Hepatitis-C-Therapie

Artikel aktualisiert am 8. April 2021

Die Optionen einer Hepatitis-C-Therapie haben sich durch die Einführung von DAA’s („direct acting antivirals“) erheblich verbessert (zur Hepatitis C siehe hier). Ziel ist es bisher gewesen, die Symptome zu lindern, ein Fortschreiten zur Leberzirrhose hin zu verhindern und das Risiko von Leberkrebs (HCC) zu senken. Nun kommt eine Heilung durch Eliminierung der Hepatitis-C-Viren (HCV) als neues und erreichbares Ziel hinzu.


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Therapieindikation

Die Indikation zu einer PEG-Interferon-basierten Therapie einer Hepatitis C wurde bisher wegen der mit ihr verbundenen Nebenwirkungen und der beschränkten Wirksamkeit relativ restriktiv gestellt.

Da nun direkt antiviral aktive Substanzen (DAAs) mit hoher Effektivität und guter Verträglichkeit zur Verfügung stehen, die eine PEG-Interferon-freie Therapie ermöglichen, kann die Indikation zu einer medikamentösen Therapie heute jedoch breit gestellt werden.

Nun gilt praktisch jede HCV-Infektion als Indikation!

Allgemeine Maßnahmen

Es gilt nach wie vor: Alkohol vollständig vermeiden! Alkohol erhöht die Viruslast im Blut und begünstigt die Entwicklung einer Leberzirrhose sowie eines HCC!

Bisherige Standardtherapie

Die bisherige medikamentöse Therapie der Hepatitis C basierte auf PEG-Interferon. PEG-IFN wird zwar sehr viel besser als das zuvor verwendete unpegylierte Interferon vertragen, hat aber immer noch eine hohe Nebenwirkungs- und Abbruchrate. Auch ist der Therapieerfolg – je nach Genotyp – nur mäßig. Therapieregime mit PEG-IFN werden heute durch sehr viel besser verträgliche und wirksame Kombinationen direkt antiviral wirkender Substanzen (DAAs) ergänzt oder abgelöst (s. u.).

→ Zur herkömmlichen PEG-Interferon-basierten Hepatitis-C-Therapie siehe hier.

Studien zur Wirkung neuer DAAs

Die Hepatitis-C-Therapie basiert zunehmend auf „direct acting antivirals“ (DAAs).

→ Zu den einzelnen DAAs siehe hier.

Die Erfolge von Therapieschemata mit den neuen DAAs sind ausgezeichnet, wie folgende Studien zeigen:

  • In der C-WORTHY-Studie, einer multizentrischen, randomisierten und kontrollierten Phase-2-Studie, wurde festgestellt,
    • dass eine einmal tägliche Gabe einer Kombination von Grazoprevir plus Elbasvir mit oder ohne Ribavirin für 12 Wochen bei zuvor unbehandelten HCV-Infizierten und bei HCV- und HIV-Coinfizierten ohne Leberzirrhose zu einer SVR12-Rate von 87-98% (Anteil der Patienten, die eine HCV-RNA von weniger als 25 IU/mL nach einer Behandlung von 12 Wochen) führt. Die Hauptnebenwirkungen betrafen Müdigkeit (23%), Kopfschmerzen (20%), Übelkeit (15%) und Durchfall (10%), (1)The Lancet Volume 385, No. 9973, p1087–1097, 21 March 2015
    • dass eine einmal tägliche Gabe einer Kombination von Grazoprevir plus Elbasvir mit oder ohne Ribavirin für 12 oder 18 Wochen bei zuvor unbehandelten HCV-Infizierten mit Leberzirrhose sowie Nichtresponder bei vorangegangenen Therapien mit PEG-Interferon und Ribavirin ungeachtet einer zusätzlichen Ribaviringabe zu hohen Ansprechraten von über 90% führte. Als Nebenwirkungen wurden in etwas über 10% Kopfschmerzen und Kraftlosigkeit angegeben. (2)Lancet Infect Dis. 2015 Apr;15(4):397-404. DOI: 10.1016/S1473-3099(15)70050-2. Epub 2015 Mar 13. … Continue reading
  • In der SIRIUS-Studie (3)Lancet Infect Dis. 2015 Apr;15(4):397-404 wird festgestellt dass die Kombination Lepidasvir-Sofosbuvir plus Ribavirin für 12 Wochen sowie von Lepidasvie-Sofosbuvir für 24 Wochen bei Nonrespondern auf PEG-Interferon und Proteaseinhibitoren mit HCV-Genotyp 1, mit kompensierter Leberzirrhose zu ähnlich hohen SVR12-Raten von 96-97% führte.
  • Simeprevir (ein Proteaseinhibitor) und Sofosbuvir (ein Polymeraseinhibitor) bewirken eine SVR12 (sustained virologic response: nach 12 Wochen HCV nicht nachweisbar) über 90% bei Patienten mit HCV-Genotyp 1, die zuvor nicht auf eine PEG-Interferon-Therapie nicht ansprachen oder Kontraindikationen (wie eine Leberzirrhose) aufwiesen. Die Wirksamkeit lies mit der Schwere der Leberfibrosierung nach und lag bei den Child-Pugh-Stadien A, B und C bei 87, 77 und 67% (4)Am J Gastroenterol. 2015 Jul 28. doi: 10.1038/ajg.2015.218. In der SONET-Studie (eine real-world-study) lag der Erfolg ähnlich hoch (5) 2016 Dec 26;4(1):ofw258. doi: 10.1093/ofid/ofw258. Auch beim Genotyp 4 wurden mit einer Kombination aus Simeprevir und Sofosbuvir mit SVR12-Raten von 80-90% ähnlich gute Ergebnisse erzielt (6) 2017 Jan 26;12(1):e0170933. doi: 10.1371/journal.pone.0170933.
  • Die Kombination von Ombitasvir und Paritaprevir (zusammen mit Ritonavir) führte bei Hepatitis-C-Patienten mit Genotyp 1b ohne Leberzirrhose, (a) die zuvor nicht behandelt waren, und (b) die auf PEG-Interferon-Regime nicht ansprachen, zu einer SVR12 von (a) 95% und (b) 90%, lag eine Leberzirrhose vor, zu SVR12 von (a) 97.9% and (b) 96.2% . Häufigste Nebenwirkungen waren Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit, Juckreiz und Diarrhö (7)Gastroenterology. 2015 Jul 10. pii: S0016-5085(15)00936-1. doi: 10.1053/j.gastro.2015.07.001.
  • Die Kombination von Ombitasvir und Paritaprevir (zusammen mit Ritonavir) führte bei japanischen Patienten mit HCV-Genotyp 1b oder Genotyp 2, die zuvor bereits eine PEG-Interferon-Behandlung bekommen hatten, zu hohen SVR-Raten bei Typ 1b von 90-100%, bei Typ 2 je nach Paritaprevirdosis (100 oder 150 mg tgl.) von 57.9% und 72.2%. Bei Subtyp 2a war die SVR 90%, bei Subtyp 2b nur 27% (8)Hepatology. 2015 May;61(5):1523-32.
  • Die Kombination von Ombitasvir, Paritaprevir (zusammen mit Ritonavir), Dasabuvir und Ribavirin führte bei Patienten mit Doppelinfektion von Hepatitis C und HIV nach 12 Wochen zu einer SVR12 von 94%. Als Nebenwirkungen wurden Übelkeit, Müdigkeit, Schlaflosigkeit und Kopfschmerzen beschrieben, die als mild eingestuft wurden (9)JAMA. 2015 Mar 24-31;313(12):1223-31..
  • Die Kombination von Sofosbuvir (einem Nucleotidepolymerase-Inhibitor) und Velpatasvir (einem NS5A-Inhibitor) wurde in 3 Studien untersucht. Die Verabreichung dieser Kombination 1x wöchentlich über 12 Wochen führte bei allen HCV-Genotypen zu einer anhaltenden Viruselimination (svr, Viruslast unter der Nachweisgrenze) von annhähern 100%, selbst wenn bereits eine Leberzirrhose vorlag. Der Effekt überstieg, studiert an Genotypen 2 und 3, den der Kombination von Sofosbuvir und Ribavirin, der bei 94% bzw. 80% lag (10)N Engl J Med 2015; 373:2599-2607 (11)N Engl J Med 2015; 373:2608-2617 (12)N Engl J Med 2015; 373:2618-2628. An Nebenwirkungen wurden Müdigkeit (21%), Kopfschmerzen (20%) und Übelkeit (12%) angegeben (13)Ann Intern Med. 2015 Dec 1;163(11):818-26.
  • Ähnliche Kombinationen haben sich ebenfalls bewährt. Paritaprevir/Ritonavir, Ombitasvir und Dasabuvir (PrOD) mit oder ohne Ribavirin waren bei fortgeschrittener Fibrose und kompensierter Zirrhose und Genotyp 1 mit einem SVR12 in 98,8% eerforgreich. (14)Sci Rep. 2019 May 8;9(1):7086. DOI: 10.1038/s41598-019-43554-3. PMID: 31068655; PMCID: PMC6506536.

„Pangenotypische“ DAAD’s (direct-acting antiviral drugs) sollen bei allen Genotypen (1 – 4) eine SVR12 (sustained virological reponse über 12 Wochen) gewährleisten. Folgende Kombinationen werden dazu verwendet: Sofosbuvir-Velpatasvir, Sofosbuvir-Daclatasvir und Glecaprevir-Pibrentasvir. (15)EClinicalMedicine. 2020 Jan 5;18:100237. DOI: 10.1016/j.eclinm.2019.12.007. PMID: 31922124; … Continue reading

Eine HCV-HBV-Koinfektion muss gesondert betrachtet werden, denn Studien besagen, dass eine gleichzeitig bestehende Hepatitis B (HBsAg pos, HBV-DNA pos.) unter einer DAA-Therapie aufflammen kann. Dies wird in etwa 24% bei chronischer Hepatitis B und in 1-4% bei inaktiver (resolved) Hepatitis B beobachtet. Bei einer geplanten DAA-Therapie einer Hepatitis C sollte daher dann, wenn gleichzeitig eine HBV-Koinfektion besteht, eine antivirale Prophylaxe bezüglich einer B-Hepatitis-Reaktivierung ins Auge gefasst werden. (16)The Lancet 19. Jan. 2018; DOI: http://dx.doi.org/10.1016/S2468-1253(18)30002-5

Hepatitis-C-Therapie zur Vorbeugung eines HCC

Wenn virusspezifische Mechanismen an der Entstehung des hepatozellulären Karzinoms (HCC) entscheidend beteiligt sind, wie bisherige Befunde nahe legen (17)Oncogene. 2011 Apr 28;30(17):1969-83, dann ist mit einem erhöhten Tumorrisiko zu rechnen, solange HCV in den Leberzellen vorhanden ist. Bei der hohen Wirksamkeit der Kombinationen neuer DAAs ist damit zu rechnen, dass mit der Senkung der Viruslast unter die Nachweisgrenze bzw. einer Heilung der Hepatitis C auch dass HCC-Risiko erheblich sinkt.

Lebertransplantation

Eine Lebertransplantation (LTX) kommt bei der Hepatitis C in Frage, wenn keine Kontraindikationen vorliegen und folgende Bedingungen vorliegen:

  • Leberzirrhose im Endstadium (Child C): Bei der Auswahl der Transplantationskandidaten hilft der MELD-Score.
  • HCC auf dem Boden einer Zirrhose durch Hepatitis C, sofern es auf die Leber beschränkt ist, sich aber nicht durch ablative Verfahren behandeln lässt: Früher galten die Mailland-Kriterien (18)N Engl J Med. 1996 Mar 14; 334(11):693-9, nach denen ein Herd nicht größer als 5 cm ist oder nicht mehr als 3 Herde vorliegen, die 3 cm nicht überschreiten durften, und keine Metastasierung eingetreten ist. In Japan wurde die Tokyoer 5-5-Regel (nicht mehr als 5 Knoten, nicht größer als 5 cm) angewandt. Patienten, die diese Voraussetzung erfüllten, hatten ein Rezidiv-freies 5-Jahres-Überleben von 94%, diejenigen mit einem größeren Befall dagegen nur von 50%. (19)Dig Dis. 2007;25(4):310-2 Weitere Anpassungen der Kriterien in anderen Zentren führen zu einer leichten Erweiterung der Indikationsstellung, aber keiner weiteren deutlichen Verbesserung der Resultate. Nach LTX muss mit einer Hepatitis-C-Reinfektion gerechnet werden. Mit Hilfe der neuen DAAs (s. u.) lassen sie sich wahrscheinlich gut beherrschen.

Therapie einer HCV-assoziierten schweren hämolytischen Anämie

Die chronische Hepatitis C geht selten mit einer autoimmunen Hämolyse durch Kälteantikörper (Kryoglobuline) einher, die schwer zu behandeln ist. Anti-CD20-Antikörper scheinen eine Therapiemöglichkeit zu eröffnen. (20)Am J Haematol 2004; 75: 243-245 Eine HCV-assoziierten kryoglobulinämischen Glomerulonephritis wird durch eine antivirale Therapie (IFN-alpha, IFN-alpha + Ribavirin) verbessert. (21)Am J Kidney Dis 2004; 43: 617-623

Therapie bei HIV-Koinfektion

Das menschliche Immundefizienzvirus HIV führt zu einer immunologischen Abwehrschwäche, die eine spontane Eliminierung des Hepatitis-C-Virus nach Infektion verhindert. Es kommt daher gehäuft zu einem chronischen Verlauf (siehe hier). Bei einer intensiven antiretroviralen Therapie unter Einsatz unterschiedlicher Kombinationen (combination antiretroviral therapy, cART) von Lopinavir, Ritonavir, Lamivudine, Efavirenz, 3TC, Didanosin, Zidovudine und Tenofovir wurde beobachtet, dass sich das Immunsystem erholen und HCV in einigen Fällen eliminieren kann; dies wurde bei 3 von 509 Patienten verifiziert (22)PLoS One. 2017 May 4;12(5):e0177141. doi: 10.1371/journal.pone.0177141..

Prophylaxe

Eine Impfung gegen HCV steht nicht zur Verfügung steht. Die Vorbeugung konzentriert sich auf Verhaltensmaßregeln und die Schließung der Sicherheitslücke bei Bluttransfusionen.
Dazu siehe hier.


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Verweise

Fachinfos

Patienteninfos

Dosierungen dürfen nicht ungeprüft übernommen werden (siehe auch hier).

 


Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).


 


Literatur

Literatur
1The Lancet Volume 385, No. 9973, p1087–1097, 21 March 2015
2Lancet Infect Dis. 2015 Apr;15(4):397-404. DOI: 10.1016/S1473-3099(15)70050-2. Epub 2015 Mar 13. Erratum in: Lancet Infect Dis. 2015 Jul;15(7):761. PMID: 25773757.
3Lancet Infect Dis. 2015 Apr;15(4):397-404
4Am J Gastroenterol. 2015 Jul 28. doi: 10.1038/ajg.2015.218
5 2016 Dec 26;4(1):ofw258. doi: 10.1093/ofid/ofw258
6 2017 Jan 26;12(1):e0170933. doi: 10.1371/journal.pone.0170933
7Gastroenterology. 2015 Jul 10. pii: S0016-5085(15)00936-1. doi: 10.1053/j.gastro.2015.07.001
8Hepatology. 2015 May;61(5):1523-32
9JAMA. 2015 Mar 24-31;313(12):1223-31.
10N Engl J Med 2015; 373:2599-2607
11N Engl J Med 2015; 373:2608-2617
12N Engl J Med 2015; 373:2618-2628
13Ann Intern Med. 2015 Dec 1;163(11):818-26
14Sci Rep. 2019 May 8;9(1):7086. DOI: 10.1038/s41598-019-43554-3. PMID: 31068655; PMCID: PMC6506536.
15EClinicalMedicine. 2020 Jan 5;18:100237. DOI: 10.1016/j.eclinm.2019.12.007. PMID: 31922124; PMCID: PMC6948236.
16The Lancet 19. Jan. 2018; DOI: http://dx.doi.org/10.1016/S2468-1253(18)30002-5
17Oncogene. 2011 Apr 28;30(17):1969-83
18N Engl J Med. 1996 Mar 14; 334(11):693-9
19Dig Dis. 2007;25(4):310-2
20Am J Haematol 2004; 75: 243-245
21Am J Kidney Dis 2004; 43: 617-623
22PLoS One. 2017 May 4;12(5):e0177141. doi: 10.1371/journal.pone.0177141.