Glomerulonephritis

Artikel aktualisiert am 30. August 2023

Glomerulonephritis (Gn) bedeutet Entzündung der Nieren (Nephritis) unter zentraler Einbeziehung der Nierenkörperchen (Glomerula).

Da die Glomerula der Nieren für die Filtration des Bluts und die Bildung des Primärharns zuständig sind, kann eine Glomerulonephritis zu einer Einschränkung der glomerulären Filtrationsleistung und bei stärkerer Ausprägung zu einer Einschränkung der Urinmenge und damit zu einer Niereninsuffizienz führen. Es kommt zu einer gestörten Permeabilität gegenüber Bluteiweißen und Erythrozyten und damit zur Mikro- oder Makrohämaturie und zur Ausscheidung mehr oder weniger großer Eiweißmengen (Proteinurie), die bei Überschreitung der Kapazität des Körpers zur Nachproduktion zu einem Albumin- und generellen Proteinmangel im Blut (Hypalbuminämie, Hypoproteinämie) und damit zu einem nephrotischen Syndrom führen kann. Oft kommt es zu Bluthochdruck (Hypertonie).

Eine akute Entzündung kann rasch zur Niereninsuffizienz und Dialysepflichtigkeit führen, eine chronische zu einem langsam progredienten Verlauf, der ebenfalls in eine terminale Niereninsuffizienz mündet und zur Dialyse führt.

Zur Anatomie und Funktion der Nieren siehe hier.


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Einteilung

Die Einteilung der Glomerulonephritiden erfolgt

  • nach ihrer Pathologie:
    • Minmal-Change-Gn: lichmikroskopisch keine diagnoseweisenden Veränderungen oder nur uncharakteristische Minimalläsionen, große Proteinurie. Ursache ungeklärt, gelegentlich als Komplikation von Medikamenten (z. B. NSAR, Antibiotika, d-Penicillamin) von Heroin, einer HIV-Infektion oder einer Tumorkrankheit (z. B. Morbus Hodgkin, Non-Hodgkin-Lymphom), klinisch meist langsamere oder nur mäßig rasche Progredienz,
    • mesangioproliferative Gn: Assoziation mit Spätstadien einer postinfektiösen Gn, systemischem Lupus erythematodes, IgA-Nephropathie (z. B. bei Leberzirrhose, Coeliakie, Purpura Schönlein Henoch, und HIV-Infektion), Kryoglobulinämie, rheumatische Krankheiten, klinisch meist langsamere oder nur mäßig rasche Progredienz,
    • membranöse Gn: charakterisiert durch Immunkomplexablagerungen unter dem Epithel der Glomerula ohne wesentliche entzündliche zelluläre Reaktionen, klinisch meist langsamere oder nur mäßig rasche Progredienz, meist als Komplikation
    • membranoproliferative Gn: charakterisiert durch Immunkomplexablagerungen vielfach unter Verbrauch von Komplementfaktoren (diagnostisch bedeutsam z. B. Verminderung von C3, C4, C5), klinisch oft rasch progredienter Verlauf, assoziiert mit
    • fokal segmental nekrotisierende Gn: charakterisiert durch nekrotisierende Entzündung einzelner Schlingen in einzelnen Glomerula mit Bildung von großen Defekten in der Kappillarwandung mit sich dort reaktiv bildenden extrakapillären Proliferationen (histologisch „Halbmonde“), klinisch rasch fortschreitende Niereninsuffizienz („rapid progressive Glomerulonephritis“, RPGN), diagnoseweisend die bei der RPGN oft aber nicht immer positiven ANCA (beim Morbus Wegener und anderen ANCA-positiven Vaskulitiden).
  • nach ihrem Verlauf:
    • Akute Glomerulonephritis, sie kann ausheilen (oft bei parainfektiöser Gn) oder in einen chronischen Verlauf übergehen; sie ist selten der Beginn einer rapid-progressiven Gn. Daher rasche Diagnostik!
    • Chronische Glomerulonephritis, Verlauf über Jahre mit allmählicher Verschlechterung bis hin zur terminalen Niereninsuffizienz und Dialysepflichtigkeit,
    • Rapid progressive Glomerulonephritis (RPGN), verschiedene Typen:
      • Gn mit Antibasalmembran-Antikörpern
      • Immunkomplex-Gn (mit Komplementverbrauch)
      • Pauci-Immun-Gn (fokal nekrotisierende Gn)

Ätiologie

Diagnostik

  • Laboruntersuchungen:
    • Urinuntersuchung: Ein erster deutlicher Hinweis auf eine Glomerulonephritis ergibt sich aus dem Nachweis von Protein und Erythrozyten im Urin (Proteinurie und Erythrozyturie). Die Erythrozyten sind unter dem Mikroskop durch Konzentrationsvorgänge in den Tubuli verformt (dysmorphe Erythrozyten), was sie bei Herkunft aus dem ableitenden Harnsystem nicht sind.
    • Kreatinin und Kreatinin-Clearance: sie können (aber müssen nicht) frühzeitig pathologische Werte zeigen.
    • Ätiologische Diagnostik: BSG, Antistreptokokken-Antikörper (AST), Rheumafaktor, AMA, ANCA, Komplemente C3 und C4.
  • Sonographie: eine akute Glomerulonephritis weist eine vergrößerte Niere mit einem verdickten und ödematösen Parenchym auf; oft ist das Nierenparenchym hyperechogen.
  • Nierenbiopsie und Histologie: Die Histologie bestätigt die Diagnose und gibt Hinweise auf die Progredienz (Art der Entzündung und entzündliche Aktivität).

Therapie

Die Behandlung einer Glomerulonephritis richtet sich nach der Ursache.

  • Bei parainfektiöser Genese ist eine Therapie der Grundkrankheit meist ausreichend; die Nierenerkrankung bessert sich in der Regel mit ihr. Das gilt i.d.R. auch für die Hepatitis-assoziierte Glomerulonephritis. Engmaschige Kontrollen der Nierenwerte sind erforderlich.
  • Bei einer autoimmunen Genese wird die Grundkrankheit in der Regel durch Immunsuppression behandelt.
  • Bei paraneoplastischer Genese stehen Diagnostik und Therapie der Tumorerkrankung im Vordergrund.

Als Basisbehandlung gilt in jedem Fall eine ausreichend hohe Flüssigkeitszufuhr (unter Berücksichtigung der Herzleistungsfähigkeit! Häufig besteht gleichzeitig eine Herzinsuffizienz, bei der eine Flüssigkeitsrestriktion erforderlich ist). Bei terminaler Niereninsuffizienz kommen Nierenersatzverfahren zur Anwendung.
Der Blutdruck bei der oft begleitenden Hypertonie muss medikamentöse gut eingestellt werden (z. B. durch ACE-Hemmer und Diuretika).

Eine Hypalbuminämie bzw. Hypoproteinämie bei nephrotischem Syndrom bedarf einer Eiweiß-reichen Kost und ggf. wiederholten Albumin-Infusionen.

Verweise