Hepcidin

Artikel aktualisiert am 10. Februar 2021

Hepcidin ist eine hormonartige Verbindung, die im Eisenstoffwechsel des Körpers eine Schlüsselfunktion einnimmt. Es verhindert die Aufnahme von Eisen aus der Nahrung in den Körper. Bei Eisenmangel wird die Hepcidinbildung vermindert, so dass der Eisentransporter der Darmzellen (Ferroportin) wieder aktiver werden kann. So kann der Eisenspiegel nach einer Blutung rasch wieder ausgeglichen werden. Bei chronischen Infektionen dagegen kann Hepcidin vermehrt gebildet werden und dadurch zu der Entwicklung einer parainfektiösen Eisenmangelanämie beitragen. (1)Adv Chronic Kidney Dis. 2019 Jul;26(4):298-305. doi: 10.1053/j.ackd.2019.04.005. PMID: 31477260. (2)Trends Pharmacol Sci. 2014 Mar;35(3):155-61. doi: 10.1016/j.tips.2014.01.004. Epub 2014 Feb 17. … Continue reading


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Bedeutung im Eisenstoffwechsel

Hepcidin kommt eine zentrale Rolle im Eisenstoffwechsel und in Eisenspeicherkrankheiten (siehe unter Hämochromatose) zu (3)Eur J Haematol. 2007 Jan;78(1):1-10 (4)Annu Rev Pathol. 2009;4:489-515. Es ist ein Oligopeptidhormon (25 Aminosäuren), welches in der Leber aus Prohepcidin gebildet wird, und welches die Aktivität von Ferroportin, dem Eisentransporter in den Zellmembranen verschiedener Zelltypen des Körpers herabsetzt. Es bewirkt seine Internalisierung und Degradierung.

Hepcidin fördert durch seine negative Wirkung auf den Eisentransporter die Eisensequestrierung im Körper. Es bewirkt, dass Körperzellen aufgenommenes Eisen nicht wieder ausschleusen können. Sie sammeln Eisen an. Betroffen sind vor allem die Enterozyten des Darms (Darmepithelzellen), die Leberzellen (Hepatozyten), Zellen der Milz und die Makrophagen. (5)Cell Metab. 2005 Mar; 1(3):191-200

Bei Eisenmangel (z. B. bei einer Blutungsanämie) wird die Synthese von Prohepcidin gehemmt (6)Hepatology. 2005; 42: 466-72, wodurch Ferroportin geringer inaktiviert wird (negative Rückkopplung) und damit mehr für die Eisenresorption zur Verfügung steht.

Eisenmobilisierung bei einer Anämie

Bei einer Anämie wird Erythropoetin (Epo) vermehrt in den Nieren gebildet. Epo fördert in den Vorstufen der Erythrozyten (Erythroblasten) die Bildung von Erythroferron. Dieses wiederum unterdrückt die Hepcidinsynthese in der Leber. Wenn weniger Hepcidin zur Verfügung steht, kann gespeichertes Eisen vermehrt mobilisiert werden. Über diesen Weg fördert damit Erythropoetin die Bildung des roten Blutfarbstoffs (Hämoglobin) und damit die Reifung der roter Blutkörperchen (Erythropoese). (7)Blood. 2018 Oct 4;132(14):1473-1477. doi: 10.1182/blood-2018-06-857995. Epub 2018 Aug 10. PMID: … Continue reading

Wirkung am Darm

Hepcidin bindet an die Plasmamembranen der Mukosazellen der Dünndarmschleimhaut. Bindungspartner ist Ferroportin, welches an der basolateralen Seite der Zelle für den Austransport von Eisen in Richtung Blut verantwortlich ist. Durch die Bindung verliere die Zellen ihre Fähigkeit, Eisen ans Plasma (Transferrin) abzugeben.

Regulation

Die Hepcidin-Bildung wird durch Entzündungsmediatoren hochreguliert. Vermittelt wird dies durch Interleukin 6 (Il6) (8)Infect Immun. 2014 Feb; 82(2):745-52, ebenso wie durch Eisen selbst (9)Hepatology. 2011 Apr; 53(4):1333-41. Es wird dagegen gegenregulatorisch durch Eisenmangel herunter reguliert, ebenso durch eine ineffektive Erythropoese und durch Sauerstoffuntersättigung des Bluts (Hypoxie). Auch bei der chronischen Hepatitis C und vermehrten Alkoholgenuss findet sich eine erniedrigte Hepcidin-Synthese, was die vermehrte Eisenakkumulation im Körper, speziell in der Leber erklärt (10)Liver Int. 2012 Jul;32(6):880-93. Hepcidin findet sich auch bei der Porphyria cutanea tarda erniedrigt. (11)Trends Pharmacol Sci. 2014 Mar;35(3):155-61. doi: 10.1016/j.tips.2014.01.004. Epub 2014 Feb 17. … Continue reading

Zusammengefasst können folgende Faktoren für eine verminderte Hepcidinbildung und damit für eine vermehrte Eisenspeicherung im Körper verantwortlich sein:

  • chronische Entzündungen,
  • chronische Hepatitis C,
  • vermehrter Alkoholgenuss,
  • Porphyria cutanea tarda.

Daneben gibt es einen seltenen genetischen Defekt der Hepcidinbildung (s.u.).

Genetischer Defekt

Ein genetischer Defekt der Bildung von Hepcidin führt zur Eisenüberladung des Körpers bereits in der Jugend (juvenile Hämochromatose, siehe hier). (12)Best Pract Res Clin Haematol. 2005; 18:171-82

Menschen mit Mutationen des HFE-Gens, von Hämojuvelin (HJV) und des Transferrinrezeptors 2 (TfR2) haben niedrige Spiegel von Hepcidin.

Bakterizides Prinzip

Ursprünglich war Hepcidin als bakterizides Prinzip im Urin entdeckt worden. Möglicherweise reagieren manche Bakterien, deren Wachstum von Eisen abhängig ist, besonders empfindlich auf eine Erniedrigung des Eisenspiegels. In solchen Fällen wäre ein niedriger Eisenspiegel „schlecht“ für eine bakterielle Ausbreitung aber „gut“ für die Körperabwehr. So könnte sich erklären, dass der Körper bei entzündlichen Prozesses sein verfügbares Eisen herunter reguliert, wie er es durch vermehrte Produktion von Hepcidin über den Effekt einer vermehrten Inaktivierung von Ferroportin tut (u. a. Eisensequestrierung in Makrophagen).

Hepcidin als therapeutischer Angriffspunkt

Folgende Ansätze werden verfolgt (13)Trends Pharmacol Sci. 2014 Mar;35(3):155-61. doi: 10.1016/j.tips.2014.01.004. Epub 2014 Feb 17. … Continue reading:

Senkung des Eisenspiegels: Es wird nach Medikamenten gesucht, die über einen hepcidinähnlichen Effekt (Hepcidinagonisten) helfen können, bei Krankheiten mit einer Eisenüberladung den Eisenspiegel zu senken. Ein Ansatz verfolgt ein „gene silencing“ von TMPRSS6 (ein negativer Regulator von Hepcidin).

Erhöhung des Eisenspiegels: Durch Hemmung der Hepcidinwirkung soll eine Behandlung von therapierefraktären Anämien ermöglicht werden. Ansätze beinhalten Antikörper gegen Hepcidin bzw. Ferroportin.

Verweise

 


Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).


Literatur

Literatur
1Adv Chronic Kidney Dis. 2019 Jul;26(4):298-305. doi: 10.1053/j.ackd.2019.04.005. PMID: 31477260.
2Trends Pharmacol Sci. 2014 Mar;35(3):155-61. doi: 10.1016/j.tips.2014.01.004. Epub 2014 Feb 17. PMID: 24552640; PMCID: PMC3978192.
3Eur J Haematol. 2007 Jan;78(1):1-10
4Annu Rev Pathol. 2009;4:489-515
5Cell Metab. 2005 Mar; 1(3):191-200
6Hepatology. 2005; 42: 466-72
7Blood. 2018 Oct 4;132(14):1473-1477. doi: 10.1182/blood-2018-06-857995. Epub 2018 Aug 10. PMID: 30097509; PMCID: PMC6238155.
8Infect Immun. 2014 Feb; 82(2):745-52
9Hepatology. 2011 Apr; 53(4):1333-41
10Liver Int. 2012 Jul;32(6):880-93
11Trends Pharmacol Sci. 2014 Mar;35(3):155-61. doi: 10.1016/j.tips.2014.01.004. Epub 2014 Feb 17. PMID: 24552640; PMCID: PMC3978192.
12Best Pract Res Clin Haematol. 2005; 18:171-82
13Trends Pharmacol Sci. 2014 Mar;35(3):155-61. doi: 10.1016/j.tips.2014.01.004. Epub 2014 Feb 17. PMID: 24552640; PMCID: PMC3978192.