Hilfsprojekt in einem Flüchtlingslager in Jordanien

Artikel aktualisiert am 28. November 2018

Hilfsprojekt in Jordanien: Abschied

Unfassbar, aber leider wahr: die Zeit hier ist fast vorbei. Ich bin in meiner letzten Woche und gestern musste meinem ersten Standort, dem Krankenhaus in Zaatari Lebewohl sagen. Und das war ganz schön emotional – denn diese kleine Rehabilitationsinsel fühlt sich wirklich wie ein Familien-Hotel an (mit guten wie auch weniger guten Aspekten, was so was mit sich bringt)… Heißt also, dass jeder jeden kennt und man sehr eng zusammenwächst – und so gab es schon den ein oder anderen Kloß im Hals oder ein Tränchen im Auge, als es ans Verabschieden von Patienten, National Staff und am Abend auch von dem dortigen Expat-Team ging.

Besonders schwer, die Patienten wieder ins Ungewisse gehen zu lassen, viele wollen doch wieder nach Syrien zurück, manche wollen sogar wieder in den Krieg ziehen. Und das ist natürlich ein sehr trauriges Kapitel, aber nur mäßig beeinflussbar, denn was wir hier tun, ist Kriegsverletzten zu helfen, ohne dabei zu richten oder zu bewerten. Und es scheint, dass sie meinen, nicht anders zu können. Und wieder vermischt sich das Bild von plakativ „guten“ und „bösen“ Menschen, und die Linie wird extrem unscharf.

Es sind aber natürlich vor allem viele unbeteiligte Opfer, wie z. B. Kinder, die auf dem Weg zur Schule getroffen wurden. Man kann nur hoffen, dass sie eines Tages wieder ein halbwegs normales Leben führen können, mit oder ohne Behinderung, mit Prothese oder künstlichem Auge.

Für mich war es trotz des Abschieds auch irgendwie ein wunderschöner Tag: Wir hatten noch ein kleines Fest mit den Patienten, gestaltet vom „Mental Health Department“, die mit Musik und kleinen Animationen und Spielen das Positive in den Menschen wecken wollen, damit die Kriegserfahrungen verarbeitet und geglättet werden können.

Und dann gab es eben die vielen kleinen persönlichen Momente und Wünsche, die ich mitnehmen werde: Das kleine Mädchen, das mich nicht gehen lassen wollte, die ältere Dame, die weint und MIR Gottes Segen wünscht (dabei wartet sie seit Monaten darauf, dass ihr Knochenbruch endlich zusammenwächst), der junge Patient mit Amputation, der sich so motiviert an das baldige Ende seiner Reha herangetastet hat und hoffentlich bald mit seiner Prothese laufen kann. Jeder einzelne trägt seine Geschichte. Dazu die Kommentare und guten Wünsche meiner Kollegen und anderer Staff-Mitglieder sowie von meinem lieben Expat-Team in Mafraq, das mich heute Abend noch zum längeren Bleiben „gezwungen“ hat. Meinen Physios habe ich ein paar „Golden Hands“ zum Abschied gestaltet.