Kenia Baraka Zeller Einsatz 2011 01-02

Artikel aktualisiert am 30. November 2022

Dr. Nicole Zeller berichtet von ihrem Aufenthalt als Ärztin in der Baraka, einer medizinischen Versorgungseinrichtung in den Slums von Nairobi (Kenia):

Meine Unterkunft und die Angestellten im Haus

Sehr schöne und sichere Unterkunft, Einzelzimmer, zwei Badezimmer. Ein Zimmer hat kein Fenster nach außen, sondern nur in das nächste Zimmer. Imprägnierte Moskitonetze sind vorhanden. Es gibt eine große Küche, Ess- und Wohnzimmer. Wunderschöne Terrasse und Garten. Im Office gibt’s einen Computer, über den man über die allgemeine germandocs-email-Adresse mailen oder direkt ins Internet gehen kann. Jeder Arzt zahlt momentan 1000 KsH für die 6 Wochen Internet- und PC-Nutzung. Im ca. 3 min. entfernten Utali-Hotel kann das Schwimmbad gegen eine Gebühr von 5 Euro genutzt werden, was nach einem Arbeitstag sehr entspannend ist. Alternativ kann man auch eine Dauerkarte (25 Euro für 4 Wochen) erwerben. Stella kocht sehr gutes Essen für uns, und Grace wäscht jeden Tag die Wäsche und ist für die Sauberkeit im Haus verantwortlich. Der Weg zur Baraka kann in ca. 15 Minuten zu Fuß zurückgelegt werden.

Medizinische Ausstattung und Einsatzorte bzw. –umstände

In Baraka arbeiten 6 Ärzte und ein Clinical officer. Die Untersuchungsräume sind groß und hell und mit Liegen, Schreibtisch und Stühlen ausgestattet. Auf dem Schreibtisch finden sich Listen der Medikamente sowie ihre Dosierungen. Handschuhe sind in ausreichender Menge vorhanden. Eine kleine mitgebrachte Steriliumflasche hat mir gute Dienste geleistet. Was ebenfalls gut ankommt, sind z.B. Ballons oder Bananen für die Kinder.

Verbandsraum

Es gibt einen Verbandsraum, in dem Winny arbeitet, der auch für kleinere Eingriffe wie Nähen, Abszessspaltung, Behandlung von Verbrennungen geeignet ist. Weitere Räume stehen für Patienten zur Verfügung, die z.B. eine Infusion benötigen.

Das Labor

Das Labor bietet folgende Bestimmungen an: Malariatest (MPS), VDRL, Stuhltest, Urintest, pregnancy-test, Hb, Blutsenkung (ESR) und Sputumtest (AFB) sind möglich. Durch das HIV-Programm können noch viel mehr Parameter (FBC, GOT, GPT, Krea, Hst, …) bestimmt werden, allerdings sollten wir damit doch aus Kostengründen sehr zurückhaltend sein. Weitere Untersuchungen sind bei Global möglich. Eine Liste über mögliche Untersuchungen und deren Preise ist in Baraka.

Bildgebende Verfahren

Röntgen-Untersuchungen können angefordert werden, die Bilder mit Ergebnis gibt’s dann am nächsten Tag (oder bei dringenden Fragestellungen auch ohne schriftlichen Befund am selben Tag).

Es gibt ein gutes Ultraschall-Gerät in der Baraka, was oft sehr hilfreich ist. Der Drucker des Ultraschallgerätes funktioniert momentan nicht, ebenso haben wir es nicht geschafft, den Linearschallkopf in Betrieb zu nehmen.

HIV-Beratung

VCT (Voluntary Counseling and Testing for HIV, freiwillige Beratung und HIV-Testung): Der HIV-Test wird von den Counsellors durchgeführt. Dort findet auch ein Aufklärungsgespräch statt. HIV-positive oder TB-positive Patienten werden direkt zum Clinical officer in die Baraka gebracht und von ihm weiterbetreut.

Apotheke

Apotheke. Die Ausgabe der Medikamente erfolgt durch 3 Mitarbeiter, die auch die richtige Benutzung z.B. der Inhaler usw. erklären.

Hausbesuche

Einmal pro Woche (mittwochs) werden Hausbesuche von einem Arzt durchgeführt. Dabei legt man oft lange Wege zurück. Gute Schuhe und Sonnenschutz sind unerlässlich. Eine Stirnlampe für die dunklen Hütten ist sehr sinnvoll.

Fixe Termine

Mittwoch vormittags ist nun auch ein Zahnarzt in der Baraka.
Am Dienstag und Donnerstag fährt ein Arzt mit einem großen Team nach Athi-River. In unserer Außenstelle werden ca. 60 – 90 Patienten/Tag gesehen, es ist sehr gut organisiert, Labor, VCT, Medikamente sind vorhanden, Überweisungen in andere Krankenhäuser ebenfalls möglich. Die Fahrt dorthin kann aufgrund des Verkehrschaos in Nairobi manchmal recht lange sein, aber der Einsatz lohnt sich.

Programme

Das HIV-Programm ist momentan auf dem Bethany-Gelände, läuft sehr gut und ist einen Besuch wert.

Ins Feeding-Programm können wir die unterernährten Kinder schicken und sie werden dort hervorragend von einer Kinderkrankenschwester betreut. Ca. einmal pro Woche kommt ein Kinderarzt aus der Baraka vorbei, um die unklaren Fälle zu besprechen.

Mitarbeiter

Vincent, der Projektdirektor, ist ein Goldstück und kümmert sich um alles. Er wird unterstützt von Joseph, dem accountant. Sr. Lilian ist die headnurse und hat die Fäden in der Baraka in der Hand. Zu ihr kann man Patienten schicken, die finanzielle Unterstützung benötigen.
Es gibt sehr gute Übersetzer (Translater), ohne die man völlig aufgeschmissen wäre, die sehr gut englisch sprechen und die man auch vieles fragen kann.

Die Krankenschwestern im dressing room sind sehr fit, was Abszesse spalten, Gips anlegen und Verbände angeht. Aber auch Infusionen haben sie im Nu gelegt, selbst bei extrem dehydrierten Kindern, bei denen ich das nicht mehr geschafft habe. Also: Ruhig die Hilfe annehmen!

Es ist total schön, dass wir mit mehreren Kollegen zusammenarbeiten, so dass es auch immer möglich ist, um Rat zu fragen, oder einen Patienten einem anderen Arzt vorzustellen.

Direkter medizinischer Einsatz

An Krankheitsbilder gibt’s vor allem: Luftwegsinfekte, Malaria, Dehydratation, HIV, Hauterkrankungen (Pilzinfektionen, Scabies, Impetigo, Abszesse, Neurodermitis), Unterernährung, Würmer, sexuell übertragene Krankheiten aber auch viele mit hohem Blutdruck, Diabetes, Gastritis, Lumbago. Es ist besonders wichtig, sich vor dem Einsatz etwas mit HIV zu beschäftigen, das bedeutet vor allem mit den Symptomen, damit wir erkennen, wem wir den Test empfehlen sollten. Der Kontakt zu den Patienten gelingt leichter, wenn man ein paar wenige Brocken Swahili einstreuen kann, was immer wieder zu einem Lächeln führt.

Zusammenarbeit mit Krankenhäusern

Das Krankenhaus, in das wir einweisen, ist das KNH. Für eine Einweisung muss ein Brief (mit Durchschlag) geschrieben werden. Die Aufnahme dort kostet 200 Ksh. Es empfiehlt sich, so wenig Patienten wie möglich dorthin zu schicken, da das Krankenhaus völlig überfüllt ist und die Patienten Stunden bis Tage auf eine Therapie warten müssen. Das bedeutet auch, dass akut Kranke besser zuerst noch von uns versorgt werden sollten und dann erst losgeschickt werden. Die sehr kranken Patienten oder Patienten mit einer Infusion werden von einer Krankenschwester aus dem Projekt begleitet und dann direkt im KNH übergeben. Da es mit der Pädiatrie-Abteilung einige Differenzen gegeben hat, sollten bitte die WHO-Standards zur Rehydratation eingehalten werden. Unterernährte Kinder können ins Mbagathi-Hospital geschickt werden. Zu Dr. Morino kann man auch Kinder/Patienten mit speziellen orthopädischen oder chirurgischen Fragestellungen schicken. Entlassbriefe aus den Krankenhäusern gibt es meistens nicht (da die Patienten kein Geld dafür haben), so dass man sich immer zusammenreimen muss, was im Krankenhaus gemacht wurde.

Mein Gesamteindruck

Es ist ein wunderschönes Projekt und macht wirklich großen Spaß dort zu arbeiten. Der Austausch mit den Kollegen und Mitarbeitern ist schön und wertvoll. An den Wochenenden sind tolle Ausflüge in dieses wunderschöne Land möglich, was für jeden etwas zu bieten hat. Vielen Dank an das Komitee, die diese Arbeit ermöglichen!!! Ich freue mich schon auf den nächsten Einsatz!

Siehe auch:


Über Baraka | Baraka Projekte (englisch) | Rundbriefe aus Baraka Teil 1 | Teil 2 | Teil 3 | Über die Autorin


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