Chronische Pankreatitis
Die chronische Pankreatitis ist eine dauerhaft anhaltende Entzündung der Bauchspeicheldrüse. Sie verläuft und verschlechtert sich schubweise oder kontinuierlich und mündet in aller Regel in einer Vernarbung mit erheblicher Funktionsminderung.
→ Chronische Pankreatitis – allgemein verständlich
→ Siehe auch Pankreatitis – Neues.
Das Wichtigste
Kurzgefasst |
Eine chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung (chronische Pankreatitis) ist dadurch definiert, dass sie nicht ausheilt, sondern sich kontinuierlich oder schubweise verschlechtert . Mit ihrer Laufzeit erhöht sich das Risiko eines Bauchspeicheldrüsenkrebses (Pankreaskarzinom).
Ursachen: Die häufigste Ursache ist Alkohol vor allem in Kombination mit Rauchen. Aber auch seltenere Ursachen können die Erkrankung auslösen, wie Medikamente oder ein Selbstangriff durch das eigene Immunsystem (autoimmune Pankreatitis). Eine Bauchspeicheldrüsenentzündung durch Gallensteine verläuft dagegen in aller Regel akut und heilt rasch aus; nur in sehr seltenen Fällen resultiert eine chronische Entzündung. Symptome: In vielen Fällen sind schwer beherrschbare dumpfe Bauchschmerzen das Hauptsymptom, in späteren Stadien kommen Verdauungsstörungen mit dünnen und fettigen Stühlen hinzu. Es kommt durch Mangelernährung (aus Angst vor Bauchschmerzen und wegen mangelhafter Verdauung der Nahrung) zu einer Gewichtsabnahme und zu einem Mangel vor allem an fettlöslichen Vitaminen und Spurenelementen mit einer entsprechend großen Vielfalt an zusätzlichen Symptomen. Komplikationen: Folgende Hauptkomplikationen drohen besonders:
Therapie: Die Behandlung richtet sich häufig in erster Linie gegen nicht aushaltbare bohrende Bauchschmerzen. Nicht selten werden sehr starke Schmerzmittel benötigt und Opiate eingesetzt. Alkohol und potentiell schädigende Medikamente (s. u.) sollten absolut vermieden werden. Regelmäßige Untersuchungen mit Laborwerten und bildgebenden Verfahren dienen der frühzeitigen Krebserkennung. Eine narbige Verengung der durch die Bauchspeicheldrüse ziehenden Ausführgänge kann manchmal durch eine Spiegelungsoperation (im Rahmen einer ERCP) behoben werden, manchmal nur durch eine Operation. Relativ oft sind schwere chronische Bauchschmerzen zusammen mit der zunehmenden Gefahr einer bösartigen Entartung zum Bauchspeicheldrüsenkrebs eine Indikation für eine operative Entfernung der Bauchspeicheldrüse (Pankreatektomie). → Eine allgemein verständliche Darstellung der chronischen Pankreatitis: siehe hier. |
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Auslösung und Entstehung
Auslösende und unterhaltende Faktoren einer chronischen Pankreatitis sind
- Alkohol (bei weitem die häufigste Ursache), siehe unter Alkoholpankreatitis,
- Medikamente (wie Glukokortikoide, Thiazid-Diuretika, Diazoxid),
- Hyperkalzämie bei Hyperparathyreoidismus,
- Pankreasgangeinengung durch Narbenbildungen, Trauma, Pankreas divisum,
- Mukoviszidose (zystische Fibrose).
Daneben gibt es seltene Formen:
- die genetisch bedingte Pankreatitis, bei denen eine Mutation des kationischen Trypsins eine Rolle spielt, die zu einer frühzeitigen Aktivierung im Pankreas und/oder einer gestörten Inaktivierung führt, und
- die Autoimmunpankreatitis.
Das exokrine Pankreas hat eine hohe funktionelle Überkapazität, so dass sich eine exokrine Insuffizienz (eine Schwäche der Bildung von Verdauungsenzymen) erst bei Unterschreitung der sekretorischen Leistung unter 10% ergibt. Die endokrine Kapazität (Kapazität zur Bildung von Hormonen) der Insulinproduktion überschreitet in ähnlichem Maße die üblichen täglichen Anforderungen.
Genetische Bereitschaft
Es gibt eine Bereitschaft zur Entwicklung einer Pankreatitis, die genetisch bedingt ist. Dazu zählen die familiären und hereditären Formen, und auch eine Form der Alkohol induzierten Pankreatitis, bei der bereits ein geringer Alkoholkonsum eine Pankreatitis auslöst. Sie ist mit einer Variante des CLDN2-Gens assoziiert, die testbar ist.
→ Mehr zu den genetischen Grundlagen einer Pankreatitisbereitschaft siehe hier.
Alkohol
Bei der alkoholbedingten Pankreatitis spielen offenbar mehrere Faktoren eine Rolle.
- Obstruktionshypothese: Proteinausgüsse im Pankreasgang führen zum Sekretstau.
- Toxisch-metabolische Hypothese: Alkohol schädigt die Azini (Bildungsorte der Pankreasenzyme) durch die toxische Wirkung von Stoffwechselprodukten (Azetaldehyd und freie Radikale).
- Nekrose-Fibrose-Hypothese: Die Zellnekrose in den Azini führt zu einer Entzündung mit der Folge von Fibrosierungsprozessen (Vernarbungen). Dabei spielen möglicherweise autoimmunologische Vorgänge eine Rolle (ähnlich wie bei der alkoholischen Hepatitis).
Bei einem Teil der Patienten mit chronischer Alkoholpankreatitis findet sich eine CFTR-Mutation (>13%) und eine Mutation des 5T-Allels im Intron 8 (>10%) und damit eine Verbindung zur Mukoviszidose, die jedoch in der Regel klinisch nicht vorliegt.
Bei vielen Patienten mit Alkoholpankreatitis findet sich eine Variante des CLDN2-Gens, die bereits bei nur geringen Alkoholmengen zu einer Pankreatitis prädisponiert (siehe hier).
→ Mehr dazu unter Alkoholpankreatitis.
Antibakterielle Wirkung des Pankreassafts
Sie ist bei chronischer Pankreatitis herabgesetzt.
Spezielle Formen der chronischen Pankreatitis
Hereditäre Pankreatitis
Die Hauptform der hereditären (erblichen, genetisch bedingten) Pankreatitis wird autosomal dominant vererbt. Sie beginnt in der Kindheit und schreitet zur chronischen, kalzifizierenden Pankreatitis mit erhöhtem Karzinomrisiko fort.
Im Zentrum der Pathogenese stehen Punktmutationen von Trypsinogen/Trypsin (auf dem langen Arm von Chromosom 7), die zu einer Veränderung der Aktivierung oder des Abbaus von Trypsin führen.
Auch eine Mutation des Trypsininhibitors SPINK1 (Serinproteaseinhibitor Kazal Typ 1, auch bekannt als Pankreassekretorischer Trypsininhibitor (PSTI) oder tumorassoziierter Trypsininhibitor (TATI), verwandt mit EGF-Wachstumsfaktoren) kann für eine hereditäre Pankreatitis verantwortlich sein. SPINK 1 findet sich nicht nur in der Bauchspeicheldrüse, sondern auch in Leber, Lungen, Nieren, Prostata, Brustdrüsen und Ovarien. Auch in diesen Organen kann eine Mutation Krebs befördern. 1)BMB Rep. 2018 Dec;51(12):648-653. 2)Oncotarget. 2015 Nov 3;6(34):35737-54. doi: 10.18632/oncotarget.5927. 3)Clin Chem. 2016 Mar;62(3):449-57. doi: 10.1373/clinchem.2015.241513.
→ Mehr zur hereditären Pankreatitis siehe hier.
Rezidivierende akute Pankreatitiden
(z. B. nach rezidivierenden Gallensteinabgängen) können möglicherweise zur Chronifizierung führen.
Autoimmunpankreatitis
Bei 2% der chronischen Pankreatitiden ist eine autoimmune Genese zu diskutieren. Bei der Autoimmunpankreatitis finden sich häufig Antikörper gegen Carboanhydrase-I und -II.
→ Mehr zur Autoimmunpankreatitis.
Entstehung der Schmerzen bei Pankreatitis
Das durch eine chronische Pankreatitis ausgelöste Schmerzsyndrom ist wahrscheinlich multifaktoriell bedingt. Beteiligt sind: Verschwellung mit Druckerhöhung im Gewebe, Druckerhöhung im Pankreasgangsystem, Vernarbungen um die Nerven im Pankreasbereich, Sklerosierungen der Pankreasgefäße, Choledochusstenose. Heute stellt man eine Beeinflussung der Pankreasnerven durch die Entzündungsvorgänge in den Vordergrund der Diskussion.
→ Mehr zu Bauchschmerzen und Magenschmerzen.
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Literatur
⇧1 | BMB Rep. 2018 Dec;51(12):648-653. |
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⇧2 | Oncotarget. 2015 Nov 3;6(34):35737-54. doi: 10.18632/oncotarget.5927. |
⇧3 | Clin Chem. 2016 Mar;62(3):449-57. doi: 10.1373/clinchem.2015.241513. |