IgG4-assoziierte Cholangitis

Artikel aktualisiert am 26. Januar 2024

Die IgG4-assoziierte Cholangitis ist ein besonderer Typ einer Gallenwegsentzündung, der durch einen chronisch vernarbenden Prozess gekennzeichnet ist. Sie wird daher auch als IgG4-sklerosierende Cholangitis (IgG4-related sclerosing cholangitis, IgG4-SC) bezeichnet und gehört zu der Gruppe der IgG4-assoziierten Erkrankungen. Betroffen sind vor allem Männer im mittleren bis höheren Alter. (1)Gut Liver. 2022 Jan 15;16(1):28-36. DOI: 10.5009/gnl210116

Primär biliäre Cholangitis
IgG4-Krankheiten


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Das Wichtigste verständlich

Kurzgefasst
Die IgG4-assoziierte Cholangitis ist eine vernarbende Entzündung der Gallenwege, die im Gegensatz zu anderen Gallenwegsentzündungen gut auf Kortisonpräparate (Glukokortikoide) anspricht.

Sie ist häufig mit anderen IgG4-assoziierten Krankheiten assoziiert, so mit einer autoimmunen IgG4-assoziierten Pankreatitis. Dies kann als ein diagnostisches Kriterium verwendet werden. (2)J Gastroenterol. 2012 Jan;47(1):79-87

Ein erhöhter IgG4-Spiegel im Blut ist diagnostisch hilfreich. In den meisten Fällen bringt eine Histologie die Klärung.

Die Behandlung erfolgt mit Kortisonpräparaten. Bei Therapieversagen oder Kortisonunverträglichkeit kommt Rituximab infrage.

Assoziationen mit anderen Krankheiten

Oft erscheint die IgG4-assoziierte Cholangitis gemeinsam mit anderen IgG4-assoziierten Krankheiten, so der IgG4-assoziierten Pankreatitis und dem Mikulicz-Syndrom (IgG4-assoziierte Dacryosialoadenitis, siehe hier).

Symptomatik

Die Hauptsymptome betreffen einen Gallestau mit Gelbsucht (obstruktive Cholestase mit Ikterus). Sie ähneln damit denen einer primär sklerosierenden Cholangitis.

Diagnostik

Die Diagnostik stützt sich auf Laborwerte, bildgebende Untersuchungen und die mikroskopische Untersuchung einer repräsentativen Gewebeprobe (Histologie). (3)World J Gastroenterol. 2013 Nov 21;19(43):7661-70

Typisch für eine IgG4-assoziierte Cholangitis sind folgende Befunde:

  • Laborwerte: eine Erhöhung der Cholestaseparameter und ein erhöhter Serumspiegel an Immunglobulin G4 (IgG4),
  • Sonographie und CT der Leber: Es finden sich Zeichen einer vermehrten Vernarbung (Fibrosierung). Sie kann lokal tumorartig erscheinen und einem Cholangiokarzinom, bei tiefer Lokalisation auch einem Pankreaskarzinom ähneln.
  • ERCP und MRCP: Es finden sich multiple Verengungen im Bereich der Gallenwege, die auf narbige Strikturen schließen lassen und denen einer PSC ähneln. Je nach Lokalisation der Hauptbefunde werden 4 Typen differenziert (s. u.).
  • Histologie:
    • IgG4-exprimierende lymphoplasmazelluläre Infiltrationen im Gewebe und
    • zirkulär die Gallengänge ummauernde exzessive Fibrosierung, die zu Verengungen und Galleabflussstörungen mit Erweiterungen der kleinen Gallenwege führen.

Cholangiographische Typen

Die cholangiographische Klassifikation beruht auf unterschiedlicher Lokalisation der Verengungen (Strikturen) der Gallenwege. Je nach Lokalisation sind unterschiedliche Differenzialdiagnosen zu berücksichtigen. Zu ihnen gehören das Gallengangskarzinom (Cholangiokarzinom), die primär sklerosierende Cholangitis (PSC) und der Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom). (4)Gut Liver. 2022 Jan 15;16(1):28-36. DOI: 10.5009/gnl210116

  • Typ 1 IgG4-SC zeigt eine Gallenstriktur nur im intrapankreatischen Gallengang,
  • Typ 2 IgG4-SC zeigt Gallenstrikturen diffus über die intra- und extrahepatischen Gallengänge verteilt,
  • Typ 3 IgG4-SC zeigt Gallenstrikturen in den hilären hepatischen und intrapankreatischen Gallengängen,
  • Typ 4 IgG4-SC betrifft Gallengangsstenosen nur im Leberhilus.

Differenzialdiagnosen

Differenzialdiagnosen kommen vor allem andere Formen einer sklerosierenden Cholangitis (SC) und ein Tumor in Betracht: (5)World J Gastroenterol. 2013 Nov 21;19(43):7661-70

  • Primär sklerosierende Cholangitis (PSC): Sie ist häufig mit der Colitis ulcerosa assoziiert. Ihre Symptome bessern sich durch Urso, allerdings lässt sich der Verlauf in Richtung Leberzirrhose weder durch Urso noch durch Kortikosteroide aufhalten.
  • Sekundäre sklerosierende Cholangitis (SSC): Sie ist bedingt durch eine identifizierbare Ursache, am häufigsten durch andauernde obstruktive Cholestase mit Verschlussikterus, chirurgische Verletzung, intraarterielle Chemotherapie und Ischämie nach Lebertransplantation. (6)Nat Rev Gastroenterol Hepatol. 2009 May;6(5):287-95 Auch bei kritisch Kranken mit Kreislaufschock kann sich eine SSC entwickeln, wobei eine extreme Hypotension und SIRS wahrscheinliche Auslöser darstellen. (7)Crit Care. 2015 Mar 31;19:131. doi: 10.1186/s13054-015-0861-5
  • Tumor: Auszuschließen sind je nach Lokalisation beispielsweise ein Cholangiokarzinom und ein Pankreaskarzinom. Eine Raumforderung ist gelegentlich durch eine krankheitsbedingte, rein entzündliche lokale Gewebsverdickung bedingt.

Therapie

Im Gegensatz zu anderen Formen einer sklerosierenden Cholangitis (SSC und PSC) bessern sich die klinischen und radiologischen Symptome auf Glukokortikoide deutlich. In einer Studie an 19 Patienten besserten sich die Laborwerte für Bilirubin, ALAT und alkalische Phosphatase nach 10 Tagen auf 17 %, 38 % und 44 %. (8)Adv Med Sci. 2015 Mar 7;60(2):211-215

Bei nicht ausreichendem Ansprechen oder Kontraindikationen einer Behandlung mit Kortisonpräparaten und anderer immunmodulatorischen Medikamente können Rituximab und Tacrolimus als Alternativen infrage kommen. (9)Z Gastroenterol. 2015 Jan;53(1):40-2. doi: 10.1055/s-0034-1385717 (10)Z Gastroenterol. 2014 Jun;52(6):564-8 Speziell Rituximab führt zu einer hohen Remissionsrate. Allerdings ist die Relapsrate mit 21 – 36% (je nach Schweregrad) nicht gering. (11)Pancreatology. 2021 Oct;21(7):1395-1401. DOI: 10.1016/j.pan.2021.06.009

Verweise

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Literatur

Literatur
1Gut Liver. 2022 Jan 15;16(1):28-36. DOI: 10.5009/gnl210116
2J Gastroenterol. 2012 Jan;47(1):79-87
3World J Gastroenterol. 2013 Nov 21;19(43):7661-70
4Gut Liver. 2022 Jan 15;16(1):28-36. DOI: 10.5009/gnl210116
5World J Gastroenterol. 2013 Nov 21;19(43):7661-70
6Nat Rev Gastroenterol Hepatol. 2009 May;6(5):287-95
7Crit Care. 2015 Mar 31;19:131. doi: 10.1186/s13054-015-0861-5
8Adv Med Sci. 2015 Mar 7;60(2):211-215
9Z Gastroenterol. 2015 Jan;53(1):40-2. doi: 10.1055/s-0034-1385717
10Z Gastroenterol. 2014 Jun;52(6):564-8
11Pancreatology. 2021 Oct;21(7):1395-1401. DOI: 10.1016/j.pan.2021.06.009