Alpha-Liponsäure

Artikel aktualisiert am 3. Februar 2021

Alpha-Liponsäure (Thioctacid®) (engl.: alpha lipoic acid, LA) Alpha-Liponsäure wird zur Behandlung diabetischer Spätkomplikationen verwendet. Es hat ausgeprägt antioxidative Eigenschaften. Es ist ein Derivat der Oktansäure und kommt natürlicherweise in Pflanzen und Tieren weit verbreitet vor. Sie spielt als Coenzym im mitochondrialen Stoffwechsel eine Rolle. Ihre ausgeprägte antioxidative Potenz begründet ihre Verwendung zur Vorbeugung von Komplikationen beim Diabetes mellitus, der Hypertonie und von Leberkrankheiten.


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Herkunft

Alpha-Liponsäure wird in körpereigenen Mitochondrien synthetisiert. Eine zusätzliche Quelle sind Nahrungsmittel, insbesondere Fleisch und Innereien (Leber, Herz, Niere) und zudem Nahrungsergänzungsmittel. (1)Biochim Biophys Acta. 2009 Oct;1790(10):1149-60

Aufnahme, Verteilung und Ausscheidung

Nach der Aufnahme über den Darm wird sie rasch aus dem Blut geklärt, einerseits ins Gewebe, andererseits über die Nieren. Ob Alpha-Liponsäure die Blut-Hirn-Schranke überwindet und im Gehirn akkumuliert, ist umstritten. Der Abbau im Gewebe erfolgt zu Dihydro-Liponsäure (DHLA). (2)Exp Gerontol. 2002;37:803–11 (3)Brain Res. 2009 Jan 28; 1251:80-6

Wirkungen

Alpha-Liponsäure wirkt als Coenzym für die mitochondriale Alpha-Ketosäure-Dehydrogenase. Ihre Wirkung ist außerordentlich vielfältig: sie induziert zelluläre Signalwege (Stimulation der Nrf2-abhängigen Gentranskription durch Hemmung der NF-kB-Aktivität), wirkt immunmodulatorisch, senkt den Blutdruck, senkt den Triglyceridspiegel, erweitert Blutgefäße, komplexiert verschiedene Metalle (auch sein Stoffwechselprodukt DHLA) und beeinflusst kognitive Funktionen des Gehirns. (4)Expert Opin Drug Deliv. 2016 Dec;13(12):1695-1708. doi: 10.1080/17425247.2016.1200556. Epub 2016 … Continue reading Unklar ist weitgehend, auf welchen pathogenetischen Wegen diese Wirkungen erzielt werden.

LA wirkt als Antoxidans

Die Wirkung von Alpha-Liponsäure als Antioxidans wurde in vitro an Zellkulturen festgestellt; ob sie auch in vivo existiert, ist umstritten. Jedoch scheint LA indirekt den antioxidativen Status der Zellen zu fördern. So erhöht sie bei Ratten den Ascorbinsäuregehalt der Leberzellen (5)FASEB J. 1998 Sep; 12(12):1183-9 und reduziert den oxidativen Stress in der Herzmuskulatur (6)FASEB J. 2001 Mar; 15(3):700-6. In menschlichen Zellinien erhöht LA den intrazellulären Gehalt an Glutathion, was ihren Redoxstatus wesentlich beeinflusst (7)Biofactors. 1997; 6(3):321-38.

Effekt auf die Glukoseaufnahme

Alpha-Liponsäure verbessert die Glukoseaufnahme, jedoch gegenüber der Wirkung von Insulin deutlich verzögert; die maximale Wirkung von Insulin wird nach 30 Minuten erreicht, der von LA nach 1 Stunde (8)Diabetologia. 2000 Mar; 43(3):294-30. Begründet wird dies durch einen indirekten Einfluss auf die Glukoseaufnahme (9)Diabetes. 1996 Dec; 45(12):1798-804. Bei Menschen senkt Alpha-Liponsäure sowohl den Nüchtern-Blutzucker als auch die periphere Insulinresistenz. (10)Saudi Med J. 2011 Jun;32(6):584-8

Effekt bei diabetischer Polypneuropathie

Alpha-Liponsäure bewirkte in mehreren Studien eine Verbesserung der diabetischen Polyneuropathie (11)Diabet Med. 2004 Feb; 21(2):114-21, wobei die intravenöse Applikation wirkungsvoller war. In einer Studie wurde kein Effekt bei oraler Applikation gesehen (12)Diabetes Care. 1999 Aug; 22(8):1296-301. Wieder andere Ergebnisse belegen eine orale Wirksamkeit. (13)Diabetes Care. 2006 Nov; 29(11):2365-70

Antihypertensiver Effekt

Alpha-Liponsäure senkt oder verhindert eine Hypertonie in verschiedenen tierexperimentellen Modellen (Auslösung z. B. durch Salzzufuhr oder Cyclosporin). (14)J Hypertens. 2006 May; 24(5):947-56 Auch beim Menschen wird ein gewisser Blutdruck senkender Effekt festgestellt. (15)J Clin Hypertens (Greenwich). 2007 Apr; 9(4):249-55

Entzündungshemmender Effekt

Alpha-Liponsäure unterdrückt in Tierversuchen die Induktion einer Arthritis (16)Rheumatol Int. 2007 Jan; 27(3):225-33, einer autoimmunen Enzephalomyelitis (17)J Neuroimmunol. 2004 Mar; 148(1-2):146-53 sowie einer Entzündung der Luftwege (18)J Allergy Clin Immunol. 2004 Aug; 114(2):429-35. Beim Menschen gibt es bisher kaum Untersuchungen zum entzündungshemmenden Effekt von LA.

Antitumoröser Effekt

LA hemmt das Wachstum von Lungenkrebs in vivo (Tierexperimente) sowie die Vitalität (Lebensfähigkeit) von Zellen eines Lungentumors in vitro. Dies erfolgt über eine Hemmung der Rapamycin-vermittelten Autophagie. Die Autophagie nimmt in den Tumorzellen überhand, wenn die Apoptose (programmierter Zelltod) gehemmt ist. Sie fördert sie ihre Regeneration und ihr Überleben. Eine Hemmung der Autophagie dagegen fördert die Anfälligkeit der Tumorzellen und die Aktivierung von natürlichen Killerzellen, durch die die Tumorzellen abgetötet werden. Die Hemmung der Autophagie durch LA führt also zu einer Aktivierung des körpereigenen Abwehrsystems gegen die nicht-kleinzelligen Lungentumorzellen. (19)FEBS Open Bio. 2020 Apr;10(4):607-618. DOI: 10.1002/2211-5463.12820. Epub 2020 Mar 18. PMID: … Continue reading

Effekte in der Gynäkologie und Geburtshilfe

Alpha-Liponsäure wird als sehr hilfreich bei der Verhinderung von Fehlgeburten und Frühgeburten angesehen. Seine Verwendung während der Schwangerschaft gilt als sicher. (20)Eur Rev Med Pharmacol Sci. 2017 Sep;21(18):4219-4227. PMID: 29028075. LA wirkt resorptionsfördernd auf subchorionische Hämatome und kann zusammen mit Progesteron vor einer größeren Plazentaablösung schützen. (21)Eur Rev Med Pharmacol Sci. 2015 Sep;19(18):3426-32. PMID: 26439038. Beobachtungen besagen, dass eine Langzeitbehandlung des polyzystischen Ovars mit Myoinositol plus Alpha-Liponsäure einen günstigen Effekt auf den Verlauf ausübt. (22)Gynecol Endocrinol. 2020 Feb;36(2):152-155. doi: 10.1080/09513590.2019.1640673. Epub 2019 Jul 18. … Continue reading

Nebenwirkungen

Nebenwirkungen in Form beginnender Erhöhung von Transaminasen treten erst bei sehr hohen Dosen auf, bei Ratten erst ab etwa 60 mg/kg (23)Regul Toxicol Pharmacol. 2006 Oct; 46(1):29-41. Bei Dosen von 100 mg/kg Körpergewicht wurden bei Ratten nach intraperitonealer Applikation oxidative Schäden an Eiweißmolekülen in Herz und Gehirn festgestellt. (24)Cell Biochem Funct. 2006 Jan-Feb; 24(1):79-85 (25)Arch Gerontol Geriatr. 2005 May-Jun; 40(3):231-40

Beim Menschen wurden in Studien bei Dosen bis 2400 mg LA/Tag keine wesentlichen Nebenwirkungen gefunden. (26)Diabetologia. 1995 Dec; 38(12):1425-33


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Verweise

 

 


Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).


 


Literatur

Literatur
1Biochim Biophys Acta. 2009 Oct;1790(10):1149-60
2Exp Gerontol. 2002;37:803–11
3Brain Res. 2009 Jan 28; 1251:80-6
4Expert Opin Drug Deliv. 2016 Dec;13(12):1695-1708. doi: 10.1080/17425247.2016.1200556. Epub 2016 Jun 24. PMID: 27292272.
5FASEB J. 1998 Sep; 12(12):1183-9
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20Eur Rev Med Pharmacol Sci. 2017 Sep;21(18):4219-4227. PMID: 29028075.
21Eur Rev Med Pharmacol Sci. 2015 Sep;19(18):3426-32. PMID: 26439038.
22Gynecol Endocrinol. 2020 Feb;36(2):152-155. doi: 10.1080/09513590.2019.1640673. Epub 2019 Jul 18. PMID: 31317814.
23Regul Toxicol Pharmacol. 2006 Oct; 46(1):29-41
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26Diabetologia. 1995 Dec; 38(12):1425-33