Hämorrhoiden

Artikel aktualisiert am 20. April 2022

Hämorrhoiden sind Erweiterungen des venösen Hämorrhoidalplexus. Dies sind Gefäßpolster im Eingang zum Analkanal, die zum normalen Verschlussmechanismus des Darms gehören. Krankhafte Vergrößerungen der bis hin zum Vortreten durch den Darmausgangskanal (Prolaps) nach außen sind Ursache des Hämorrhoidalleidens.


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Häufigkeit

Daten aus einer großen Datenbank von 1983–1986 zeigten, dass 4,4 % der Bevölkerung eine Diagnose von Hämorrhoiden meldeten. (1)Gastroenterology 1990;98:380–6 Die Prävalenz wurde 2018 für die US-Bevölkerung mit 13% angegeben. Frauen waren  mit 24 % häufiger betroffen als Männer mit 16 %. (2)Clin Gastroenterol Hepatol. 2019 Jan;17(1):8-15. DOI: 10.1016/j.cgh.2018.03.020.

Entstehung

Eine Bindegewebsschwäche wird häufig mit Hämorrhoidalleiden assoziiert. Meist vergrößern sich die Gefäßpolster bei entsprechender (meist familiärer) Veranlagung durch starkes Pressen, wie z. B. beim Stuhlgang oder bei einer Geburt.

Die Entstehung vegrößerter Hämorrhoiden wurde bereits früh mit ballaststoffarmer Ernährung und Verstopfung in Zusammenhang gebracht. Dies wurde damit begründet, dass Verstopfung zu vermehrtem Pressen und damit zu einer Degeneration des Stützgewebes am Darmausgang führt. Aber folgende Studien zeigten, dass vielmehr dünner Stuhl und Durchfallneigung assoziiert sind. Eine weitere Assoziation besteht zu der Toilettenzeit. Eine Studie ergab, dass Menschen mit Hämorrhoidalleiden mehr Zeit beim Stuhlgang und Lesen auf der Toilette verbrachten als eine Kontrollgruppe. (3)The Lancet 1989;333:54–55

Stadien

  • Stadium 1: innere Hämorrhoidalvergrößerungen,
  • Stadium 2: innere Hämorrhoidalvergrößerungen werden beim Pressen nach unten, aber noch nicht nach außen gedrückt, und ziehen sich anschließend wieder zurück,
  • Stadium 3: innere Hämorrhoidalvergrößerungen werden beim Pressen nach außen gedrückt, und ziehen sich anschließend wieder zurück,
  • Stadium 4: Hämorrhoidalvergrößerungen sind ständig außen sichtbar und ziehen sich nicht mehr zurück, dabei besteht oft ein Analprolaps.

Symptomatik

  • Schmerzen (Ursache Hämorrhoidalthrombose bei Stadium 3 und 4). Differentialdiagnosen: Analfissur,
  • analer Juckreiz,
  • Blutung (von Blut am Toilettenpapier bis zu schwallartiger Blutung). Differentialdiagnosen: Analfissur, Polyp im Rektum oder Kolon, Divertikulose, Colitis ulcerosa, Kolonkarzinom,
  • Schleimabgang (selten, bei innerlicher Schleimhautreizung im Hämorrhoidalbereich). Differentialdiagnosen: Entzündungen der Darmschleimhaut unspezifisch oder im Rahmen einer Colitis ulcerosa,
  • Fremdkörpergefühl im Analbereich. Differentialdiagnose: Analkarzinom.

Interessanterweise sind die Beschwerden oft so unspezifisch, dass eine Selbstdiagnose kaum möglich ist. Eine Studie besagt, dass von den 63 %, die glaubten, Hämorrhoiden zu haben, bei der Proktoskopie nur 18 % tatsächlich welche hatten. Ähnlich ließen sich bei 13 % derjenigen, die nicht glaubten, Hämorrhoiden zu haben, solche nachweisen. (4)Dtsch Med Wochenschr. 2004 Sep 17;129(38):1965-9. German. DOI: 10.1055/s-2004-831833

Diagnostik

  • Äußere Inspektion (Äußere Hämorrhoidalpolster? Marisken? Tumor? Papillom? Perianale Entzündung der Haut? Fistelöffnung?)
  • Digitale Austastung (weiche Polster? Schmerzhaftigkeit? Resistenz? Sphinktertonus? Sphinkterverschlussdruck bei willkürlicher Anspannung?)
  • Anoproksoskopie (starrres Sichtgerät: Hämorrhoidalpolster? Analfissur? Tumorverdächtige Struktur im Analkanal oder im Rektum? Rektumschleimhautentzündung?)
  • Koloskopie (dabei immer auch Inspektion des Analkanals): ein peranaler Blutabgang kann von einer höher gelegenen Blutungsquelle stammen. Bei einer Inversion im Rektum können Hämorrhoidalpolster retrograd direkt beurteilt werden.
  • Ggf. anale Endosonographie zur Diagnostik einer eventuellen Thrombose bei assoziierten Schmerzen,
  • ggf. anale Manometrie bei assoziierter Sphincterinsuffizienz mit Inkontinenz oder bei Verdacht auf anale Ursache einer begleitenden Verstopfung.

Therapie

  • Stadium 1: ohne Beschwerden keine Behandlung, bei Beschwerden adstringierende Suppositorien, ggf. mit Kortikoiden, sonst Sklerosierung
  • Stadium 2: Gummibandligatur
  • Stadien 3 und 4: Operation (s. u.)

Operationen

Bei den operativen Behandlungen wird der Sphinkter nicht beeinträchtigt, so dass eine Inkontinenz vermieden werden kann.

  • HAL (Hämorrhoiden-Arterien-Ligatur): Gezielte Umstechung der zuführenden Arterien (gestützt durch Doppler-Untersuchung)
  • Longo-Operation: Mukosektomie mit einem zirkulären durch den analkanal eingeführten Stapler, dabei Raffung der Analschleimhaut und Fixierung der Hämorrhoiden im oberen Analkanal (Mehr zur Operation siehe hier

Verweise



Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).


 

Literatur

Literatur
1Gastroenterology 1990;98:380–6
2Clin Gastroenterol Hepatol. 2019 Jan;17(1):8-15. DOI: 10.1016/j.cgh.2018.03.020.
3The Lancet 1989;333:54–55
4Dtsch Med Wochenschr. 2004 Sep 17;129(38):1965-9. German. DOI: 10.1055/s-2004-831833