Dengue-Fieber

Artikel aktualisiert am 28. März 2023

Dengue-Virus-Infektionen gehören zu den gefährlichsten durch Mücken übertragenen Krankheiten der Tropen und Subtropen. Das Dengue-Fieber (Dengue fever, DF) ist eine Krankheit mit grippeähnlichen Symptomen, die – besonders bei einer Zweitinfektion – einen bedrohlichen oder gar tödlichen Verlauf mit Schock (dengue shock syndrome, DSS) und inneren Blutungen (dengue haemorrhagic fever, DHF) nehmen kann. (1)FEMS Immunol Med Microbiol. 2006 Jul;47(2):155-66 Laut WHO (2009) ist das Dengue-Fieber die sich am raschesten ausbreitende infektiöse Tropenkrankheit in der Welt; bedroht sind vor allem Brasilien und die Karibik.


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 Das Wichtigste verständlich

Kurzgefasst
Das Dengue-Fieber ist die sich am raschesten ausbreitende Tropenkrankheit in der Welt. Reisende vor allem nach Afrika, Lateinamerika und in die Karibik sollten sich besonders gegen Mückenstiche schützen. Grippeähnliche Symptome müssen an eine Infektion mit dem Dengue-Virus denken lassen, vor allem wenn Haut- oder sonstige Spontablutungen auftreten.

Eine Zweitinfektion kann sehr viel schwerer verlaufen als eine Erstinfektion; bei schweren Verlaufsformen kommt es zu inneren Blutungen und einem hämorrhagischen Schock. Es werden etwa 25000 Todesfälle pro Jahr geschätzt.

Eine tetravalente Impfung ist in Entwicklung und erscheint laut einer Studie vielversprechend zu sein. Chinolin-Derivate wie das Amodiaquin erweisen sich als hoffnungsvolle Medikamente für eine antivirale Therapie. Bis jedoch eine wirksame antivirale Therapie allgemein zur Verfügung steht, ist Doxycyclin eine therapeutische Option zur Abschwächung des Verlaufs.


Das Dengue-Virus

Das Dengue-Virus ist ein RNA-Virus aus der Gruppe der Flaviviren mit den 4 pathogenen Serotypen (als DENV-1 bis DENV-4, D1V bis D4V oder DEN-1 bis -4 bezeichnet). In Afrika wird es durch die ägyptische Tigermücke (Aedes aegypti) übertragen. Ausbreitungsgebiet sind weltweit die Tropen und Subtropen.

Epidemiologie

Die Infektion breitet sich rasch aus; in den letzten 30 Jahren hat sie um den Faktor 30 zugenommen. Weltweit sind 2/5 der Menschen gefährdet; 50 bis 100 Millionen Fälle werden jedes Jahr geschätzt; etwa 500000 Infizierte entwickeln Dengue-Fieber, und etwa 20000 sterben daran (2)Trends Microbiol. 2002;10(2):100–103. doi: 10.1016/S0966-842X(01)02288-0 (3)Trends Microbiol. 2002;10(2):100–103. doi: 10.1016/S0966-842X(01)02288-0; die Tentenz ist steigend. Die meisten der Erkrankten sind Reiserückkehrer. Über den aktuellen Stand informiert das RKI.

Entstehung

Das Dengue-Virus ist ein Arbovirus, das vor allem hyperendemisch in tropischen und subtropischen Klimazonen vorkommt und durch die Mücke Aedes aegypti übertragen wird. Fast die Hälfte der Weltbevölkerung ist gefährdet. Es verursacht eine Permeabilitätsstörung des vaskulären Endothels, was zu Flüssigkeitsaustritt und Ödemen führt.

Endothelien wie auch Makrophagen werden von den Dengue-Viren infiziert, in denen sie sich replizieren. Die Zellinfektion kann durch Heparin oder Heparan-Sulfat deutlich reduziert werden; Ursache ist eine Bindung des Virus ans Heparin. Intrazelluläre Viren bzw. Virusbestandteile werden durch HLA auf der Oberfläche präsentiert und lösen eine Immunantwort aus, die für die Krankheitsentstehung eine entscheidende Bedeutung gewinnen. (4)J Virol. 2011 Sep;85(18):9478-85

Eine zweite Infektion mit einem anderen Serotyp des Erregers verläuft in der Regel schwerwiegender als die Erstinfektion. Dies weist darauf, dass Memory-T-Zellen (CD8(+) T-Zellen) reaktiviert werden. (5)Ann N Y Acad Sci. 2009 Sep;1171 Suppl 1:E36-41

Die individuelle Reaktion auf die Denguevirus-Infektion hängt von genetischen Voraussetzungen des Patienten ab (6)Trop Med Health. 2011 December; 39(4 Suppl): 73–81 speziell die HLA-Klasse II spielt eine besondere Rolle, wie Untersuchungen zu HLA-Polymorphismen zeigen. Bestimmte Allele üben eine schützende Funktion bezüglich der Entwicklung eines Dengue Schock-Syndroms aus. (7)PLoS Negl Trop Dis. 2008 October; 2(10): e304

Symptome, Krankheitsbild

Die meisten Fälle einer Dengue-Virusinfektion verlaufen asymptomatisch. Das hämorrhagische Dengue-Fieber (DHF) ist eine Unterkategorie mit Flüssigkeitsausschwitzungen in die pleuroperitonealen Räume. Es erfordert eine sorgfältige Überwachung und Intensivtherapie. (8)Clin Med (Lond). 2022 Jan;22(1):9-13. doi: 10.7861/clinmed.2021-0791

Nach einer Inkubationszeit von 3-14 Tagen kommt es in symptomatischen Fällen zu grippeähnlichen Symptomen mit Gliederschmerzen, Kopfschmerzen, hohem Fieber und zudem meist einem Exanthem.

In einer nächsten Phase kann es zu Thrombozytenabfall, erhöhter Gefäßpermeabilität mit Ödembildung, petechiale Blutungen und erhöhter allgemeiner Blutungsneigung (Zahnfleischblutung, Darmblutung, Teerstuhl) kommen; es entwickeln sich Hypotonie, Schock und Nierenversagen mit Dialysepflichtigkeit.

Die Infektion mit einem Dengue-Serotyp schützt aber nicht vor einer neuerlichen Erkrankung mit einem anderen Typ. Die Zweiterkrankung verläuft häufig schwerer als die Ersterkrankung und kann über das hämorrhagische Schock-Syndrom zum Tode führen. Gegen den Serotyp der Infektion kommt es zur Induktion spezifischer neutralisierender Antikörper mit einer lebenslangen Immunität.

In Malaysia wurden in einer retrospektiven Studie in 2 Jahren (2013/2014) 322 Todesfälle, meist wegen Dengue-assoziertem Schock (70%) und großen inneren Blutungen (30%), registriert. Die Todesfälle traten in der Regel zwischen Tag 1 und 3 nach Aufnahme auf. Etwas mehr als 2/3 betrafen Erwachsene (Durchschnittsarter 40 Jahre), die Hälfte Frauen. Die Diagnose wurde nur bei einem Drittel (34%) gleich bei der Einweisung gestellt. Über die Hälfte litt an einer Beteiligung mehrerer Organe. (9) 2016 May 20;10(5):e0004575. doi: 10.1371/journal.pntd.0004575.

Diagnostik

Hohes Fieber und grippale Symptome bei Reisenden aus den Tropen und Subtropen sollten immer an die Möglichkeit eines Denguefiebers denken lassen. Treten kleinste Blutpunkte auf der Haut (Petechien) und sonstigen Blutungen auf, so ist der Verdacht hoch. Malaria ist immer auszuschließen. Andere Virusinfektionen sind ebenfalls zu bedenken (z. B. Marburg-Virus, Chikungunya).

In den betroffenen Ländern mit der höchsten Ausbreitung (Brasilien, Karibik, Thailand, Malaysia und angrenzenden Ländern) sind andere Infektionserkrankungen abzugrenzen. Dazu gehören in Puerto Rico beispielsweise die Leptospirose und Chikungunya. (10) 2015 Jun;34(2):65-70.

Die Diagnosestellung einer Dengue-Infektion ist alleine aufgrund des klinischen Bildes schwierig.

  • Entscheidend ist die PCR. (11) 2017 Apr 24;12(4):e0176233. doi: 10.1371/journal.pone.0176233. Die Krankheit wird durch Nachweis des NS1-Antigens bzw. den Virusnachweis im Blut per PCR bestätigt.
  • Die Bildung von Antikörpern gegen das Dengue-Virus kann auf die Krankheit hinweisen, ist jedoch für die Akutdiagnostik nicht von Bedeutung, da die Antikörperbildung erst nach 10 – 14 Tagen einsetzt, das Risiko einer Dengue-assoziierten tötlichen Komplikation (Schock, innere Blutung) in den ersten 3 Tagen am höchsten ist. (12) 2016 May 20;10(5):e0004575. doi: 10.1371/journal.pntd.0004575.

Bei den klinischen Erscheinungsbildern ist zu bedenken, dass über die Aedes-Mücken auch eine Koinfektion mit Chikungunya-Fieber stattfinden kann (13)RKI-Bulletin 2009, so dass es sinnvoll ist, auf beide Viren zu testen.

Der Nachweis einer Dengue-Infektion ist meldepflichtig.

Therapie

Eine spezifische Therapie des Dengue-Fiebers gibt es nicht. Die Behandlung erstreckt sich auf symptomatische Maßnahmen. Fiebersenkung, Behandlung der Kopf- und Gliederschmerzen. Bei schwerem Verlauf Einweisung in eine Klinik zur Schockbekämpfung, Behandlung von Blutungen, ggf. Dialyse und künstlichen Beatmung.

Doxycyclin wird in schweren Fällen oft verwendet. (14)J Family Med Prim Care. 2022 Jun;11(6):3270-3275. doi: 10.4103/jfmpc.jfmpc_53_22 Es scheint laut in-vitro-Untersuchungen eine hemmende Wirkung auf die Virusreprlikation auszuüben (15)Arch Virol. 2014 Apr;159(4):711-8 und damit zur Behandlung der ansonsten nicht ursächlich behandelbaren schweren Verläufe in Frage kommen zu können. Untersuchungen zur Wirksamkeit von Doxycyclin-Derivaten sind vielversprechend. (16)Trop Biomed. 2013 Dec;30(4):681-90

Auch Antimalariamittel mit Chinolinstruktur (wie Primaquin und Chloroquin) sind gegen Flaviviren wirksam; speziell Amodiaquin wird als vielversprechendes Medikament angesehen. (17)Antiviral Res. 2014 Jun;106:125-34. doi: 10.1016/j.antiviral.2014.03.014

Vorbeugung

Die Maßnahmen beschränkten sich bisher hauptsächlich auf die Vorbeugung von Mückenstichen (Repellents, Moskitonetze). Eine wesentliche Maßnahme besteht in der Bekämpfung der Mückenausbreitung durch Beseitigung kleiner Wasseransammlungen nahe und in Wohngebieten (Pfützen, unkontrollierte und nicht abgedeckte Wasserbehälter etc.). Zudem werden biologische Maßnahmen zur Bekämpfung eingesetzt.

Die derzeitige Entwicklung von Impfstoffen berücksichtigt, dass sie vor jedem der 4 virulenten Typ des Dengue-Virus schützen muss. (18)Annu Rev Immunol. 2011;29:587-619 Inzwischen ist für einen Impfstoff (CYD-TDV Dengue-Vaccine) durch eine Studie in 5 lateinamerikanischen Ländern der Nachweis erbracht worden, dass er Kinder innerhalb der 25-monatigen Nachbeobachtung wirksam vor einer Infektion mit den Dengue-Serotypen 1 bis 4 schützt bzw. ihren Verlauf mildert. (19)N Engl J Med. 2015 Jan 8;372(2):113-23

Der Impfstoff TAK-003 (ein attenuierter tetravalenter Dengue-Lebendimpfstoff) hat sich in Asien und Latein-Amerika bei Kindern im Alter von 4-16 Jahren als wirksam gegen symptomatisches Dengue-Fieber herausgestellt. (20)Lancet. 2020 May 2;395(10234):1423-1433. DOI: 10.1016/S0140-6736(20)30414-1


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Verweise

Literatur

  1. ? FEMS Immunol Med Microbiol. 2006 Jul;47(2):155-66
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Literatur

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