Insulinresistenz

Artikel aktualisiert am 11. November 2023


Allgemeines

Als Insulinresistenz wird die herabgesetzte Fähigkeit der Körperzellen bezeichnet, auf Insulin so zu reagieren, dass der Blutzuckerspiegel sinkt. Da Insulin verschiedene Wirkungen entfaltet, die zur Blutzuckersenkung beitragen, wird davon ausgegangen, dass auch verschiedene Mechanismen zu einer Insulinresistenz beitragen. Eine Störung der Glukoseaufnahme aus dem Blut in die Körperzellen, speziell in die Muskelzellen, die zu den Hauptabnehmern des Blutzuckers gehören, ist das Hauptmerkmal. Folge der gestörten Glukoseaufnahme ist eine Erhöhung der Glukose im Blut.


→ Auf facebook informieren wir Sie über Neues und Interessantes.
→ Verwalten Sie Ihre Laborwerte mit der
Labor-App Blutwerte PRO – mit Lexikonfunktion.


Das Wichtigste verständlich

Kurzgefasst
Insulinresistenz bedeutet, dass die Körperzellen nicht mehr ausreichend auf Insulin reagieren können. Sie benötigen immer mehr Insulin, um Zucker, vor allem den Blutzucker, für ihren Stoffwechsel als Energiequelle verwenden zu können. Das Gleichgewicht von Zuckerangebot und Zuckerbedarf (die Glukosehomöostase) ist gestört. Das hat Auswirkungen auf den Fettstoffwechsel.

Erkennbar ist die Insulinresistenz daran, dass ein Zuckertrunk (Blutzuckerbelastungstest) zu deutlich erhöhten Blutzuckerwerten führt. Wenn das der Fall ist, entwickelt sich eine Vorstufe einer Zuckerkrankheit, ein Prädiabetes. Au ihm kann schließlich eine Zuckerkrankheit, ein Diabetes (Zuckerkrankheit des Erwachsenen, Typ-2-Diabetes), entstehen.

Damit trotz einer Insulinresistenz genügend Zucker (Glukose) in die Körperzellen gelangen kann, steigern die Insulin produzierenden ß-Zellen der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) reaktiv ihre Insulinproduktion. So können sie anfangs noch einer Entgleisung des Zuckerhaushalts entgegenwirken. In einem späteren Stadium allerdings erschöpft sich die Bauchspeicheldrüse (Pankreas). Dann bedarf der Körper von außen zugeführtes Insulin bzw. Insulinanaloga; die Zuckerkrankheit wird insulinpflichtig.

Zu den größten Risikofaktoren für eine periphere Insulinresistenz gehören ein erhebliches Übergewicht und das metabolische Syndrom.

Siehe auch unter Insulinresistenz – einfach erklärt.

Auswirkungen

Eine Erhöhung des Blutzuckers (Glukose), wie sie nach Mahlzeiten (postprandial) zustande kommt, führt zu einer reaktiven Insulinausschüttung aus den Inselzellen der Bauchspeicheldrüse ins Blut. Durch Insulin wird die Glukoseaufnahme in die peripheren Körperzellen erhöht und der Blutzuckerspiegel wieder abgesenkt.

Eine Resistenz der peripheren Körperzellen auf Insulin bewirkt, dass die Glukoseaufnahme und damit die Blutzuckerabsenkung nur abgeschwächt abläuft und der Blutzuckerspiegel ansteigt. Je ausgeprägter die periphere Insulinresistenz ist, desto mehr Insulin ist erforderlich, um dennoch den Blutzuckerspiegel in den normalen Bereich zu senken. In dieser Phase ist die Insulinproduktion und gleichzeitig die C-Peptid-Bildung erhöht. Um dies zu objektivieren, wird ein normierter Glukosebelastungstest durchgeführt, der bei Anstieg des Blutzuckers (und auch des C-Pepids) über einen Grenzwert auf einen Zuckertrunk hin die frühe Diagnose einer Insulinresistenz mit gestörter Glukosehomöostase erlaubt. In diesem Stadium kann von einem Prädiabetes gesprochen werden.

Die Insulinresistenz nimmt unbehandelt im Laufe der Monate und Jahre zu und führt schließlich zu einer dauerhaften Zuckererhöhung im Blut auch bei Nüchternheit; der Nüchternblutzucker ist erhöht. Damit hat sich ein manifester Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) entwickelt – mit allen Komplikationsmöglichkeiten und Spätfolgen. Da die Spätfolgen der Zuckerkrankheit bereits im frühen Stadium einer beginnenden Insulinresistenz (mit nur postprandial erhöhten Blutzuckerwerten) beginnen, ist eine Diagnose und auch eine vorsorgliche Therapie bereits im prädiabetischen Stadium unbedingt anzustreben.

Zu den Spätfolgen einer Insulinresistenz siehe hier.

Zum Seitenanfang und Inhaltsverzeichnis 

Entstehung

  • Die Adipositas wird als eine „low grade“ Entzündung des Fettgewebes (speziell des Bauchfetts) mit erhöhter Infiltration mit aktivierten Makrophagen angesehen. Es wird diskutiert, dass diese aktivierten Makrophagen die Differenzierung der Adipozyten (Fettzellen) hemmen und eine Adipozyten-Hypertrophie veranlassen. Dadurch soll es zu einer veränderten Sekretion von Adipokinen (vom Fettgewebe produzierten und ins Blut abgegebenen hormonähnlichen Mediatoren) und zu einer „ektopen“ Speicherung von Fett in anderen Körperregionen, wie in der Leber und der Muskulatur kommen. (1)Curr Pharm Des. 2008;14(12):1225-30 (2)Biomed Pharmacother. 2021 May;137:111315. DOI: 10.1016/j.biopha.2021.111315
  • Luteolin (ein natürlich vorkommendes Flavonoid) hemmt die Aktivierung von Makrophagen, die TNF-alpha-Bildung und insgesamt das NLRP3-Inflammasom. Es führt zu einer Erhöhung von Adiponectin und Leptin. Es erhöht (experimentell) PPAR-gamma. Es reduziert die Insulinresistenz über eine Erhöhung von PPAR-gamma. (3)J Nutr Biochem. 2010 Oct;21(10):941-7. doi: 10.1016/j.jnutbio.2009.07.009 (4)Chem Biol Interact. 2021 Aug 25;345:109573. doi: 10.1016/j.cbi.2021.109573.
  • Eine Aktivierung von „c-Jun NH2-terminal kinase 1 (JNK1)“, einem regulatorischen Protein im Fettgewebe, fördert die Insulinresistenz in der Leber. Fettreiche Kost führt zu solch einer Aktivierung. (5)Science. 2008 Dec 5;322(5907):1539-43
  • Fettreiche Kost führt in der Leber rascher zu einer Fetteinlagerung als in Muskulatur oder Fettgewebe.
  • Knockout-Mäuse, die keine Insulinrezeptoren in der Leber bilden, entwickeln keine Fettleber und eine Hypertriglyceridämie. Das ist auch bei Menschen der Fall, bei denen eine Mutation dieses Rezeptors vorliegt. Dagegen entwickeln sie eine Hyperglykämie und ein erhöhtes Apo-B im Blut, eine vermehrte Cholesterinausscheidung in die Galle und Gallensteine. Damit sind die hepatische Steatose und die Hypertriglyceridämie nicht direkt mit dem metabolischen Syndrom verbunden. (6)Curr Opin Lipidol. 2009 Jun;20(3):206-10
  • Am Insulin-resistenten Muskel wurden verschiedene Veränderungen am Insulin-Signalweg festgestellt; dazu gehören eine Abnahme des durch Insulin stimulierten Insulinrezeptors, der Insulinrezeptor-Substrat-1-Tyrosin-Phosphorylierung und der Aktivierung der Phosphatidylinositol-3-kinase (PI 3-kinase). Eine Erhöhung wird durch Gewichtsabnahme und Thiazolidindione hervorgerufen mit dem Effekt einer Verbesserung der Glukoseutilisation. Körperliches Training und Metformin haben auf diesen Insulin-Signalweg wenig Auswirkung. (7)Endocrine. 2006 Feb;29(1):73-80
  • Wiederholte körperliche Aktivität führt zu einer anhaltenden Abnahme der Insulinresistenz in der Muskulatur. (8)Endocrine. 2006 Feb;29(1):73-80
  • Insulin-resistente entzündliche Makrophagen in den Wänden der Blutgefäße (so auch der Herzkranzgefäße) sind empfindlicher gegenüber Zellstressoren wie oxidiertem LDL und Beladung mit freiem Cholesterin. Sie unterliegen daher einer erhöhten Apoptose (programmiertem Zelltod), wobei die untergegangenen Zellen durch die umgebenden ebenfalls geschädigten Makrophagen schlecht entsorgt werden können; es entsteht der entzündliche arteriosklerotische Plaque. So wird beispielsweise die koronare Herzkrankheit zu einer Manifestation einer Insulinresistenz. (9)Circ Res. 2010 Jan 8;106(1):58-67 (10)Circ Res. 2007 Jun 8;100(11):1546-55
  • Patienten mit Hepatitis C haben gehäuft eine Insulinresistenz (11)Pathophysiology. 2022 Jun 21;29(3):326-332. DOI: 10.3390/pathophysiology29030024 und eine Fettleber, deren Genese je nach Virustyp unterschiedlich ist. Beim Genotyp 1 ist die Steatose (Verfettung) mit dem metabolischen Syndrom korreliert. Beim Genotyp 3 ist die Steatose vom Virusload abhängig. Chronisch entzündliche Prozesse in der Leber können über aktivierte Makrophagen und ihre Mediatoren (wie TNF-alpha und Cytokine suppressor, SOCS-3) zu einer hepatischen Insulinresistenz führen. Das HCV-Core-Protein kann den Insulin-Signalweg hemmen. (12)Liver Int. 2009 Mar;29 Suppl 2:13-25 (13)World J Gastroenterol. 2009 Oct 28;15(40):5014-9

Zum Seitenanfang und Inhaltsverzeichnis 

Verweise

Patienteninfos

 

Literatur

Literatur
1Curr Pharm Des. 2008;14(12):1225-30
2Biomed Pharmacother. 2021 May;137:111315. DOI: 10.1016/j.biopha.2021.111315
3J Nutr Biochem. 2010 Oct;21(10):941-7. doi: 10.1016/j.jnutbio.2009.07.009
4Chem Biol Interact. 2021 Aug 25;345:109573. doi: 10.1016/j.cbi.2021.109573.
5Science. 2008 Dec 5;322(5907):1539-43
6Curr Opin Lipidol. 2009 Jun;20(3):206-10
7Endocrine. 2006 Feb;29(1):73-80
8Endocrine. 2006 Feb;29(1):73-80
9Circ Res. 2010 Jan 8;106(1):58-67
10Circ Res. 2007 Jun 8;100(11):1546-55
11Pathophysiology. 2022 Jun 21;29(3):326-332. DOI: 10.3390/pathophysiology29030024
12Liver Int. 2009 Mar;29 Suppl 2:13-25
13World J Gastroenterol. 2009 Oct 28;15(40):5014-9