Hilfsprojekt in einem Flüchtlingslager in Jordanien

Artikel aktualisiert am 28. November 2018

Hilfsprojekt in Jordanien: Zwischen Freud und Leid

Zwischen Freud und Leid liegt manchmal nur ein Wimpernschlag. Das durfte wohl heut auch unser Wirtschaftsminister Gabriel gedacht haben, der sichtlich betroffen einen Besuch in „unserem“ Flüchtlingslager Zaatari erlebt hat. Gesehen habe ich ihn nicht persönlich (genauso wenig wie letzte Woche David Cameron), aber wir mussten wegen des VIP-Besuches ein anderes Tor morgens zum Betreten des Camps nutzen.

Ich wundere mich immer wieder, wie „positiv“ sich die Welt hier so nahe am Abgrund von Unmenschlichkeit anfühlen kann: Das ist sicherlich menschliche Überlebensstrategie, dass man trotz eines Krieges, der quasi nebenan tobt und Opfer fordert, dennoch lacht und scherzt, ein nahezu normales Leben führt, versucht, das Schreckliche nicht unbedingt auszublenden, aber doch zu überlagern.

Das gilt ganz besonders für unsere Patienten und diejenigen, die gerade mit Mühe und Not und mit vielen Opfern dem Kriegsgeschehen entkommen sind: Unfassbar, dass sie da liegen in den Betten, mit doppelt amputierten Beinen, gerade eine schwere OP wegen zerfetzter Eingeweide hinter sich, mit mehrfachen Knochenbrüchen und Fleischwunden an Armen und / oder Beinen, Bombensplitter zieren das Gesicht. Mit Sicherheit Angst und Wut und Hass innen drin, viele Fragen, die Familien in Syrien, vielleicht auch mit Glück zum Teil hier oder schon weit weg in Europa – keine Ahnung, wie die Zukunft wird, betreut in einem fremden Land, in den Händen vieler fremder Leute, teilweise konfrontiert mit fremder Sprache und der entsprechenden Kultur.

Und dann kann ein freundliches Hallo, ein aufmunterndes Lächeln, ein kleiner Scherz, ermutigende Worte und das Gefühl, dass man sich kümmert, eine medizinische Versorgung, etwas zu essen und ein sicherer Raum ein Lachen auf diese Gesichter legen, einen Funken Hoffnung, ein bisschen Zuversicht. Wenn die kleine Fatima mit der durchschossenen Schulter, die mit ganz viel Glück nicht verblutet ist und „nur“ mit einem gelähmten Arm (der vielleicht wieder wird) zu tun hat, einen mit der gesunden Seite bei der Hand nimmt, munter auf einen einplappert, eine geknetete Rose schenkt und einem ein Bussi auf die Wange drückt…

Dann geht es auch mir nahe eines Kriegsgebietes gut, dann sehen die Verletzungen gar nicht so schlimm aus, dann wird man kurzfristig nicht übermannt von Fragen wie „Warum das alles?“ und „Wann hört das auf“? Dann erscheint tatsächlich auch hier der Himmel schön blau, man freut sich über die kleinen Dinge des Lebens, man kann scherzen und singen und lachen. In Zaatari ist es Teil des „Mental Health Programmes“, dass die Mitarbeiter in die Stationen gehen und mit den Patienten tanzen und singen – ein wunderschönes Bild, halb zum Lachen und halb zum Weinen.