Enterovirusinfektion

Artikel aktualisiert am 30. November 2023

Eine Enterovirusinfektion ist eine Viruserkrankung, die meist asymptomatisch verläuft, aber bei Befall innerer Organe ein buntes klinisches Bild hervorrufen kann. Eine Infektion des Gehirns (Enzephalitis) oder des Herzens (Myokarditis) kann schwerwiegend verlaufen; Durchfallerkrankungen verlaufen in der Regel selbstlimitierend und milde. (1)Eur J Pediatr. 2016 Aug;175(8):1023-9. DOI: 10.1007/s00431-016-2725-7


Erreger

Enteroviren sind eine Gruppe von RNA-Viren, in der Virusspezies zusammengefasst werden, die sich im Gastrointestinaltrakt vermehren können. Es sind kleine (25 bis 30 nm Durchmesser), unbehüllte, einzelsträngige RNA-Viren aus der Familie der Picornaviridae. Zu ihnen gehören verschiedene Serotypen; die bekanntesten sind Polioviren, Enterovirus A71, Echoviren, Coxsackieviren A und Coxsackieviren B. (2)Arch. Virol. 2020;165:793–797. doi: 10.1007/s00705-019-04520-6


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Entstehung

Die Übertragung erfolgt fekal-oral, aber auch über Tröpfchen. Eine transplacentare Übertragung ist möglich. Die Viren infizieren zunächst Enterozyten und breiten sich von dort über regionale Lymphknoten und die Blutbahn aus und rufen eine Virämie hervor. Sie infizieren eine Reihe innerer Organen, inklusive des Gehirns.

Die Inkubationszeit bis zur klinischen Symptomatik beträgt 2-14 Tage, meist 5-7 Tage. Im Darm werden bereits sekretorische Immunglobuline (IgA) induziert. Es kommt rasch zu einer humoralen Antwort im Blut durch spezifisches Immunglobulin M (IgM) mit einer Persistenz von etwa 1/2 Jahr und später durch spezifisches IgG (Persistenz lebenslang).

Micro-RNA (miRNA) spielen bei einer Infektion mit Enteroviren eine entscheidende Rolle und wirken sich bezüglich Immun-Escape, Apoptose, Signaltransduktion, Abschaltung der Wirtsproteinsynthese und Virusreplikation aus. Sie eröffnen neue Therapiemöglichkeiten. (3)Crit Rev Microbiol. 2018 Nov;44(6):701-714. doi: 10.1080/1040841X.2018.1499608

Symptomatik und Komplikationen

Die Symptomatik ist häufig milde. Oft kommt es zu nur leichten Symptomen wie Erkältung, Fieber und Hautläsionen. Da innere Organe befallen werden können, können auch schwerwiegende Verläufe eintreten, so bei Beteiligung der Leber (Hepatitis), des zentralen Nervensystems (Meningitis, Enzephalitis) und des Herzens (Myokarditis). Symptome können eine allgemeine Abgeschlagenheit, Muskelschmerzen (Myalgie) und Pleurodynie umfassen. Es können leichte Atemwegs- und Magen-Darm-Infektionen mit Diarrhö, eine Herpangina oder ein Hand-Fuß-Mund-Syndrom auftreten. Das Coxsackie-B-Virus (CVB), welches zu den Enteroviren gehört, wird als ein Auslöser eines Diabetes Typ 1 angesehen. (4)Microorganisms. 2022 Apr 1;10(4):768. DOI: 10.3390/microorganisms10040768.

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Diagnostik

Ein Nachweis der Viren in der Zellkultur ist durch PCR-Methoden weitgehend überholt. Als Proben dienen Stuhl und Rachenabstriche, aber auch andere Körperflüssigkeiten. Am sensitivsten ist die quantitative Reverse-Transkriptase-Echtzeit-PCR (RT-qPCR).

Therapie und Vorsorge

Eine spezifische kausale Therapie steht nicht zur Verfügung.

Eine Hyperimmunglobulin-Infusion kann bei Neugeborenen lebensrettend sein. (5)J Microbiol Immunol Infect. 2019 Dec;52(6):851-857. DOI: 10.1016/j.jmii.2019.08.018. Antivirale Medikamente werden entwickelt und erwartet. (6)Microorganisms. 2022 Apr 1;10(4):768. DOI: 10.3390/microorganisms10040768

Antiviral wirksame Medikamente mit ausreichender Wirksamkeit standen bisher nicht zur Verfügung. Es wurde eine stark antiviral wirksame Verbindung entdeckt, Ethyl-3-hydroxyhexanoat (EHX), die in Früchten und Lebensmittelzusatzstoffen vorkommt. Sie hemmt die Vermehrung von Coxsackie B signifikant und scheint bezüglich Eindämmung einer Virusausbreitung aussichtsreich zu sein. (7)Front Microbiol. 2022 Apr 14;13:875485. doi: 10.3389/fmicb.2022.875485.

Impfungen gegen Enteroviren werden erwartet. Bisher hat sich nur die Polio-Impfung bewährt; sie hat zur weitgehenden Eliminierung der Kinderlähmung geführt. Eine Impfung gegen Coxsacki B wird entwickelt und soll gegen den Typ-1-Diabetes schützen. (8)Diabetologia. 2018;61:476–481. doi: 10.1007/s00125-017-4492-z. (9)Sci. Adv. 2020;6:eaaz2433. doi: 10.1126/sciadv.aaz2433 (10)Microorganisms. 2022 Apr 1;10(4):768. doi: 10.3390/microorganisms10040768.

Verweise

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Literatur

Literatur
1Eur J Pediatr. 2016 Aug;175(8):1023-9. DOI: 10.1007/s00431-016-2725-7
2Arch. Virol. 2020;165:793–797. doi: 10.1007/s00705-019-04520-6
3Crit Rev Microbiol. 2018 Nov;44(6):701-714. doi: 10.1080/1040841X.2018.1499608
4Microorganisms. 2022 Apr 1;10(4):768. DOI: 10.3390/microorganisms10040768.
5J Microbiol Immunol Infect. 2019 Dec;52(6):851-857. DOI: 10.1016/j.jmii.2019.08.018.
6Microorganisms. 2022 Apr 1;10(4):768. DOI: 10.3390/microorganisms10040768
7Front Microbiol. 2022 Apr 14;13:875485. doi: 10.3389/fmicb.2022.875485.
8Diabetologia. 2018;61:476–481. doi: 10.1007/s00125-017-4492-z.
9Sci. Adv. 2020;6:eaaz2433. doi: 10.1126/sciadv.aaz2433
10Microorganisms. 2022 Apr 1;10(4):768. doi: 10.3390/microorganisms10040768.