Hypokaliämie

Artikel aktualisiert am 29. Juli 2022

Hypokaliämie bedeutet eine zu niedrige Konzentration von Kalium im Blut und gehört zu den Elektrolytstörungen. Sie wird diagnostiziert, wenn die Kaliumkonzentration im Blut unter 3.5 mmol/l liegt. Die häufigste Ursache ist ein Kaliumverlust durch Medikamente (speziell durch Diuretika), durch die Nieren (Kalium-verlierende Nephropathie) oder durch den Magendarmkanal (Erbrechen, Durchfallerkrankung). Niedrige Kaliumwerte, besonders unter 2.5 mmol/l , erhöhen das Risiko für Herzrhythmusstörungen und können lebensbedrohlich sein.


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Pathophysiologie

Die Kaliumausscheidung in den Nieren ist ein wesentlicher Regulationsmechanismus der Kaliumkonzentration im Blut, die wiederum mit dem Kaliumgehalt der Körperzellen korreliert. Der intrazelluläre Kaliumgehalt macht etwa 98% des Gesamtkaliums aus. Regulativ auf die Kaliumkonzentration im Blut wirkt Aldosteron, ein Hormon der Nebennierenrinde, das die Kaliumausscheidung am distalen Tubulus fördert.

Ursachen einer Hypokaliämie

Häufige Ursachen

Eine Hypokaliämie kommt zustande durch

  • Kaliumverschiebung aus dem Extrazellulärraum in die Körperzellen: z. B. durch die Wirkung von Insulin oder von Katecholaminen (Adrenalin) oder bei metabolischer Alkalose. Die Kaliumausscheidung über den Urin ist hierbei nicht vermehrt wie bei einer Hypokaliämie durch renalen Kaliumverlust.
  • Kaliumverlust über die Nieren: er wird durch eine vermehrte Kaliumausscheidung über den Urin pro Zeiteinheit (z. B. im 24-Stunden-Urin) festgestellt.
  • Kaliumverlust durch den Darm: Diarrhö führt zu Kaliumverlust; die Nieren scheiden kompensatorisch weniger Kalium aus.
  • Kaliummangel in der Nahrung: hierbei retinieren die Nieren Kalium kompensatorisch; die Kaliumausscheidung mit dem Urin ist vermindert.

Besondere Ursachen

  • Metabolische Alkalose: bei z. B. saurem Erbrechen oder vermehrter Zufuhr alkalischer Äquivalente (z. B. von Salzen metabolisierbarer Säuren wie Citrat, das zur Auflösung von Harnsäuresteinen verwendet wird, oder durch Infusionen mit Bikarbonat). Zur gegenregulatorischen pH-Erniedrigung im Blut werden intrazelluläre Protonen im Austausch gegen Kalium ins Blut abgegeben; in dieser Phase kann es zur Hypokaliämie kommen.
  • Hypochlorämische Alkalose: Niedriger Kaliumspiegel bei gleichzeitig niedrigem Cloridspiegel weist auf ein saures Erbrechen als Ursache hin. Der Mechanismus der Hypokaliämie geht über die durch HCl-Verlust bedingte Alkalose (s. o.).
  • Hypokaliämie unter adrenergem Stress: Alle Bedingungen, die zu einem hohen Sympathikotonus und hohem Adrenalinspiegel führen, bergen die Gefahr einer Hypokaliämie in sich. Dies gilt insbesondere für das Phäochromozytom. Denn Adrenalin führt zu einer Kaliumverschiebung aus dem Blut in die Körperzellen.
    • Auch Bronchodilatatoren (ß2-Sympathomimetika), die bei Asthma oder einer COPD übermäßig angewendet werden, können zu einer Kaliumverschiebung in die Zellen und damit zu einer Hypokaliämie führen.
    • Der Einsatz von Adrenalin zur Aufrechterhaltung einer ausreichenden Herzfrequenz bei kritischer Bradykardie oder bei Asystolie kann zu einer peripheren Hypokaliämie führen, die vor dem Ereignis noch nicht bestanden haben muss.
  • Hypoglykämischer Schock: Diabetiker mit Unterzuckerung durch Insulin weisen häufig eine Hypokaliämie auf, da Insulin eine Kaliumverschiebung aus dem Blut in die Körperzellen bewirkt. Primär bewirkt Insulin eine Stimulierung der Na-H-ATPase in der Zellmembran, durch die Natrium in die Zellen gelangt. Sekundär wird über eine Na-K-ATPase das eintransportierte Natrium durch Austausch gegen Kalium wieder heraustransportiert, was zur Hypokaliämie führt. (Dieser Mechanismus wird auch zur Behandlung einer Hyperkaliämie ausgenutzt.)
  • Diarrhö ist oft mit zu nierdigen Kaliumwerten verbunden, da die dabei vermehrt gebildeten intestinalen Sekrete kaliumreich sind. In der Folge nimmt die Kaliumausscheidung über die Nieren ab. Gleichzeitig sinkt wegen des Flüssigkeitsverlust durch den Darm auch der Blutdruck.
  • Die hypokaliämische Hypertonie ist eine Kombination aus hohem Blutdruck und Hypokaliämie. Sie kommt durch Aldosteron oder andere Kortikosteroide zustande und tritt auf
  • Ein sekundärer Hyperaldosteronismus (z. B. bei einer Linksherzinsuffizienz) verursacht einen Kaliumverlust über die Niere und eine Hypokaliämie.
  • Eine übermäßige Reninproduktion kann über einen sekundären Hyperaldosteronismus mit erhöhter Kaliumausscheidung über den Urin zu einer Hypokaliämie führen. Dies ist der Fall bei
    • einer malignen Hypertonie,
    • einer Hypertonie bei Nierenarterienstenose oder
    • einer Einnahme von Kontrazeptiva
  • Lakritz hemmt mit den Inhaltsstoff Glyzyrrhizinsäure die Umwandlung von Kortisol zu Kortison. Kortisol wirkt wie ein Mineralokortikoid und führt zu einer Hypokaliämie. Bei einer Lakritz-induzierten Hypokaliämie ist die Kaliumausscheidung im Urin erhöht.
  • Diuretika können zu einer vermehrten Kaliumausscheidung und damit zu einer Hypokaliämie führen. Durch Diuretika vom Furosemid– oder Thiazid-Typ werden Natriumionen vermehrt zum distalen Tubulus geleitet, der Natrium durch Austausch gegen Kalium rückresorbiert. Dadurch kommt es zu einem erhöhten Kaliumverlust, was eine Hypokaliämie nach sich ziehen kann. Zudem können Diuretika das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) stimulieren, was zu einer Erhöhung der Aldosteron-Aktivität führt, die wiederum die Hypokaliämie verstärkt (s.o.).

Klinische Auswirkungen

Eine Hypokaliämie kann zu folgenden klinischen Symptomen führen:

Auswirkungen auf das EKG

Bei ausgeprägter Hypokaliämie finden sich im EKG ein verlängertes PQ-Intervall, eine ST-Erniedrigung bzw. auch eine T-Negativierung, eine U-Welle (als Zeichen einer verlängerten Repolarisationszeit). T- und U-Welle können verschmelzen und eine verlängerte QT-Zeit vortäuschen.

Therapie

Eine akute und ausgeprägte Hypokaliämie sollte durch Infusionen mit Kalium behandelt werden. Eine milde Hypokaliämie durch Diuretika oder Abführmittel kann in der Regel diätetisch durch Obst und Gemüse ausgeglichen werden; Diuretika sind ggf. zu wechseln. Ansonsten ist die Ursache zu behandeln.


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Verweise

 


Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).