PEG-Interferon-basierte Hepatitis-C-Therapie

Artikel aktualisiert am 4. April 2023

Die PEG-Interferon-basierte Hepatitis-C-Therapie ist heute wegen Weiterentwicklungen (siehe hier) nicht mehr die Behandlung erster Wahl. Inzwichen sind DAAs wesentlich wirksamer mit einer Erfolgsquote bis zu 100% und „game changer“ geworden. Dazu siehe hier.

Lange Zeit wurde die chronische Hepatitis C mit Interferon-alpha, später mit PEG-Interferon jeweils zusammen mit Ribavirin behandelt. Die PEG-Interferon-basierten Behandlungsregime (Peginterferon plus Ribavirin) führten zu einer nur geringen Ansprechrate mit einer SVR 40%–50% (sustained virologic response) beim HCV-Genotype 1, aber fast 80% bei Genotyp 2.

Heute wird die Therapie der Hepatitis C durch DAA-basierte Therapieregime (siehe hier) bestimmt.

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Therapieindikation

Wem eine Therapie angeraten werden sollte, wurde vielfach von der Höhe der Transaminasen abhängig gemacht. Da sie jedoch nicht sehr eng mit der Krankheitsaktivität korrelieren, wurde im Zweifelsfall eine Biopsie zur Einschätzung des Schweregrades und zur Indikation einer Therapie herangezogen. Bereits eine Therapie im akuten Stadium wurde wegen der hohen Rate der aus ihm entstehenden chronischen Infektionen diskutiert.

Es galt: Die chronische Hepatitis C kommt für eine PEG-Interferon-basierte Behandlung in Frage, wenn

  • Beschwerden vorliegen,
  • das Risiko der Entwicklung einer Leberzirrhose und eines HCCs bei noch erwartbarer Lebenszeit als relevant angesehen wird,
  • ein hohes Risiko für eine Übertragung auf Dritte angenommen werden kann,
  • und keine Kontraindikationen bestehen.

Auch Patienten mit normalen Transaminasen, die histologisch bereits eine Fibrosierung aufweisen, kamen für eine Therapie in Frage. Die Therapie war individuell anzupassen. Folgende therapeutische Möglichkeiten wurden im Einzelfall diskutiert:

Interferon-alpha (IFN-alpha)

Genotyp 3 scheint besonders gut auf IFN-alpha-Gabe zu reagieren, dagegen der Genotyp 1, der in Europa vorherrscht, schlechter. IFN-alpha sollte nur bei einer CD4-Zahl von >200/µl erwogen, kann aber meist erst bei Werten >400/µl ernsthafter diskutiert werden.

Günstige Prognosefaktoren für die IFN-alpha-Therapie:

  • kurze Dauer der Infektion,
  • Genotyp nicht-1b (am besten 3),
  • Alter unter 40 J., GGT unter 26 U/l,
  • Ferritin unter 250 µg/l,
  • Viruslast weniger als 2 Mio. Kopien pro Milliliter: die Ansprechrate ist bei den bisherigen IFN-alpha-Therapieschemata besser, wenn der HCV-RNA-Titer zu Beginn niedrig ist,
  • weibliches Geschlecht.

PEG-Interferon (PEG-I): Statt einer täglichen Gabe von Interferon wird heute pegyliertes Interferon (PEG-Interferon) (z. B. PEG-Intron, PEGASYS) mit langer Halbwertszeit verwendet. Es braucht nur einmal in der Woche verabreicht zu werden. Nach bisherigen Erfahrungen besteht eine Chance von über 40%, einen negativen HCV-PCR-Test zu erhalten, besonders in Kombination mit Ribavirin (über 60%).

Mehr zu PEG-Interferon siehe hier.

Albinterferon-alpha-2b ist ein rekombinantes Molekül aus Albumin und daran gekoppeltes Interferon-alpha-2b. Es hat ersten Berichten zufolge eine ähnliche Wirksamkeit wie PEG-Interferon bei größeren Applikationsintervallen von 2-4 Wochen. (1)Hepatology 2008; 48: 407-417

Therapie bei Immunsuppression

Wenn nach Transplantation unter Immunsuppression eine floride HCV-Infektion auftritt, ist eine IFN-alpha-Therapie nicht wirksam. Das gleiche gilt bei AIDS. Die sich bei Immundefizienz (medikamentös oder durch HIV) häufig einstellende cholestatische Verlaufsform lässt sich durch UDCA mildern.

Kontraindikationen

Kontraindikationen einer Interferon-basierten Therapie sind Alkohol- und Drogenabhängigkeit, Hyperthyreose und Hypothyreose, schwere Anämie, schwere Leukopenie, schwere Thrombopenie, schwere anderweitige Erkrankung, Schwangerschaft, Depression oder Psychose, andere Ursachen mangelhafter Compliance (einzelne dieser Faktoren können relative Kontraindikationen darstellen, was individuell entschieden werden muss).

Kontrollparameter

Der Therapieerfolgs wird in regelmäßigen Abständen durch folgende Erhebungen kontrolliert: Klinische Befunde, Blutbild, Transaminasen (alle 2-4 Wochen), TSH, HCV-RNA (alle 12 Wochen).

Nutzen der Therapie

Eine Therapie mit PEG-Interferon scheint das HCC-Risiko zu senken, selbst wenn sie nicht zur Virus-Elimination führt. (2)Hepatogastroenterol 2002; 49: 508-512 Die Therapie beugt auch anderen Leberkomplikationen (wie denen einer portalen Hypertension) vor. (3)Am J Gastroenterol 2004; 99: 636-644

Ribavirin

Ribavirin ist ein Virustatikum, das zur Kombination mit Interferon-alpha-2b für die Behandlung der Hepatitis C zugelassen ist (1999). Langzeitansprechraten werden bis über 50% angegeben. Wegen der Nebenwirkungen sind die Kontraindikationen (u. a. Anämie, koronare Herzkrankheit, Schwangerschaft) zu beachten. Wegen teratogenem Risiko ist eine Antikonzeption erforderlich. Die Kombination von PEG-Interferon und Ribavirin hat sich nicht nur in Studien sondern auch in der Praxis bewährt (Ansprechrate bei Weißen 58% und bei Schwarzen 14%; in 22% war wegen Nebenwirkungen eine Dosisreduktion von IFN oder Ribavirin erforderlich, in 10% kam es zum Therapieabbruch (4)Clin Gastroenterol Hepatol 2004; 2: 425-431. )

Mehr zu Ribavirin siehe hier.

Kombination von IFN-alpha und Ribavirin

Die Kombination von PEG-Interferon und Ribavirin galt lange Zeit als die wirksamste Therapie der chronischen Hepatitis C. Beim in Deutschland vorherrschenden Genotyp HCV-1 lagen die Ansprechraten bei 46% HCV-RNA-Negativität im Vergleich zu 36% </ref>NEJM 2002;34/:975-982</ref>. Sie galt auch bei IFN-Nonrespondern als Erfolg versprechend (5)Gastroenterology 2004; 126: 1015-1023.

Dosierung von PEG-Interferon: Die PEG-I-alpha-2b-Dosis von 1.0 µg/kg pro Woche war in einer Studie ebenso effektiv wie die von 1.5 µg/kg aber nebenwirkungsärmer. (6)J Viral Hepat. 2006 Jul;13(7):457-65 Die meisten Studien verwenden eine Dosis von 1.5 µg/kg. (7)J Viral Hepat. 2007 Apr;14(4):228-38

Eine Verlängerung der Therapiedauer von 6 auf 18 Monate hat keine Erhöhung der HCV-Negativitätsrate erbracht (55 vs. 49%), aber zu einer Reduktion der Relapsrate von 38% auf 13% in einem Zeitraum von 18 Monaten geführt (8)J Hepatol 2004; 40: 689-695.

In der Behandlung einer HCV-Reinfektion nach Lebertransplantation führte die Kombination von INF und Ribavirin zu einer Verbesserung der Leberwerte von 75% und einem virologischen Ansprechen von 55% (9)J Hepatol 2004; 40: 669-674. Bei INF-Ribavirin-Nonrespondern kann PEG-INF + Ribavirin günstig wirken.

Eine HCV-HIV-Koinfektion führt zu einer erhöhten Anämierate wegen der Kombination von Ribavirin und Azidothymidin, was bei sonst guter Verträglichkeit beachtet werden muss (10)Hepatology 2004; 39: 989-998.

UDCA

Ursodesoxycholsäure (UDCA) verbessert den gesamten Gesundheitsstatus bei chronischer HCV-Infektion und senkt den oxidativen Stress unter der Behandlung mit PEG-Interferon und Ribavirin. (11)Hepatogastroenterology. 2005 Jul-Aug;52(64):1191-6 Es verbessert den Verlauf und verlängert die Remission unter IFN-alpha (12)Infez Med 1997; 5: 168-173. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass das HCC-Risiko in HCV-Infizierten sinkt. (13)Cancer Epidemiol Biomarkers Prev. 2005 Jan;14(1):164-9

Mehr zu UDCA siehe hier

Die herkömmlichen Therapieregime der Hepatitis C basieren auf PEG-Interferon plus Ribavirin.

Vorbedingungen

Voraussetzungen für eine Therapie (14)Kompendium Gastroenterologie 2007;3:15-21 sind Anamnese und Untersuchung bezüglich Vor- und Begleiterkrankungen, Bestimmung des Virustyps, des Virusloads (Anzahl der Kopien im Blut), Blutbild, Leberwerte inkl. AFP, Gerinnungswerte, Nierenwerte, TSH, Sonographie des Abdomens und ggf. der Schilddrüse, bei Typ 1 Leberhistologie (Grading und Staging), psychiatrisches Konsil (Neigung zu Depression, Alkohol- und Drogensucht, Kompliance-Einschätzung)

Behandlungsschemata

Herkömmliche Therapie mit PEG-Interferon und Ribavirin – sie ist heute weitgehend abgelöst durch neue Therapieprinzipien (siehe hier).

Eisenspiegel und Therapieerfolg

Bei der Hepatitis C wird eine Neigung zur Eisenakkumulation beobachtet, die sich negativ auf den Therapieerfolg mit Interferon auswirkt. Daher wird diskutiert, die Behandlung mit Aderlässen zur Senkung des Körpereisengehalts zu kombinieren. Die Viruselimination wird offenbar dadurch verbessert (15)Desai TK et al. Dig Dis Sci. 2007 Sep 12.

Kontrollen

Kontrolluntersuchungen sollten u. a. das allgemeine und psychische Befinden und Laborwerte (u. a. Blutbild, Nierenwerte, Leberwerte) beinhalten. In festgesetzten Zeitabschnitten Virus-Load (s. o.).

Ansprechraten bei Kombination von PEG-Interferon + Ribavirin:

  • bei Genotyp 1 bis zu 52% und
  • für die Genotypen 2 und 3 bis zu 84%.

Das Ansprechen kann als gut eingeschätzt werden, wenn nach 12 Wochen ein Abfall der Viruslast um mindestens 2 Logstufen (Faktor 100) erreicht wird. Wenn dieses Kriterium nicht erfüllt wird, muss ein Therapieabbruch erwogen werden.

PEG-Interferon-basierte Hepatitis-C-Therapie 01
PEG-Interferon-basierte Hepatitis-C-Therapie 02

Verweise

 

 

Literatur

Literatur
1Hepatology 2008; 48: 407-417
2Hepatogastroenterol 2002; 49: 508-512
3Am J Gastroenterol 2004; 99: 636-644
4Clin Gastroenterol Hepatol 2004; 2: 425-431
5Gastroenterology 2004; 126: 1015-1023
6J Viral Hepat. 2006 Jul;13(7):457-65
7J Viral Hepat. 2007 Apr;14(4):228-38
8J Hepatol 2004; 40: 689-695
9J Hepatol 2004; 40: 669-674
10Hepatology 2004; 39: 989-998
11Hepatogastroenterology. 2005 Jul-Aug;52(64):1191-6
12Infez Med 1997; 5: 168-173
13Cancer Epidemiol Biomarkers Prev. 2005 Jan;14(1):164-9
14Kompendium Gastroenterologie 2007;3:15-21
15Desai TK et al. Dig Dis Sci. 2007 Sep 12