Urinuntersuchung

Artikel aktualisiert am 17. Juni 2019

Die Urinuntersuchung erlaubt Rückschlüsse auf Erkrankungen des Harntrakts und der Nieren sowie auch mancher Stoffwechselkrankheiten, wie dem Diabetes oder der Gicht.


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Makroskopie

Die Urinuntersuchung beginnt bei der makroskopischen Betrachtung. Es werden Farbe und Trübung des Urins beurteilt.

  • Sehr heller Urin spricht für ein geringes spezifisches Gewicht.
  • Dunkler Urin spricht für hoch gestellten Urin bei geringer Urinproduktion, was auf einen Flüssigkeitsmangel des Körpers schließen lässt. Auch können Pflanzenfarbstoffe und Medikamente den Urin dunkel verfärben.
  • Roter Urin kann durch Blut (Hämaturie), rote Pflanzenfarbstoffe, Medikamente oder Porphyrine bedingt sein.
  • Blutiger Urin bedeutet Makrohämaturie; die Ursache der Blutbeimischung kann im gesamten Urogenitalsystem liegen.
  • Trüber Urin kann durch Urinkristalle und auch durch eine Harnwegsinfektion entstehen.
  • Gelblich-trüber Urin weist auf eine Pyurie (eitriger Urin) und tritt bei einem massiven bakteriellen Infekt der Harnwege auf.

Urinteststreifen

Die einfachte Möglichkeit einer Urinuntersuchung ist diejenige durch einen Teststreifen (Stix); der Urinstix erübrigt in der ambulanten und klinischen Medizin oft eine biochemische und mikroskopische Laboruntersuchung. Hierbei werden Plastikstreifen verwendet, auf denen mehrere Testplättchen fixiert sind. Sie werden kurz in frisch gelassenen Urin getunkt und nach definierter Zeit abgelesen. Die Testplättchen verfärben sich je nach Befund. Auf diese Weise können Aussagen getroffen werden zu dem Uringehalt an Erythrozyten (bzw. Hämoglobin, Myoglobin), Bilirubin, Glukose, Leukozyten (nur Granulozyten), Ketonkörpern, Nitrit, pH-Wert, Protein (insbesondere Albumin, nicht geeignet für Gesamtprotein), Urobilinogen und Ascorbinsäure. Auch kann das spezifische Gewicht abgeschätzt werden.

  • Erythrozyten, Hämoglobin: Das Testplättchen kann nicht zwischen Erythrozyten, Hämoglobin und Myoglobin unterscheiden. Am häufigsten handelt es sich im positiven Fall um Erythrozyten (Erythrozyturie). Ein positiver Befund zusammen mit einem Nachweis von Leukozyten weist auf einen Harnwegsinfekt hin. Ein positiver Befund ohne Nachweis von Leukozyten muss weiter abgeklärt werden; als Ursache in Frage kommen beispielsweise eine Glomerulonephritis, eine Endometriose, ein Tumor oder ein Blasenstein (siehe hier). Um zu differenzieren, ob es sich tatsächlich um Erythrozyten handelt, wird eine Urinprobe (bzw. das Sediment nach Zentrifugation einer Urinprobe) unter dem Mikroskop untersucht. Die mikroskopische Untersuchung kann auch zwischen „dysmorphen“ Erythrozyten und normal aussehenden Erythrozyten unterscheiden. Dysmorphe Erythrozyten (z. B. Stechapfelformen) stammen am ehesten aus den Nieren, Zusammenlagerungen zu Geldrollenformen ebenfalls (Aggregationen, die sich in den Tubuli gebildet haben).
  • Leukozyten: Es werden nur Granulozyten nachgewiesen. Eine Leukozyturie deutet auf eine Entzündung der Nieren und/oder des Harntrakts.
  • Ketonkörper: sie weisen auf eine katabole Stoffwechsellage bei Hunger oder Unterernährung oder eine Ketoazidose wegen Insulinmangel bei einem Diabetes mellitus hin.
  • Albumin: der Nachweis ist indirekt. Meist kann eine Mikroalbuminurie von 30 bis 300 mg pro Tag nicht nachgewiesen werden (Die Empfindlichkeit der Proteinstreifen bezüglich des Proteinnachweises muss auf dem Beipackzettel nachgelesen werden.) Da dies für die Frühdiagnostik einer diabetischen Nephropathie von Bedeutung ist, muss ggf. eine Spezialanforderung an das Untersuchungslabor ergehen.
  • Bilirubin: Der Nachweis von Bilirubin im Urin deutet auf eine Cholestase z. B. bei einer Leberkrankheit oder Galleabflussstörung.
  • Nitrit: Die Urinuntersuchung per Stix enthält je nach Umfang den Nachweis von Nitrit. Nitrit deutet auf eine bakterielle Infektion (Harnwegsinfekt, Pyelonephritis), sofern auch Leukozyten im Urin nachweisbar sind. Ist der Leukozytennachweis negativ, so kann es sich um eine Kontamination des Urins mit Keimen, die nicht aus dem Harntrakt stammen, handeln. Daher ist es wichtig, Mittelstrahlurin zu untersuchen. Im Zweifelsfall kann eine suprapubische Blasenpunktion zur Gewinnung nicht kontaminierten Urins notwendig werden.
  • pH-Wert: Der pH-Wert liegt normalerweise zwischen 5 und 6,5. Liegt er über 7 kann dies auf eine bakterielle Stoffwechselwirkung zurückzuführen sein und im Zusammenhang mit positivem Nitrit und einer Leukozyturie auf eine Harnwegsinfektion hinweisen. Saurer Urin kann bei einer vermehrten Harnsäureausscheidung zur Auskristallisation der Harnsäure und Bildung von Harnsäuresteinen führen. Eine therapeutische Alkalisierung des Urins (z. B. durch Zufuhr von Citrat oder Bikarbonat) fördert die Auflösung der Kristalle. Fleischkonsum senkt den Urin-pH, pflanzliche Kost hebt ihn an. Thiazid-Diuretika senken den pH.
  • Glukose: Der Nachweis von Urinzucker im Stix ist ein Hinweis auf die Überschreitung der Nierenschwelle für Blutzucker, die bei etwa 180 mg/dl (10 mmol/l) liegt. Unter normalen Stoffwechselbedingungen kommt es nicht zu einer Glukosurie. Beim Diabetes mellitus kommt es jedoch bei nicht optimal eingestelltem Blutzucker immer wieder oder sogar ständig zur Überschreitung der Nierenschwelle. Wenn im Spontanurin keine Glukose nachweisbar ist, so spiegelt dies nicht unbedingt die Stoffwechselsituation wider; besser dafür geeignet ist der 24-Stundenurin.
  • Porphyrine: Die Urinuntersuchung per Stix enthält nicht die auf Porphyrine. Es muss Urin in dunklem Gefäß extra in ein Labor mit einer Sonderanforderung gesendet werden. Ihr Nachweis deutet auf eine Porphyrie.

Mikroskopie

Die Urinuntersuchung durch Stix wird bei besonderen Fragestellungen und einem abnomen Stixbefund durch eine mikroskopische Untersuchung ergänzt. Der frische Mittelstrahlurin wird zentrifugiert; das Zentrifugat wird unter dem Mikroskop auf Zellen, Zellzylinder, Bakterien, Parasiten und Kristalle untersucht.

  • Erythrozyten: Es wird die Morphologie der Zellen beurteilt, was allerdings sehr subjektiv ist. Es wird nach dysmorphen Erythrozyten gesucht; dies sind rote formveränderte Blutkörperchen. Sie können kantig, eckig, stechapfelförmig oder pyknotisch sein oder tragen blasige Ausstülpungen (Akanthozyten). Von den verschiedenen Formvarianten stammen lediglich diejenigen mit blasenförmigen Ausstülpungen (Blebs) an der Zellmembran mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließlich aus den Nieren und weisen auf eine (membranöse oder mesangioproliferative) Glomerulonephritis hin. Die eindrückliche Stechapfelform deutet auf hypertonen Urin und stammt nicht von einer glomerulären Erythrozyturie.
  • Leukozyten:
    • Granulozyten weisen auf eine Entzündung im Urogenitaltrakt hin, so z. B. auf einen Harnwegsinfekt oder eine Pyelonephritis. Wenn sie zusätzlich in Form grob granulierter Zylinder (s. u.) nachweisbar sind, weisen sie auf eine Entzündung des Nierenparenchyms (interstitielle Nephritis, Pyelonephritis).
    • Lymphozyten finden sich bei immunologischen Reaktionen, so auch bei einer Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantation.
  • Zylinder: bei einer renalen Herkunft von weißen und roten Blutzellen lassen sich auch häufig Zylinder als tubuläre Ausgüsse finden. Es wird nach Erythrozytenzylindern (zylinderartige Aufreihung roter Blutkörperchen, Geldrollenform) und Leukozytenzylindern gesucht. Sie weisen auf eine Nierenkrankheit. Granulierte Zylinder können bei grober Granulierung auf Leukozyten schließen lassen und finden sich z. B. bei einer Pyelonephritis. Hyaline Zylinder sind nicht immer pathologisch.
  • Kristalle: Kristalle gehören zum normalen Urinbefund. Besondere Formen lassen auf die Zusammensetzung schließen: „Sargdeckelkristalle“ auf Phosphate, nadelförmige Kristalle und rötliches „Ziegelmehl“ auf Harnsäure, Oktaeder auf Oxalate, dünne Plättchen auf Cholesterinkristalle. Allerdings kommt einer solchen Zuordnung wegen der vielfachen Mehrdeutigkeit keine hohe diagnostische Bedeutung zu.

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Verweise

 


Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).