Festlegung ärztlicher Tätigkeiten zur Übertragung auf Berufsangehörige der Alten- und Krankenpflege

Artikel aktualisiert am 10. Februar 2019


Richtlinie über die Festlegung ärztlicher Tätigkeiten zur Übertragung auf Berufsangehörige der Alten- und Krankenpflege

Am 22.03.2012 ist die Richtlinie über die Festlegung ärztlicher Tätigkeiten zur Übertragung auf Berufsangehörige der Alten- und Krankenpflege zur selbstständigen Ausübung von Heilkunde im Rahmen von Modellvorhaben nach § 63 Abs. 3 c SGB V in Kraft getreten. Der gemeinsame Bundesausschuss hat in dieser Richtlinie heilkundliche Tätigkeiten festgelegt, die bisher Ärzten vorbehalten waren, die nun aber im Rahmen von Modellvorhaben auf Angehörige der Alten- und Krankenpflegeberufe zur selbstständigen Ausübung von Heilkunde übertragen werden können.

Voraussetzung ist, dass eine Krankenkasse ein entsprechendes Modellvorhaben nach § 63 Abs. 3 c SGB V durchführt und die teilnehmenden Berufsangehörige der Alten- und Krankenpflege eine Zusatzqualifikation zur Teilnahme an einem solchen Modellvorhaben gemäß § 4 Abs. 7 des Krankenpflegegesetzes oder des Altenpflegegesetzes erworben haben.

Im Rahmen dieser Modellvorhaben können heilkundliche Leistungen auf entsprechend qualifizierte Alten- oder Krankenpfleger übertragen werden. Die Ausübung von Heilkunde in diesem Sinne ist in § 2 Abs. 1 der Richtlinie legal definiert als die auf wissenschaftliche Erkenntnis gegründete, praktische, selbstständige oder im Dienst anderer ausgeübte Tätigkeit zur Verhütung, Feststellung, Heilung oder Linderung menschlicher Krankheiten, Körperschäden oder Leiden. Die Ausübung beinhaltet zudem die Übernahme fachlicher, wirtschaftlicher und rechtlicher Verantwortung durch die Alten- oder Krankenpflegekraft. Eine Verantwortlichkeit der Ärzte für die nach dieser Richtlinie durch Alten- oder Krankenpfleger ausgeübten Tätigkeiten besteht nicht.

Voraussetzung für die Ausübung heilkundlicher Tätigkeiten durch Alten- oder Krankenpfleger ist jedoch das Vorliegen einer ärztlichen Diagnose sowie einer Indikationsstellung und die Übertragung der Aufgaben durch einen Arzt. Die Alten- und Krankenpfleger sind an die ärztliche Diagnose und Indikationsstellung gebunden.

Die selbstständige Ausübung von Heilkunde umfasst auch die Befugnis, zur im Zusammenhang mit den selbstständig ausgeübten ärztlichen Tätigkeiten stehenden Verordnungen von bestimmten, im Rahmen der Modellvorhaben zu definierenden der Medizinprodukten und Hilfsmitteln sowie in der Richtlinie abschließend aufgeführten Heilmitteln und zur Veranlassung weiterer vertragsärztlicher diagnostischer oder therapeutischer Leistungen durch vertragsärztliche Überweisungen. Ob und in welchem Umfang dieses den Pflegefachkräften möglich sein soll, liegt in der Entscheidung der jeweiligen Träger der Modellvorhaben.

Die übertragbaren Tätigkeiten, die in der Anlage B zur Richtlinie näher definiert sind, beziehen sich sowohl auf den Bereich der ambulanten ärztlichen Versorgung als auch auf den Bereich der stationären Versorgung. Die von den Pflegekräften dabei zu erbringenden selbstständigen ärztlichen Tätigkeiten haben sich sowohl aus berufs-, leistungs- als auch aus haftungsrechtlicher Perspektive am Maßstab des den ärztlichen Standard festlegenden aktuellen Stands der medizinischen Erkenntnisse auszurichten.

Zu den heilkundlichen Tätigkeiten, die auf entsprechend qualifizierte Pflegekräfte übertragen werden können, gehören unter anderem die venöse Blutentnahme, die Flüssigkeitssubstitution nach Infusionsplan, die parenterale Ernährung, das Anlegen von Infusionen oder Anhängen von Antibiose, die intravenöse Applikation von Zytostatika, die Versorgung von chronischen Wunden, der Verbandswechsel, die Anlage, Vorbereitung und Lagekontrolle von einer transnasalen Magensonde, das Legen und Überwachen eines transurethralen Blasenkatheters, die Versorgung und der Wechsel eines suprapubischen Blasenkatheters, die Ernährungsberatung und die Festlegung eines Diätplans, die Stuhlregulation, Schmerztherapie und -management, etc..

Als geeignete Diagnosen, in deren Rahmen Pflegefachkräfte eingesetzt werden können, sind z. B. angegeben Diabetes Mellitus Typ 1, Diabetes Mellitus Typ 2, chronische Wunden, Demenz (nicht palliativ) und Hypertonus (ohne Schwangerschaft).

Für alle Diagnosen und übertragbaren ärztlichen Tätigkeiten sind in der Anlage B zur Richtlinie detaillierte Definitionen sowie Qualifikationsanforderungen aufgeführt, die die Pflegefachkräfte zu erfüllen haben.

Quelle:
Richtlinie über die Festlegung ärztlicher Tätigkeiten zur Übertragung auf Berufsangehörige der Alten- und Krankenpflege zur selbstständigen Ausübung von Heilkunde im Rahmen von Modellvorhaben nach § 63 Abs. 3 c SGB V (Richtlinie nach § 63 Abs. 3 c SGB V) veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 46 (Seite 1128) vom 21.03.2012, veröffentlicht auf der Homepage des Gemeinsamen Bundesausschusses: www.g-ba.de

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Autorin der Seite: St. Dönnebrink
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Medizinrecht, Mediatorin, bundesweit tätig.
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