Hühnereier in der Ernährung

Artikel aktualisiert am 8. August 2022

Hühnereier in der Ernährung sind umstritten. Einerseits sind sie eine reichhaltige Quelle wichtiger Nährstoffe. Andererseits soll ihr hoher Cholesteringehalt bezüglich Arteriosklerose problematisch sein. Auch werden die Bedingungen der Hühnerhaltung sowie generelle ethische Aspekte der Verwertung von Tieren zur Ernährung des Menschen (siehe hier) in die Kritik einbezogen. Zentrum dieses Artikels ist der Nutzen von Hühnereiern für die Ernährung. In dieser Beziehung hat sich die Einstellung zu den mit ihnen verbundenen Krankheitsrisiken geändert.


Wichtiges über das Hühnerei

Legehennen

Hennen, die speziell zu Legehennen gezüchtet wurden, können bis zu 1 Ei pro Tag legen. Um ein Ei zu produzieren, benötigen solche Hochleistungs-Hybridhühner etwa 2 kg Futter, normale Rassehühner bis zu 5 kg. Aus befruchteten Eiern schlüpfen nach 21 Tagen Küken. Weibliche Hühnchen werden nach etwa 4 Monaten zu Legehennen. Sie halten als solche die betrieblich gewünscht hohe Produktionseffektivität nur kurze Zeit durch und sind oft schon nach wenigen Wochen schlachtreif. (Zur Verordnung zum Schutz von Legehennen siehe hier.)

Aufbau des Eis

Die Schalen der Eier bestehen aus Kalziumkarbonat. Bei einer frequenten Eiproduktion wird Kalzium aus dem Knochen mobilisiert, so dass die Hühner bald unter einer Osteoporose leiden. Unter der Kalkschale befindet sich eine innere doppelte Schalenhaut, die das Eiklar absichert. Im Eiklar schwimmt, abgegrenzt durch die Dotterhaut und gehalten von den beiden Hagelschnüren, die zu den Eipolen ziehen, das Eigelb (Dotter).

Schutz der Eier vor Infektion

Neben der Kalkschale, die als mechanischer Schutz wirkt, gibt es zwei weitere effektive Schutzmechanismen für die Eier.

Ein biologischer Mechanismus ist die Übertragung von Antikörpern der Henne auf das Ei. Die IgG-Immunglobuline der Henne werden im Ei als IgY-Antikörper bezeichnet.

Die Kalkschale der Eier ist von einem dünnen Häutchen, der Cuticula, umgeben, die die Poren abdichtet und ebenfalls als Infektionsschutz wirkt. Bei Boden- und Freilandhaltung kann es durch Lage auf keimbelastetem Boden und Bepicken zur Gefahr einer Keimbesiedlung (beispielsweise mit Salmonellen) kommen.

Eier kühlent oder nicht kühlen?

Die in den Handel kommenden Eier sind i.d.R frisch gelegt und besitzen den Schutz der Cuticula noch. Sie bedürfen keiner Kühlung in einem Kühlregal. Freilandeier dagegen können vor dem Transport vom Huhn bepickt worden sein und ihren Schutz verloren haben. Sie sind gelegentlich Träger von Salmonellen. In den USA werden alle Eier vor dem Transport mit geruchloser Seife gesäubert, was den Cuticula-Schutz zerstört. Sie kommen in eine Kühlkette bis zum Verkauf.

Farbe des Eigelbs

Die Farbe des Eigelbs wird durch Futterzusätze dem bei den Käufern bevorzugten Farbton angepasst. Zusätzliche Carotinoide (wie Lutein und Zeaxanthin) im Futter bewirken eine oft gewünscht dunklere Farbe (etwa die Farbe einer Tagetes-Blüte, die dieselben Farbstoffe enthält). Im Biolandbau ist dies nicht erlaubt.

Einfluss von Hühnerfutter auf die Eier

Die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe des Hühnereis hängt stark von der Zusammensetzung der Ernährung der Henne ab. Es wird Forschung dafür verwendet, Eier so zu konfigurieren, dass sie bestimmten Ernährungszielen entsprechen und länger haltbar sind. So führt beispielsweise der Futterzusatz von Hesperidin, einem pflanzlichen Flavonoid und Antioxidans aus der Schale von Zitrusfrüchten, zu einer deutlichen Stabilisierung der Eier gegen Oxidation; sie bleiben länger haltbar. (1)Br Poult Sci. 2014 Feb;55(1):98-104 Dasselbe wurde für Ingwer-Wurzel nachgewiesen. (2)Poult Sci. 2011 Aug;90(8):1720-7

Futtermixturen und Futterzusatzstoffe werden in großem Stil durchgetestet. In einer Untersuchung wurde festgestellt, dass Hennen, die mit einer Weizen-Sojabohnen-Kost gefüttert wurden, mehr Eigewicht pro Tag produzierten als solche, die mit einer Mais-Sojabohnen-Kost gefüttert wurden. (3)Poult Sci. 2012 Aug;91(8):1915-27 Jedes umsetzbare positive Ergebnis solcher Forschung hat erhebliche Implikationen für den Markt. Die Forschungrichtung ist damit stark durch den Markt bestimmt.

Design „gesunder“ Eier

Die Substitution des Futters der Hennen mit Leinsamen, Mineralstoffen, Vitaminen und Lutein führte zu Eiern, die 6 mal mehr Omega-3-Fettsäuren, 3 mal mehr Vitamin D, 4 mal mehr Folsäure, 6 mal mehr Vitamin E sowie Lutein und Zeaxanthin, 2,5 mal mehr Jod und 4 mal mehr Selen enthielten, als ohne die Zusätze. (4)J Nutr Health Aging. 2006 Sep-Oct;10(5):371-6

Eier, die über entsprechendes Hennenfutter an n-3 polyungesättigten Fettsäuren angereichert wurden, sollen der allgemeinen Gesundheit dienen und den besonderen Erfordernissen von Schwangerschaft und Stillzeit angepasst werden können. (5)Isr Med Assoc J. 2008 Apr;10(4):262-5

Wenn Legehennen mit Alpha-Linolensäure (n-3 PUFAs) und Eicosapentaen- und Docosahexaensäure angereichtertem Futter gefüttert werden, erhöht sich die Qualität der Eier bezüglich dieser Fettsäuren. (6) 2017 Jul;30(7):973-978. doi: 10.5713/ajas.15.0850.

Hühnereier als Quelle wichtiger Nährstoffe

Eier enthalten viel Eiweiß, Cholesterin und kaum Kohlenhydrate (siehe Tabelle; das Gewicht eines Eis beträgt je nach Gewichtsklasse zwischen unter 53 und über 73 g).

(in g/100g Ei)EiklarEigelb
Eiweiß1116
Fett32
Kohlenhydrate0,70,3

Hühnereier sind reich an Spurenelementen und Vitaminen, vor allem den Vitaminen A, E, B2, B12, D, Folsäure und Pantothensäure. Vitamin C ist nicht enthalten. Biotin ist zwar enthalten, kann aber nur aus gekochtem Ei aufgenommen werden.

Unter den im Eiweiß vorhandenen Aminosäuren befinden sich auch die essenziellen Aminosäuren, die der Mensch nicht selbst herstellen kann, in relativ großer Menge.

Unter den Fetten dominieren die gesättigten Fettsäuren; aber auch ungesättigte Fettsäuren sind reichlich enthalten: Linolsäure, Linolensäure, Arachidonsäure und Cholesterin, die alle für die Bildung von zellulären Membranen benötigt werden.

Der Gehalt der einzelnen Bestandteile wird durch die Ernährung der Hühner stark beeinflusst. Eier von Freiland-Hühnern, die neben Körnern auch Pflanzen und Kleingetier futtern können, enthalten weniger gesättigte Fettsäuren und Cholesterin und mehr ungesättigte Fettsäuren und fettlösliche Vitamine.

Eigelb gegen Makuladegeneration

Eigelb ist eine bedeutende Quelle der Carotinoide Lutein und seinem Isomer Zeaxanthin (etwa 4 – 13 µg/g Frischgewicht). (7)Isr Med Assoc J. 2008 Apr;10(4):262-5 Sie geben dem gelben Fleck des Auges (Makula densa) seine Farbe, filtern schädliches Blaulicht und wirken antioxidativ und antiinflammatorisch. Sie verhindern eine Schädigung der Makula und das frühzeitige altersbedingte Entstehen einer Makuladegeneration. Über geeignete Kost der Hennen kann der Gehalt des Eidotters an den schützenden Carotinoiden erheblich gesteigert werden. (8)Prog Retin Eye Res. 2012 Jul; 31(4):303-15. Durch Verzehr solcher Eier soll die altersbedingte Makulaschädigung verzögert oder vermindert werden. (9)Prog Retin Eye Res. 2012 Jul; 31(4):303-15. Die übliche amerikanische Kost enthält etwa 1-3 mg, während zur Senkung des Risikos einer Makuladegeneration etwa 6 mg nötig sind. (10)JAMA. 1994 Nov 9; 272(18):1413-20

Eigelb-Faktoren gegen Arteriosklerose

Eigelb hemmt die Aktivierung von Blutplättchen

Die Fettfraktion von Eiern wies in einer Untersuchung eine deutliche Hemmwirkung auf den Plättchen-aktiviernden Faktor (PAF) auf. Sie verhinderte eine Aktivierung von Blutplättchen (Thrombozyten) durch PAF. Mit der Hemmung des PAF-Wirkung wird auch der Gerinnungsprozess gehemmt, der durch PAF ausgelöst wird. Damit würde das Risiko einer Arteriosklerose für einen Herzinfarkt und einen Schlaganfall gesenkt.

Freilandhühner mit einem breiten Ernährungsspektrum (nicht nur Körner) produzieren Eier mit einer günstigeren Zusammensetzung der Fette im Eigelb als Körner-gefütterte Hühner (s. o.). Bei ihnen wurde eine erheblich stärkere Hemmung des PAF-Faktors festgestellt (11)Anim Sci J. 2013 Mar;84(3):264-71, was Grund dafür sein könnte, dass in manchen Studien der Verzehr von Eiern trotz ihres hohen Cholestreingehalts nicht zu einem verstärkten Risiko für Arteriosklerosekomplikationen geführt hat.

Ei-Lecithin beeinflusst den Stoffwechsel günstig

Rattenversuche belegen, dass Lecithine aus Eiern bei Ratten die Cholesterinresorption um 20% hemmen. Lecithine aus Sojabohnen zeigen dagegen kaum Effekt. (12)J. Nutr. 2001;131:2358–2363

Probanden, die in einer Studie über 4 Wochen jeden Tag 3 Eier aßen, zeigten einen signifikanten Anstieg von Plasma-Lutein und Zeaxanthin. Die Ernährungsumstellung hatte keine Auswirkungen auf Mikrobiota-Diversität. Der Anstieg von Plasma-Lutein und Zeaxanthin deutet laut den Autoren auf einen zusätzlichen Schutz vor oxidativem Stress hin, wie er beim metabolischen Syndrom (MetS) auftritt. Dies kann dazu beitragen, dass Hühnereier in der Ernährung protektiv wirken. (13)Nutrients. 2022 Mar 11;14(6):1179. DOI: 10.3390/nu14061179.

Eier erhöhen das Risiko arteriosklerotischer Komplikationen nicht

Eine statistische Auswertung von Erhebungsdaten ergab keinen signifikanten Unterschied in der Häufigkeit von chronischer Herzerkrankung und Schlaganfall zwischen den Gruppen, die mehr als 6-mal oder weniger als 1-mal pro Woche Ei aßen. (14)Public Health Nutr. 2011 Feb;14(2):261-70

Eine große Studie mit insgesamt über 37000 Männern zwischen 40 und 75 Jahren sowie über 80000 Frauen zwischen 34 und 59 Jahren zeigte keine signifikante Assoziation zwischen Ei-Konsum und Herzinfarkt und Schlaganfall und dem Ei-Verzehr. Ein höherer Ei-Verzehr war nur bei Diabetes mellitus mit einem erhöhten Risiko für Herzkomplikationen verbunden. (15)JAMA. 1999 Apr 21;281(15):1387-94 Dies hat sich in einer Metaanalyse von Studien bestätigt. (16)JAMA. 1999 Apr 21;281(15):1387-94

Eine kleine Studie weist nach, dass der Zusatz von Eigelb zu Eiklar die Fettzusammensetzung des Bluts von Patienten mit metabolischem Syndrom günstig beeinflusst. Der Verzehr ganzer Eier (3 pro Tag über 12 Wochen) zugleich mit einer Kohlenhydrat-Einschränkung führte im Vergleich zum Verzehr nur des Eiklar

  • zu einer Verminderung der Plasma-Triglyceride, des ApoC-3, des ApoE, des oxidierten LDL, der Durchmesser der VLDL-Partikel, des total-IDL und des kleinen und mittelkleinen LDL und
  • zu einer Steigerung des HDL-Cholesterins und der großen LDL- und HDL-Partikel.

Das Arterioskleroserisiko des Lipoprotein-Profils sank. (17)Metabolism. 2013 Mar;62(3):400-10

Eine Literaturzusammenstellung über eine mögliche Assoziation von Ei-Verzehr und kardiovaskulären Erkrankungen bei Diabetes mellitus kommt wegen mangelnder Vergleichbarkeit der Studien zu keiner eindeutigen Aussage. (18)Diabetes Metab Syndr Obes. 2014 Mar 24;7:121-137 Eine spätere Metaanalyse von 24 Studien ergab ein gering verringertes KHK-Risiko bei einem Verzehr bis zu 2  Eiern pro Woche und keines für das Schlaganfallrisiko. Die Studien seien qualitativ noch unzureichend. (19)Eur J Nutr. 2021 Jun;60(4):1833-1862. DOI: 10.1007/s00394-020-02345-7 Eine chinesische Studie besagt, dass sowohl ein niedriger, als auch ein hoher Ei-Verzehr mit einem erhöhten Arterioskleroserisiko verbunden war. Ein moderater Verzehr von 3 bis unter 6 Eiern dagegen wird als präventiv eingeschätzt. (20)Sci China Life Sci. 2020 Sep;63(9):1317-1327. DOI: 10.1007/s11427-020-1656-8.

Vorbeugung von Herzinfarkt und Schlaganfall

Eine Untersuchung zeigt, dass sich das Arterioskleroserisiko durch Genuss von Eiern nicht erhöht. Drei Eier pro Tag (im Vergleich zu einer Cholin-Supplementierung) führten zwar zu einer Erhöhung des Gesamtcholesterins im Blut um 7,5%, jedoch nicht zu einer ungünstigen Verschiebung des Quotienten von LDL- zu HDL-Cholesterin. Und der ist für das Arterioskleroserisiko ausschlaggebend. Mit dem Gesamtcholesterin stieg nämlich auch HDL-Cholesterin an (5%), und gleichzeitig ApoA1 (8%) und ApoE (17%). Eier regulieren, wie gezeigt wurde, Schlüsselenzyme im Cholesterinstoffwechsel. So ermöglicht es der Körper, die günstigen Inhaltsstoffe (Phospholipide, Vitamine inkl. Pantothensäure und Folsäure, semi-essenzielle Aminosäuren) über den Verzehr von Eiern zur Verfügung zu bekommen, ohne dass eine schädigende Cholesterinwirkung in Kauf genommen werden muss. (21)Nutrients 2018, 10(2), 258; https://doi.org/10.3390/nu10020258

Eine chinesische Studie zeigt, dass ein mäßiger Genuss (untersucht bis 1 Ei pro Tag) signifikant mit einem um 11% geringeren kardiovaskulären Risiko (für Herzinfarkt und Schlaganfall) verbunden war (HR 0,89). Insbesondere die durch einen hämorrhagischen (durch eine Blutung bedingten) Schlaganfall bedingte Sterberate war gegenüber denen, die nie oder selten ein Ei aßen, deutlich niedriger, nämlich um 28%! (22)Heart 2018, http://dx.doi.org/10.1136/heartjnl-2017-312651

Eier als Mittel zum Gewichtabnehmen?

Die Übertragung von Hennen-Immunglobulin auf das Ei kann wahrscheinlich ausgenutzt werden, um auch solche Antikörper in das Ei zu transferieren, gegen die die Henne zuvor immunisiert wurde. Solche einen Gedankengang verfolgt eine Arbeitsgruppe, die auf diese Weise Antikörper gegen menschliche Lipase in Eier einbringen will. Die Vorstellung dabei ist, dass durch den Verzehr solcher Eier die Fettverdauung im menschlichen Darm gehemmt wird (wie es auch der Lipasehemmer Orlistat tut), was schließlich zu einer Gewichtsabnahme beiträgt. (23)Nutr Metab (Lond). 2013 Dec 9;10(1):70

Verweise

 


Literatur

Literatur
1Br Poult Sci. 2014 Feb;55(1):98-104
2Poult Sci. 2011 Aug;90(8):1720-7
3Poult Sci. 2012 Aug;91(8):1915-27
4J Nutr Health Aging. 2006 Sep-Oct;10(5):371-6
5Isr Med Assoc J. 2008 Apr;10(4):262-5
6 2017 Jul;30(7):973-978. doi: 10.5713/ajas.15.0850.
7Isr Med Assoc J. 2008 Apr;10(4):262-5
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9Prog Retin Eye Res. 2012 Jul; 31(4):303-15.
10JAMA. 1994 Nov 9; 272(18):1413-20
11Anim Sci J. 2013 Mar;84(3):264-71
12J. Nutr. 2001;131:2358–2363
13Nutrients. 2022 Mar 11;14(6):1179. DOI: 10.3390/nu14061179.
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15JAMA. 1999 Apr 21;281(15):1387-94
16JAMA. 1999 Apr 21;281(15):1387-94
17Metabolism. 2013 Mar;62(3):400-10
18Diabetes Metab Syndr Obes. 2014 Mar 24;7:121-137
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20Sci China Life Sci. 2020 Sep;63(9):1317-1327. DOI: 10.1007/s11427-020-1656-8.
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22Heart 2018, http://dx.doi.org/10.1136/heartjnl-2017-312651
23Nutr Metab (Lond). 2013 Dec 9;10(1):70