Cytochrom P450

Artikel aktualisiert am 13. April 2023

Das Cytochrom P450 (CYP) gehört zu einem System miteinander verwandter Enzyme in der Leber, das eine zentrale Rolle bei der Medikamenten- oder allgemeiner bei der Fremdstoffentgiftung spielt. Durch Oxigenierung werden vor allem wasserunlösliche (bzw. fettlösliche) Stoffe wasserlöslich und damit über die Nieren ausscheidungsfähig.

Alle CYP-Enzyme enthalten ein Häm und katalysieren unter NADPH und Sauerstoffverbrauch Oxigenierungsprozesse an fettlöslichen Substraten; sie sind Monooxigenasen. Das Häm trägt Eisen und ist ein Pigment. Der Name P450 stammt von der unter CO-Anwesenheit dominierenden Absorptionsbande bei 450 nm dieses Farbstoffteils (des Pigments).


Genetischer Polymorphismus

Viele Cytochrome, die für den Medikamentenstoffwechsel wichtig sind, entfalten eine große genetische Variabilität. Manche Mutationen führen zu stärker aktiven, manche zu schwächer aktiven, manche zu funktionslosen Varianten. Offenbar birgt eine verminderte CYP2D6-Aktivität ein erhöhten Risiko für kardiotoxische Wirkung von trizyklischen Antidepressiva und für Rhythmusstörungen bei der Behandlung mit Antiarrhythmika.

Funktionen

Zu den Aufgaben der Cytochrome gehören die Oxidation ungesättigter Fettsäuren, die Biosynthese von Steroiden (auch der Steroidhormone) und der Metabolismus fettlöslicher Vitamine. In einer ersten Phase (Phase-1-Reaktion) erfolgt eine Hydroxylierung (R-H + NADPH-H + O-O → ROH + NADP + H2O), was Vorbedingung ist für eine Phase-2-Reaktion, bei der an diese Gruppe Seitengruppen angekoppelt werden können (z. B. Konjugation mit Glucuronsäure: Glukuronidierung, entsprechend Sulfatierung oder Acetylierung), die das Gesamtmolekül nun wasserlöslich und damit nierengängig machen. Außerdem können durch Transformation aus inaktiven Substanzen (Prodrugs) medikamentös aktive Metabolite entstehen, oder aus Medikamenten Stoffwechselprodukte, die ebenfalls noch medikamentöse Wirkung entfalten (Beispiel: Desipramin aus Imipramin).

Cytochrome und Arzneimittelstoffwechsel

Unter den Cytochromen gibt es einige, die eine besondere Bedeutung für den Metabolismus der Arzneimittel besitzen, wie CYP1A2, CYP2B6, CYP3A4,CYP2C8, CYP2C9, CYP2C19, CYP2D6 und CYP2E1 (siehe unter Medikamentenstoffwechsel).

Medikamente, die über das gleiche Cytochrom verstoffwechselt werden, können miteinander interferieren. Von den kinetischen und Bindungskonstanten hängt ab, welches bevorzugt und welches verlangsamt metabolisiert wird. Medikamente können zudem ihr zuständiges Cytochrom induzieren. Außerdem gibt es unter den Patienten „Langsammetabolisierer“ mit genetisch veränderten Cytochromen. Damit ist nicht immer voraussehbar, welche Wirkungen und Nebenwirkungen Medikamente ausüben.

Es ist zu berücksichtigen, dass manche Arzneimittel zu einer Enzyminduktion (wie Carbamazepin von CYP3A4), führen. Medikamente, die ebenfalls hierüber verstoffwechselt werden, werden damit beschleunigt abgebaut und wirken geringer.

Andere Medikamente hemmen bestimmte Cytochrome des P450-Systems (wie Itraconazol oder Clarithromycin das CYP3A4), so dass Medikamente, die darüber abgebaut werden, verstärkt und verlängert wirken.

Die Wirkungen nahe verwandter Medikamente kann sehr unterschiedlich sein. Eine Publikation stellt zusammen: Unter den Serotoninwiederaufnahmehemmern (SSRIs) ist Fluvoxamin ein starker CYP1A2- und CYP2C19–Hemmer und ein mäßiger Inhibitor von CYP2C9, CYP2D6 und CYP3A4. Die SSRIs Fluoxetin und Paroxetin sind hemmen CYP2D6 stark, der Fluoxetin-Hauptmetabolit Norfluoxetin übt eine mäßige hemmende Wirkung auf CYP3A4 aus. Sertralin hemmt CYP2D6 mäßig; Citalopram übt nur eine geringe Wirkung auf die wichtigsten CYP-Isoformen aus. (1)Curr Drug Metab. 2002 Feb;3(1):13-37. DOI: 10.2174/1389200023338017

Biologische Substanzen, wie Inhaltsstoffe von Johanniskraut (Hypericum perforatum, St. John’s Wort, SJW), verändern die enzymatische Aktivität erheblich, was Auswirkung auf den Medikamentenstoffwechsel hat. (2)Warnhinweis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte zur Interaktion von … Continue reading. Es induziert Cyp3A4, so dass seine Substrate beschleunigt abgebaut werden und damit vielfach unbeabsichtigt und unvorhersehbar verringert wirken. Zu den Medikamenten, deren Wirkung verringert sein können, zählen Alprazolam, Amitriptylin, Cyclosporin, Digoxin, Fexofenadin, Indinavir, Irinotecan, Methadon, Nevirapin, Simvastatin, Tacrolimus, Theophyllin, Warfarin, Phenprocoumon und orale Kontrazeptiva. (3) Int J Clin Pharmacol Ther. 2004 Mar;42(3):139-48. doi: 10.5414/cpp42139. (4)Br J Pharmacol. 2020 Mar;177(6):1212-1226. DOI: 10.1111/bph.14936

Verweise

Folgende Seite gibt eine differenzierte Zusammenstellung von Arzneimittelinteraktionen (ohne Gewähr): Internetadresse zu Medikamenten-Interaktionen an Cytochromen

Literatur

Literatur
1Curr Drug Metab. 2002 Feb;3(1):13-37. DOI: 10.2174/1389200023338017
2Warnhinweis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte zur Interaktion von Johanniskraut mit Arzneimitteln
3 Int J Clin Pharmacol Ther. 2004 Mar;42(3):139-48. doi: 10.5414/cpp42139.
4Br J Pharmacol. 2020 Mar;177(6):1212-1226. DOI: 10.1111/bph.14936