2017 May 4;8(3):253-267. DOI: 10.1080/19490976.2017.1293224 Eine Stuhltransplantation ist eine Möglichkeit, die Adipositas über auf Darmmikrobiota ausgerichtete Strategien zu behandeln. (50)Lancet Gastroenterol Hepatol. 2017 Oct;2(10):747-756. doi: 10.1016/S2468-1253(17)30147-4   (51)Diabetes Obes Metab. 2019 Mar;21(3):479-490. DOI: 10.1111/dom.13561.

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Verweise

Informationen für Patienten

 

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