Ursodesoxycholsäure

Artikel aktualisiert am 12. November 2023

Ursodesoxycholsäure (UDCA, Urso) ist eine natürliche Gallensäure, die als Medikament bei chronischen Leberkrankheiten und rheumatischen Erkrankungen eingesetzt wird.


Allgemeines

Ursodesoxycholsäure wird in Eisbären (ursus = lat. der Bär) gebildet, ist gut wasserlöslich und nicht toxisch. Sie unterliegt einem enterohepatischen Kreislauf, wird also durch die Leber in die Galle ausgeschieden und durch den Dünndarm wieder resorbiert. Sie übt bei vielen chronischen und autoimmunen Leberkrankheiten einen günstigen Einfluss aus, senkt die Leberwerte und bessert die Prognose. Bei therapeutischer Applikation verdrängt sie toxische Gallensäuren, die, wie insbesondere die Lithocholsäure und ihre Derivate, zellschädigend und krebsfördernd wirken können. Die Wirkung von Urso beruht zu einem großen Teil auf seinem Einfluss auf das Immunsystem. (1)Gastroenterology 2003; 124: 1139-1140 (2)Hepatology. 1992;16:358–364 (3)Semin Immunopathol. 2022 Jul;44(4):547-564. DOI: 10.1007/s00281-022-00935-7

Gallensäuren als Hormone und Mediatorstoffe


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Wirkungen

Ursodesoxycholsäure wirkt vielfältig:

  • sekretagog (steigert den Gallefluss),
  • zytoprotektiv (UDCA schützt die Leberzellen vor dem Einfluss von Giftstoffen und reduzieren das Krebsrisiko beim Barrett-Ösophagus (4) 2014 Jul 15;307(2):G129-39. doi: 10.1152/ajpgi.00085.2014. ),
  • immunmodulatorisch (verändert die Immunantwort des Körpers bei einigen Autoimmunkrankheiten günstig), (5)Semin Immunopathol. 2022 Jul;44(4):547-564. DOI: 10.1007/s00281-022-00935-7
  • antiapoptotisch (wirkt gegen den programmierten Zelltod (6)Expert Opin Investig Drugs. 2001 Jul;10(7):1243-53 ),
  • als Antioxidans (schützt die Leberzellen gegen den toxischen Angriff von oxidativem Stress (7)Adv Med Sci. 2006;51:54-9 ).
  • Reduktion des Darmkrebsrisikos bei Patienten mit Colitis ulcerosa und PSC. (8)Gastroenterology 2003; 124: 889-893 Dies wurde in einer anderen Untersuchung nicht bestätigt. (9)Aliment Pharmacol Ther. 2012 Feb;35(4):451-7. doi: 10.1111/j.1365-2036.2011.04966.x

Ursodesoxycholsäure unterdrückt laut einer Untersuchung (10)Hepatology. 1992 Aug;16(2):358-64. doi: 10.1002/hep.1840160213

  • die durch Bakterien ausgelöste Produktion von IgM, IgG und IgA in Immunzellen des Bluts von gesunden Probanden und Patienten mit primär biliärer Zirrhose.
  • die Bildung einiger Entzündungsmediatoren, wie Interleukin-2- und Interleukin-4 und die Interferon-Gamma-Produktion, nicht jedoch die Interleukin-1- und Interleukin-6-Produktion in Entzündungszellen des Bluts.

→ Zu Wirkungen von UDCA siehe auch unter PBC-Therapie und PBC-Prognose.

Immunmodulation

Die immunmodulatorische Wirkung von UDCA beruht auf verschiedenen Effekten:

  • Suppression von Interleukinen (IL2, IL4, TNF-alpha, TGF-beta) und Interferon-gamma bzw. ihrer Wirkungen (11)Hepatogastroenterology. 2005; 52: 596-602, was bei cholestatischen Erkrankungen (wie bei der PBC) zu einer günstigen Wirkung führen kann;
  • Reduktion des bei PBC erhöhten Endothelin-2-Spiegels; (12)Aliment Pharmacol Ther. 2005; 21: 227-34
  • Unterdrückung der Expression von Histokompatibilitätskomplexen auf Hepatozyten (Leberzellen) und Cholangiozyten (Gallengangsepithelien);
  • Erhöhung der natürlichen Killerzell-Aktivität;
  • Hemmung der Mastzellgegranulation;
  • Erniedrigung der Eosinophilenzahl im Blut bei der PBC;
    • Hemmung der Degranulation der eosinophilen Granulozyten bei der PBC (13)Hepatology 1999; 30: 71-78 (Aktivierte eosinophile Leukozyten entlassen basische Granulaproteine. Zu ihnen gehören das major basic protein (MBP), das eosinophil-derives neurotoxin (EDN), das eosinophilcationic protein (ECP) und eine eosinophile Peroxidase. Diese Proteine entfalten eine zytotoxische Wirkung auf Epithelzellen, so auch auf die Gallengangsepithelzellen.)

Antiapoptotische Wirkung

UDCA wirkt gegen den programmierten Zelltod (Apoptose) und apoptotisch ausgelöste Zelluntergänge. Damit kommt es als mögliches Therapeutikum bei Krankheiten infrage, bei denen diese Vorgänge die entscheidende Rolle spielen (inklusive neurologischer Erkrankungen wie Alzheimer-Demenz oder Morbus Parkinson). (14)J Lipid Res. 2009 Sep;50(9):1721-34. doi: 10.1194/jlr.R900011-JLR200

Indikationen

UDCA kann bei folgenden Erkrankungen zur Besserung beitragen:

  • Nicht-obstruktiv cholestatische Erkrankungen, speziell der PBC und PSC
  • Medikamentenschäden der Leber
  • Leberentzündungen (Hepatitiden)
    • Autoimmunhepatitis in Sonderfällen (15)J Gastroenterol Hepatol. 1998 May;13(5):490-5. doi: 10.1111/j.1440-1746.1998.tb00674.x. (16)World J Hepatol. 2017 Jan 8;9(1):57-63. doi: 10.4254/wjh.v9.i1.57
  • Müdigkeit und Abgeschlagenheit bei chronischen Leberkrankheiten (17)Int J Clin Pract. 2016 Apr;70(4):302-11. doi: 10.1111/ijcp.12790.
  • Barrett-Ösophagus (18)Am J Physiol Gastrointest Liver Physiol. 2014 Jul 15;307(2):G129-39. doi: 10.1152/ajpgi.00085.2014.
  • Gallensteine (zusammen mit Chenodesoxycholsäure)
  • Gastritis
  • Refluxösophagitis bei gleichzeitig galligem Reflux in den Magen

Verweise

 

Literatur

Literatur
1Gastroenterology 2003; 124: 1139-1140
2Hepatology. 1992;16:358–364
3Semin Immunopathol. 2022 Jul;44(4):547-564. DOI: 10.1007/s00281-022-00935-7
4 2014 Jul 15;307(2):G129-39. doi: 10.1152/ajpgi.00085.2014.
5Semin Immunopathol. 2022 Jul;44(4):547-564. DOI: 10.1007/s00281-022-00935-7
6Expert Opin Investig Drugs. 2001 Jul;10(7):1243-53
7Adv Med Sci. 2006;51:54-9
8Gastroenterology 2003; 124: 889-893
9Aliment Pharmacol Ther. 2012 Feb;35(4):451-7. doi: 10.1111/j.1365-2036.2011.04966.x
10Hepatology. 1992 Aug;16(2):358-64. doi: 10.1002/hep.1840160213
11Hepatogastroenterology. 2005; 52: 596-602
12Aliment Pharmacol Ther. 2005; 21: 227-34
13Hepatology 1999; 30: 71-78
14J Lipid Res. 2009 Sep;50(9):1721-34. doi: 10.1194/jlr.R900011-JLR200
15J Gastroenterol Hepatol. 1998 May;13(5):490-5. doi: 10.1111/j.1440-1746.1998.tb00674.x.
16World J Hepatol. 2017 Jan 8;9(1):57-63. doi: 10.4254/wjh.v9.i1.57
17Int J Clin Pract. 2016 Apr;70(4):302-11. doi: 10.1111/ijcp.12790.
18Am J Physiol Gastrointest Liver Physiol. 2014 Jul 15;307(2):G129-39. doi: 10.1152/ajpgi.00085.2014.