Ballaststoffe

Artikel aktualisiert am 16. September 2022

Ballaststoffe sind pflanzliche Nahrungsbestandteile, die vom Körper nicht selbst verdaut werden können. Dazu gehören Zellulose, Hemizellulose, Lignin und Pectine. Ballaststoffe entfalten ihre Wirkung primär im Darm, haben jedoch Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden. Mit Rückgang pflanzlicher Kost und Zunahme einer Kost tierischer Herkunft im Nahrungsmix des Menschen kommt es zu einem Mangel an Ballaststoffen, der sich entsprechend nachteilig auswirken kann. Vegetarische Kost mit hohem Ballaststoff-Anteil ist entsprechend gesundheitsfördernd.


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Das Wichtigste verständlich

Kurzgefasst
Ballaststoffe

Sie fördern die Gesundheit und gehören wesentlich zu einer gesunden Ernährung.

Als Nebenwirkungen können Blähungen auftreten, die bei einem empfindlichen Darm (z. B. einem Reizdarm) zu Bauchschmerzen führen können.

Nahrungsmittelzusätze, die lösliche Ballaststoffe enthalten, können – zumindest bei Versuchstieren – durch Einwirkung von Darmbakterien bei Dysbiose Leberkrebs (HCC) fördern und müssen kritisch betrachtet werden.

Stoffwechseleffekte

Die Spelzen vollständiger Getreidekörner werden von Darmbakterien verdaut. Aus dem Fasermaterial entstehen kurzkettige Fettsäuren, vor allem Butyrat (Salz der Buttersäure). Diese haben einen günstigen Einfluss auf den Fettstoffwechsel und die Insulinwirkung: sie wirken einer Zunahme des Körperfetts und einer Abnahme der Insulinempfindlichkeit der Gewebes entgegen. Dies wurde tierexperimentell gestützt. Als Wirkmechanismus wurde u.a. eine Hochregulation von PPAR-γ gefunden. (1) 2018 Mar;47:75-82. doi: 10.1016/j.nut.2017.10.007.

Bedeutung

  • Ballaststoffe binden Wasser und quellen; sie führen damit zu einer Erhöhung des Stuhlvolumens und fördern den Stuhlgang.
  • Sie binden potentiell toxische Substanzen und
  • Sie verringern das Krebsrisiko; dies ist
    • für den Darmkrebs nachgewiesen.
    • Sie erhöhen den Tumor-Suppressor-Pathway (2)Ann Surg. 2006 May;243(5):619-25; discussion 625-7 und können wahrscheinlich auf diese Weise zur Unterdrückung einer Tumorentstehung beitragen.
    • Ballaststoffe werden von Bakterien unter Bildung von Butyrat (Salz der Buttersäure) abgebaut, welches eine protektive Wirkung bezüglich der Bildung kolorektaler Karzinome (Darmkrebs) haben soll[2][3]. (3)J Gastroenterol Hepatol. 2006 Jan;21(1 Pt 2):209-18 (4)J Gastroenterol Hepatol. 2006 Jan;21(1 Pt 2):209-18

Quellmittel

Im Dickdarm (Kolon) tragen Ballaststoffe als Quellmittel zu dem notwendigen Stuhlvolumen bei. Diese Fähigkeit hängt von der Wasserbindungsfähigkeit ab.

WASSERBINDUNGSFÄHIGKEIT von 100 g Ballaststoffen :

  • Mohrrüben binden 220 g Wasser.
  • Kleie, Guar, Pektin und Flohsamen (z.B. Mukofalk, Flosa) binden 300 – 400 g Wasser.

Die Behandlung der Obstipation mit Quellmitteln erfordert eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme.

Kleie führt bei 50% der Patienten mit Obstipation zu einer Verstärkung der Beschwerden; dies ist bei Flohsamenschalen nicht der Fall.

Günstige Wirkungen

Folgende gewollte oder günstige Wirkungen können Ballaststoffe entfalten :

  • Sättigungsgefühl durch Füllung des Magens,
  • Wasserbindung im Kolon, Erhöhung des Stuhlvolumens, des Kolondurchmessers mit Herabsetzung der Kolonwandspannung (wirkt einer Divertikelbildung entgegen),
  • Erhöhung der Darmmotilität,
  • Bindung hydrophober oder amphiphiler Bestandteile des Darminhalts, so von Cholesterin und Gallensalzen, damit indirekt Senkung des Cholesterinspiegels im Blut. Auch Bindung von Toxinen möglich,
  • Senkung des Darmkrebsrisikos (komplexe Wirkung)
  • Förderung eines regelmäßigen, geschmeidigen Stuhlgangs,
  • Förderung der Sekretion von Pankreasenzymen,
  • günstige Beeinflussung der Zusammensetzung der Darmflora und darüber Stärkung der Abwehrkräfte des Körpers (siehe unter Mikrobiom).

Ungewollte bzw. unangenehme Wirkungen

  • Darmgasbildung (Meteorismus) durch Abbau von Ballaststoffen durch die Dickdarmflora: dies kann zu Bauchbeschwerden oder bei erhöhter Empfindlichkeit auch heftigen Bauchschmerzen führen (siehe hier).
  • Bindung von Medikamenten und einiger wertvoller Nahrungsbestandteile, so dass deren Resorption vermindert sein kann. Bei gleichmäßiger ballaststoffreicher Ernährung ergeben sich jedoch kaum Schwankungen der Wirksamkeit einer Dauermedikation. Und zu einer Mangelversorgung mit Nahrungsbestandteilen durch deren Bindung an Ballaststoffe kommt es bei normaler Ernährung nicht.

Warnung vor löslichen Ballaststoffen

Lebensmittelzusätze enthalten oft lösliche Ballaststoffe. Eine stark beachtete Publikation weist nach, dass lösliches Faser-Inulin, eingebracht in eine definierte Diät, bei Versuchstieren Leberkrebs (HCC) fördert. Keimfreiheit im Darm, Antibiotika sowie auch eine Hemmung der bakteriellen Fermentation des Inulins verhindern dies. Die Verstoffwechselung durch das Mikrobiom des Darms bei Dysbiose scheint also eine entscheidende Rolle zu spielen. Lebensmittelzusätze mit fermentierbaren Ballaststoffen müssen daher laut den Autoren sehr kritisch betrachtet werden. (5)Cell Volume 175, ISSUE 3, P679-694.e22, October 18, 2018 … Continue reading Der Mechanismus der Krebsentstehung beinhaltet wahrscheinlich die Förderung onkogener Bakterien (Clostridium cluster XIVa, Clostridium cluster XI u.a., die die Umwandlung von primären in sekundäre Gallensäuren fördern, siehe hier). (6)Front Cell Infect Microbiol. 2019 May 21;9:155. DOI: 10.3389/fcimb.2019.00155 Das Antibiotikum Vancomycin verhindert in Versuchstieren die Krebsentstehung unter löslichen (fermentierbaren) Ballaststoffen. (7)Gut Microbes. 2020 Jul 3;11(4):1077-1091. DOI: 10.1080/19490976.2020.1743492

Ballaststoff-Gehalt von Nahrungsmitteln

Angaben grob, pro 100 g:

  • Viel: Weizenkleie: 45 g, Bohnen, weiß: 23 g, Blumenkohl: 26 g, Sojabohnen: 22 g, Erbsen: 17 g, Linsen: 17 g, Karotten: 12 g.
  • Mäßig bis wenig: Mais: 10 g, Hafer 9-10g, Vollkornbrot: 8 g, Vollkornnudeln: 8 g, Reis: 5 g.

 

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Verweise

 


Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).


 


Literatur

Literatur
1 2018 Mar;47:75-82. doi: 10.1016/j.nut.2017.10.007.
2Ann Surg. 2006 May;243(5):619-25; discussion 625-7
3J Gastroenterol Hepatol. 2006 Jan;21(1 Pt 2):209-18
4J Gastroenterol Hepatol. 2006 Jan;21(1 Pt 2):209-18
5Cell Volume 175, ISSUE 3, P679-694.e22, October 18, 2018 DOI:https://doi.org/10.1016/j.cell.2018.09.004
6Front Cell Infect Microbiol. 2019 May 21;9:155. DOI: 10.3389/fcimb.2019.00155
7Gut Microbes. 2020 Jul 3;11(4):1077-1091. DOI: 10.1080/19490976.2020.1743492