Gallenkolik

Artikel aktualisiert am 28. Dezember 2022

Eine Gallenkolik ist durch plötzlich eintretende, aber selbst nach einigen Minuten vorübergehende heftigste Schmerzen unter dem rechten Rippenbogen charakterisiert, die manchmal zirkulär in den Rücken, in das rechte Schulterblatt oder zur rechten Schulter ausstrahlen. Die Dauer beträgt etwa 15-30 Minuten; der Schmerz klingt meist spontan ab. Während der Schmerzen ist der Bauch weich eindrückbar. Koliken „kommen und gehen“. Wenn sie nicht wiederkommen, ist wahrscheinlich ein Konkrement abgegangen. Insofern verhalten sich Gallenkoliken wie Nieren- oder Harnleiterkoliken. (1)JAMA. 2018 Oct 16;320(15):1612. DOI: 10.1001/jama.2018.11868. PMID: 30326127.


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Ursache

Kolikartige Beschwerden sind ein klinisches Zeichen für einen eingeklemmten Gallenstein. Die Einklemmung erfolgt durch eine muskuläre Verkrampfung des Gallengangs oder der Schließmuskels der Papilla Vateri (Mündung des Gallengangs in den Zwölffingerdarm) um den Stein. Die Krämpfe „kommen und gehen“. Wenn krampflösende Mittel helfen, dann unterstützt dies die Annahme einer Kolik als Ursache der Schmerzen. Gelegentlich lässt sich eruieren, dass anschließend der Urin etwas dunkler als normal und der nächste Stuhl heller gewesen ist, was für einen vorübergehenden Gallestau (obstruktive Cholestase) spricht.  Bleibt der Verschluss bestehen, kommt es zu einer Gelbsucht (Verschlussikterus). Gallensteine entstehen meist in der Gallenblase; damit kommen Koliken in der Regel durch kleine und kleinste Konkremente (Mikrokonkremente) zustande, die von dort „auf Reisen gegangen“ sind.

Auslöser

Auslöser von Gallenkoliken sind häufig fetthaltige Speisen, bei denen die Galleproduktion, eine Kontraktion der Gallenblase und melkartige Kontraktionen der Gallenwegsmuskulatur angeregt werden.

Das Gallensteinrisiko und damit auch das Risiko einer Gallenkolik ist besonders bei Frauen, Schwangeren, Übergewichtigen und während einer Gewichtsabnahme erhöht.

Komplikationen einer Gallenkolik

In der Folge einer Gallenkolik kommt es gelegentlich zu folgenden Komplikationen:

Bei diesen Komplikationen geht der kolikartige in einen kontinuierlichen Entzündungsschmerz über. Schmerzen, die über eine halbe Stunde anhalten, sind verdächtig auf solch eine Komplikation. Bei einer bakteriellen Cholangitis treten Fieber und Schüttelfröste auf. Bei einer biliären Pankreatitis breiten sich die Schmerzen von rechts und mittig nach mittig und links aus. In diesen Fällen helfen krampflösende Medikamente (Spasmolytika) nicht mehr.

Diagnostik

Gallensteine im D. choledochus (ERCP)
ERCP: Nachweis von multiplen große und kleineren Gallensteinen in der Gallenblase sowie von Konkrementen im Gallengang (Ductus choledochus). Hier wird eine Papillotomie zur Steinextraktion durchgeführt. Dies ist die Vorbereitung auf eine laparoskopische Gallenblasenentfernung, so dass während der Operation nicht die auch noch schwierige Steinentfernung aus dem tief liegenden Gallengang durchgeführt werden muss.

Wenn heftigste Schmerzen im rechten bis mittleren Oberbauch auftreten, die kommen und gehen, kann mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer Gallenkolik ausgegangen werden. Folgende Untersuchungen können die Diagnose sichern:

  • Sonographie: Nachweis einer Cholezystolithiasis (Gallenstein in der Gallenblase) oder Choledocholithiasis (Gallenstein im gemeinsamen Gallengang),
  • MRCP: Diese Methode einer Magnetresonanztomographie wird eingesetzt, wenn die Sonographie keine eindeutigen Aussagen zulässt. Sie ist meist deutlich detailreicher.
  • Wenn Gallensteine nicht nachweisbar sind, kommen Mikrolithe (kristalline Kleinstkonkremente) als Auslöser der Kolik in Betracht. Sie können oft durch eine Endosonographie am besten nachgewiesen werden.
  • Die ERCP ist heute nicht die erste Wahl der Diagnostik. Sie wird eingesetzt, wenn ein Gallenstein nachgewiesen worden ist und nun eine Steinentfernung über eine ERCP erfolgen soll.

Therapie

Koliken sistieren von selbst; wenn rechtzeitig zu Beginn intravenös Spasmolytika gegeben werden können, so können sie die Schmerzen abkürzen. Ansonsten ist das Steinleiden therapeutisch anzugehen (siehe hier).

  • Medikamentös: Spasmolytika oder Analgetika (außer Morphinen) als Sofortmaßnahme; NSAR können die Progression zu einer Cholangitis verhindern.
  • Behandlung einer nachweisbaren Choledocholithiasis durch ERCP mit Papillotomie und Steinextraktion. Diese Prozedur kommt auch in Frage, wenn ursächlich eine Mikrolithiasis angenommen werden muss.
  • Eine Cholezystektomie (operative Entfernung der Gallenblase, meist laparoskopisch) entfernt den Ort der Gallensteinentstehung und stellt die beste Vorbeugung dar.

Schmerzen, die nicht innerhalb einer halben Stunde verschwinden oder mit Fieber und/oder Gelbsucht einhergehen, sollten klinisch umgehend auf andere Ursachen und Komplikationen hin untersucht werden.

Gallenblasenoperation

  • Eine laparoskopische  Cholezystektomie innerhalb von 24 Stunden nach einer biliären Kolik senkt nach einer Studie das Risiko einer Komplikation während der Wartezeit, die Konversionsrate zu einer offenen Cholezystektomie und die stationäre Aufenthaltsdauer. (2)Cochrane Database Syst Rev. 2008 Oct 8;(4):CD007196. DOI: 10.1002/14651858.CD007196.pub2. Update … Continue reading
  • Auch bei einer milden Pankreatitis ist eine frühe Gallenblasenoperation deutlich günstiger als eine verzögerte. (3)Cochrane Database Syst Rev. 2013 Sep 2;(9):CD010326. DOI: 10.1002/14651858.CD010326.pub2. PMID: … Continue reading (4)World J Surg. 2022 Jun;46(6):1359-1375. DOI: 10.1007/s00268-022-06501-4
  • Bei einer beginnenden akuten Cholezystitis ist eine laparoskopische Gallenblasenentfernung innerhalb der ersten 3 Tage nicht mit einem erhöhten Komplikationsrisiko verbunden und kann die Zeit des stationären Krankenhausaufenthalts verkürzen. (5)Surg Endosc. 2019 Aug;33(8):2495-2502. DOI: 10.1007/s00464-018-6537-x  (6)Cochrane Database Syst Rev. 2013 Jun 30;(6):CD005440. DOI: 10.1002/14651858.CD005440.pub3. PMID: … Continue reading  (7)Cureus. 2022 Aug 29;14(8):e28548. DOI: 10.7759/cureus.28548 Eine dringlich durchgeführte laparoskopische Cholecystektomie ist statistisch nicht mit einem schlechteren Verlauf als eine geplante Operation verbunden. (8)Surg Endosc. 2022 Sep 13:1–6. doi: 10.1007/s00464-022-09591-2

Verweise



Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).


Literatur

Literatur
1JAMA. 2018 Oct 16;320(15):1612. DOI: 10.1001/jama.2018.11868. PMID: 30326127.
2Cochrane Database Syst Rev. 2008 Oct 8;(4):CD007196. DOI: 10.1002/14651858.CD007196.pub2. Update in: Cochrane Database Syst Rev. 2013;6:CD007196. PMID: 18843746.
3Cochrane Database Syst Rev. 2013 Sep 2;(9):CD010326. DOI: 10.1002/14651858.CD010326.pub2. PMID: 23996398.
4World J Surg. 2022 Jun;46(6):1359-1375. DOI: 10.1007/s00268-022-06501-4
5Surg Endosc. 2019 Aug;33(8):2495-2502. DOI: 10.1007/s00464-018-6537-x
6Cochrane Database Syst Rev. 2013 Jun 30;(6):CD005440. DOI: 10.1002/14651858.CD005440.pub3. PMID: 23813477.
7Cureus. 2022 Aug 29;14(8):e28548. DOI: 10.7759/cureus.28548
8Surg Endosc. 2022 Sep 13:1–6. doi: 10.1007/s00464-022-09591-2