Diabetische Ketoazidose

Artikel aktualisiert am 11. Juli 2022

Die diabetische Ketoazidose ist eine lebensbedrohliche Komplikation des Diabetes mellitus. Bei ihr kommt es zu einer Übersäurerung des Körpers durch Stoffwechselprodukte, deren vollständiger Abbau durch Insulinmangel gehemmt ist. Es handelt sich um die sauren Ketonkörper Acetessigsäure und ß-Hydroxybuttersäure. Am häufigsten tritt die diabetische Ketoazidose beim Typ-1-Diabetes auf.


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Entstehung

Die diabetische Ketoazidose entsteht bei Diabetes-Kranken durch Insulinmangel.

Häufig tritt die Ketoazidose auf

  • als Erstmanifestation eines Typ-1-Diabetes oder
  • bei einem erhöhten Insulinbedarf im Rahmen eines akuten Infekts oder einer besonderen körperlichen Belastung,
  • durch unzureichende Insulinsubstitution eines insulinpflichtigen Diabetes.

Die Entstehung der Azidose beim Diabetes lässt sich durch einen Insulinmangel erklären. Fehlt Insulin, können die Körperzellen den Blutzucker (Glukose) nicht als Energiequelle nutzen. Da sie „hungern“, nutzen sie statt dessen vermehrt Fett, das daher vermehrt abgebaut (Lipolyse) wird. Durch die Lipolyse der peripheren Körperzellen steigt der Spiegel freier Fettsäuren im Blut an. In der Leber werden sie aufgenommen und mitochondrial zu Acetessigsäure und ß-Hydroxybuttersäure abgebaut. Beide sind organische Säuren, die den pH-Wert senken. Aus Acetessigsäure entsteht langsam Aceton, das abgeatmet wird und für den fruchtigen Geruch bei der Ketoacidose von Diabetikern verantwortlich ist. Ein weiterer Abbau ist behindert, da das dafür notwendige NAD (Nikotinamiddinukleotid, ein Koenzym, welches den frei werdenden Wasserstoff abnehmen muss) wegen des intrazellulären Glukosemangels ebenfalls mangelt. (Denn der Glukoseabbau würde den NAD-Spiegel wieder anheben können.)

Gleichzeitig führen der Insulinmangel, der Glykogenabbau und die Glukoneogenese (die den Glukosemangel ausgleichen sollen) zu einer Erhöhung des Blutzuckers (Hyperglykämie) und einer vermehrten Zuckerausscheidung mit dem Urin (Glukosurie) mit osmotischer Diurese und damit, wenn nicht genügend getrunken wird (ohne entsprechenden Flüssigkeitsausgleich), rasch zur Austrocknung (Exsikkose) mit Elektrolytverlust.

Der Elektrolytverlust manifestiert sich sofort durch eine Hyponatriämie. Der Kaliumwert im Blut dagegen kann anfangs normal oder sogar gering erhöht sein, da Kalium bei der Azidose aus den Zellen in den Extrazellularraum strömt; wegen des Kaliumverlusts über die Nieren liegt dennoch ein Kaliummangel des Körpers vor. Dies ist bei Beginn einer Insulin-Therapie zu berücksichtigen. Denn Insulin verschiebt über den in Gang gebrachten Glukosetransport auch das extrazelluläre Kalium rasch nach intrazellulär. In der Anfangsphase der Therapie kann dadurch eine bedrohliche Hypokaliämie zustande kommen.

Symptome

Durch zellulären Glukosemangel, Übersäuerung des Körpers, sowie durch die eintretende Exsikkose und Elektrolytverlust kommt es zu einer Reihe von Symptomen in unterschiedlicher Ausprägung.

  • Zu ihnen gehören abdominelle Symptome wie
    • Übelkeit, Brechreiz und
    • Bauchschmerzen, gelegentlich wie beim akuten Abdomen.
  • Durch zunehmendes Hirnödem kommt es zu
    • Kopfschmerzen,
    • zunehmende Apathie, Somnolenz,
    • Atemstörungen (bei Kindern bis Atemstillstand) und schließlich
    • Koma.
  • Durch den Volumenmangel (Hypovolämie) kommt es zu einer
  • Die Atemluft riecht wegen der Ketonkörper fruchtig.

Diagnostik

Wenn ein Diabeteskranker schläfrig (Somnolent) wirkt oder bewusstlos ist, muss an eine Stoffwechselstörung im Zuckerhaushalt gedacht werden. Schneller Puls, weiche Augenbulbi und ein fruchtiger Geruch sowie eher niedriger Blutdruck (Hypotonie) sprechen für eine diabetische Ketoazidose. Folgende Laboruntersuchungen sind erforderlich:

  • Beweisend sind erhöhte Blutzuckerwerte (Hyperglykämie) plus eine Azidose mit einem Blut-pH von 7.3 oder darunter.
  • Die Ketonkörper im Urin sind stark positiv (siehe auch unter Urinbefund).
  • Die Elektrolyte sind pathologisch verändert; es liegt meist eine ausgeprägte Hyponatriämie vor, während der Kaliumspiegel normal oder leicht erhöht ist.
  • Die Serumosmolalität ist stark erhöht.
  • Es besteht eine Anionenlücke.

Differenzialdiagnostisch muss immer auch an andere Ursachen eines Komas gedacht werden (siehe hier).

Die Diagnostik richtet sich nicht nur auf die Diagnosestellung, sondern ebenso auf die auslösende Ursache, wobei eine akute Infektion (z. B. Gastroenteritis, Harnwegsinfektion, Pneumonie) oder ein Alkoholabusus häufige Auslöser sind.

Therapie

Die Behandlung sollte unter Bedingungen einer kontinuierlichen Kreislauf- und Stoffwechselkontrolle auf einer Intensivstation erfolgen. Zentral sind

  • die Zufuhr von Insulin per kontinuierlicher Infusion (Perfusor, beginnend mit anfänglichem Bolus) plus
  • ausreichend Flüssigkeit mit viel „freiem“ Wasser und Elektrolytausgleich. Dabei muss insbesondere auf die Vermeidung einer bedrohlichen Hypokaliämie mit Herzrhythmusstörungen geachtet werden, die bei unzureichender Substitution durch den Insulin-bedingten Kaliumeinstrom in die Körperzellen drohen,
  • ein Azidose-Ausgleich durch Bikarbonat ist bei nur leicht bis mäßig erniedrigtem Blut-pH nicht erforderlich, kann aber bei stark erniedrigten pH-Werten (z. B. unter 7) notwendig werden.
  • Antibiotika: Im Falle einer auslösenden Infektion (z. B. akute Harnwegsinfektion oder Pneumonie) sollten nach Abnahme von Proben für eine Blutkultur sofort Antibiotika verabreicht werden.

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→ Zum diabetischen Koma siehe hier.

Verweise