Portale Hypertension

Artikel aktualisiert am 23. April 2024

Portale Hypertension bedeutet Pfortaderhochdruck. Er tritt ganz überwiegend in der Folge einer Leberzirrhose auf und kann zu schwerwiegenden Komplikationen, wie einer Ösophagusvarizenblutung führen. Seine Diagnostik und die Prophylaxe der Komplikationen haben hohe Priorität. (1)Therap Adv Gastroenterol. 2018 Nov 25;11:1756284818811294. doi: 10.1177/1756284818811294. PMID: … Continue reading


→ Auf facebook informieren wir Sie über Neues und Interessantes!
→ Verwalten Sie Ihre Laborwerte mit der
Labor-App Blutwerte PRO – mit Lexikonfunktion.



Das Wichtigste verständlich

Kurzgefasst

Die Pfortader speist die Leber hauptsächlich mit Blut aus dem Darm. Sie leitet die resorbierten Nahrungsbestandteilen der Leber zu. Vernarbt die Leber, so steigt ihr Widerstand und das Blut staut sich in der Pfortader und zurück in den Darm.

Diagnostik: Nachweisbar ist dies recht einfach durch eine Ultraschalluntersuchung (Sonographie). Sie lässt eine Erweiterung der gestauten Pfortader erkennen.  Durch eine Duplexsonographie lässt sich eine Verlangsamung ihres Blutflusses messen.

Folgen: Folge des Blutstaus in den Darm sind eine verschlechterte Resorption von Nahrung und Medikamenten. Folgen eines Blutstaus in die Milzvene ist eine Milzvergrößerung und die Ausbildung von Umwegskreisläufen, z. B. am Magen und der Speiseröhre entlang. Es können sich Krampfadern in der Speiseröhre (Ösophagusvarizen) und am Mageneingang (Fundusvarizen) ausbilden. Sie sind eine große Gefahr für innerliche Blutungen (Ösophagusvarizenblutung, Fundusvarizenblutung).

Therapie und Vorbeugung: Eine Senkung des Drucks kann medikamentös oder durch einen invasiven Eingriff erfolgen. Medikamente (z. B. Carvedilol, Propranolol) sind nur gering bis mäßig wirksam. Eine starke Drucksenkung lässt sich durch einen intrahepatischen Stent (TIPSS) oder eine Operation erzielen. Ansonsten ist die wirksamste Vorbeugung einer portalen Hypertension eine frühzeitige und effektive Therapie der zugrunde liegenden Lebererkrankung.

Dazu Patienteninfos: Portale Hypertension – einfach erklärt


→ Auf facebook informieren wir Sie über Neues und Interessantes!
→ Verwalten Sie Ihre Laborwerte mit der
Labor-App Blutwerte PRO – mit Lexikonfunktion.


Entstehung

Die Pfortader ist das Blutgefäß, welches das Blut aus Darm, Milz und Bauchspeicheldrüse der Leber zuführt. Die portale Hypertension kommt in den meisten Fällen durch eine Erhöhung des Strömungswiderstandes in einer narbig verhärteten Leber (Leberzirrhose) für das Pfortaderblut zustande. Auch kann eine Zunahme der Blutzufuhr ins Pfortadersystem zu einer Druckerhöhung führen.

Der Strömungswiderstand wird von verschiedenen Faktoren bestimmt.

  • So reduzieren beispielsweise Adenosin, Stickstoffmonoxid und Acetylcholin den Gefäßwiderstand.
  • Angiotensin, Endothelin und Noradrenalin dagegen erhöhen ihn.
  • Zudem tragen eine perivaskuläre Fibrosierung, Thrombosen in Gefäßen und sonstige Gefäßwandprozesse sowie eine rechtskardiale Stauung zur Gesamterhöhung des Widerstands für das Pfortaderblut bei.

Folgen sind ein Stau im portalen / splanchnischen Gefäßsystem (splanchnisch: die Eingeweide/den Darm betreffend). Folge ist ein Mangel an Blut im großen Körperkreislauf. Dessen Folge wiederum ist eine Herzbeschleunigung (reaktive Tachykardie: Bemühen des Herzens, den Mangel durch rascheren Herzschlag auszugleichen, hyperdynamer Zustand).

Ein zentraler Mechanismus für die Entstehung der Folgen für den Kreislauf und auch für die Bildung von Aszites ist die Aktivierung des kreislaufaktiven Hormonsystems RAAS.

Durch die veränderten Strömungs- und Durchblutungsverhältnisse mit der Folge eine hyperdynamen Zirkulation kommt es schließlich zu einer zirrhotischen Kardiomyopathie sowie zu einem hepatorenalen und einem hepatopulmonalen Syndrom. (2)Dig Dis 2005; 23: 6-10. (3)Clin Liver Dis. 2014 May;18(2):281-91. DOI: 10.1016/j.cld.2013.12.001.

Einteilung nach Ursachen

  • prähepatisch (vor der Leber)
    häufig: Pfortaderthrombose,
    selten: arterio-portovenöse Fisteln
  • intrahepatisch präsinusoidal
    häufig: primäre biliäre Zirrhose
    selten: Tumor, Schistosomiasis, Sarkoidose, diffuse Infiltrationen der Leber (selten bei myeloproliferativem Syndrom, lymphatischen Systemerkrankungen und Hämoblastosen), Kollagenosen, kongenitale hepatische Fibrose, idiopathische portale Hypertension

Bei der idiopathischen nicht zirrhotischen portalen Hypertension kommt als Ursache eine noduläre regenerative Hyperplasie infrage (z. B. bei Vitamin-A-Hypervitaminose oder bei Anabolika-Abusus).

Klinik

Umgehungskreisläufe (mit Blutungsgefahr: Varizen im Ösophagus und Magenfundus und im Rektum), prominente Venen an der vorderen Bauchwand, Caput medusae (sternförmig vom Nabel ausgehende ektatische Venen bei wiedereröffneter Nabelvene, Cruveilhier-Baumgarten-Syndrom, manchmal Stömungsgeräusch hörbar), am Zwerchfell und Retroperitoneum, an Milz, Niere und am Darm.

Bauchwassersucht (Aszites): Aszites ist häufig Folge einer intrahepatisch bedingten portalen Hypertension (bei einer Leberzirrhose im fortgeschrittenen Stadium), sehr häufig bei posthepatisch bedingter portaler Hypertension im Frühstadiumselten bei prähepatisch bedingter portaler Hypertension,

Milzvergrößerung (Splenomegalie): Sie ist direkte Folge des Blutrückstaus über die Pfortader und Milzvene (siehe dort).

Diagnostik

Bei Vorliegen von Aszites, Varizenblutung und/oder Splenomegalie besteht Verdacht auf eine portale Hypertension. Die Sonographie erbringt in der Regel den Nachweis einer Leberzirrhose mit Pfortadererweiterung und Splenomegalie, oft auch den von Umwegskreisläufe n. Mit Hilfe der Duplexsonographie wird dieser Verdacht bestätigt oder ausgeschlossen, häufig kann auch die Lokalisation des Hindernisses für das Pfortaderblut (prä-, intra-, posthepatisch) bestimmt werden.

Der Pfortaderhochdruck ist definiert durch einen hepatischen venösen Druckgradienten (HVPG) von 10 mm Hg oder größer.

Sonographie, Duplexsonographie

In über 90 % lässt sich die Diagnose durch die Sonographie und Duplexsonographie der Leber bestätigen oder ausschließen.

  • Maße bei portaler Hypertension: Pfortaderdurchmesser >13 mm, Milzdurchmesser (Hilus) >5 cm, V(max) Pfortader <20 cm/s
  • Nachweis von Kollateralen.

Portographie

Dies ist eine röntgenologisch-angiograpische Methode, bei der Kontrastmittel über die A. mesenterica sup. oder A. coeliaca injiziert und die Pfortader darüber (nach Passage der von ihnen durchbluteten Organe) indirekt dargestellt wird. Diese Methode kommt in Frage, wenn die Duplexsonographie wegen schlechter Untersuchungsbedingungen nicht durchführbar ist.

Abdomen-CT

Die Computertomographie des Abdomens mit Kontrastmitteln kann eine portale Hypertension durch Beurteilung von Pfortaderweite, Milzgröße und Umwegskreisläufe nachweisen.

Therapie

Die therapeutischen Möglichkeiten umfassen Medikamente und eine Druckentlastung durch TIPPS oder Operation.

Medikamente

Beta-Blocker und AT1-Blocker: Zu den gebräuchlichen Medikamenten gehören ß-Blocker (z.B. Propranolol) und Angiotensin-1-Rezeptor-Blocker (AT1-Blocker). Lorsatan scheint eine mindestens ebenso gute Drucksenkung hervorrufen zu können wie Propranolol. (4)Am J Gastroenterol 2003; 98: 1371-1376 Eine bessere Wirkung hat nach Studienlage Carvedilol. (5)Ann Gastroenterol. 2014;27(1):20-26

Sorafenib: Eine neue Perspektive bieten Tierversuche mit Sorafenib, einem Hemmstoff der Rezeptoren für den vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor (Hemmung des VEGFR-2) und des Wachstumsfaktors-Beta der Blutplättchen (PDGFR-beta). Die durch Sorafenib bei Ratten bewirkte Hemmung von Gefäßneubildungen im Portalkreislauf resultierte in einer Abnahme des Pfortaderhochdrucks, der hyperdynamen Reaktion im splanchnischen und systemischen Kreislauf, sowie auch in einer Verbesserung der Leberschädigung inklusive der intrahepatischen Fibrose. (6)Hepatology. 2008 Nov 25;49(4):1245-1256 Die Ergebnisse konnte nur teilweise am Menschen bestätigt werden (7)Aliment Pharmacol Ther. 2012 Jan;35(1):83-91.

Lanififranor (ein „pan-peroxisome proliferator-activated receptor“ [pan-PPAR]-Agonist) führt in experimentellen Modellen (an zirrhotischen Ratten) zu einer Abnahme der narbigen Veränderungen in der Leber und einer Verbesserung der portalen Hypertension. (8)J Hepatol. 2021 May;74(5):1188-1199. DOI: 10.1016/j.jhep.2020.11.045. Epub 2020 Dec 2. PMID: … Continue reading

Stand 2024 hat sich keine medikamentöse Therapie der portalen Hypertension etabliert (9)World J Gastroenterol. 2024 Jan 28;30(4):290-307.

TIPSS

TIPSS (transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Stentshunt) ist ein Stent, der mit Kathetertechnik in die Leber zwischen Pfortader und Lebervene eingebracht wird und den Blutabfluss aus der Pfortader verbessert.  Dazu siehe hier.


→ Auf facebook informieren wir Sie über Neues und Interessantes!
→ Verwalten Sie Ihre Laborwerte mit der
Labor-App Blutwerte PRO – mit Lexikonfunktion.


Verweise

→ Zum Seitenanfang und Inhaltsverzeichnis 

Literatur

Literatur
1Therap Adv Gastroenterol. 2018 Nov 25;11:1756284818811294. doi: 10.1177/1756284818811294. PMID: 30505350; PMCID: PMC6256317.
2Dig Dis 2005; 23: 6-10.
3Clin Liver Dis. 2014 May;18(2):281-91. DOI: 10.1016/j.cld.2013.12.001.
4Am J Gastroenterol 2003; 98: 1371-1376
5Ann Gastroenterol. 2014;27(1):20-26
6Hepatology. 2008 Nov 25;49(4):1245-1256
7Aliment Pharmacol Ther. 2012 Jan;35(1):83-91
8J Hepatol. 2021 May;74(5):1188-1199. DOI: 10.1016/j.jhep.2020.11.045. Epub 2020 Dec 2. PMID: 33278455.
9World J Gastroenterol. 2024 Jan 28;30(4):290-307