Vertretung innerhalb einer Gemeinschaftspraxis oder eines MVZ

Artikel aktualisiert am 5. Dezember 2018

Die Vertretung innerhalb einer Gemeinschaftspraxis oder eines MVZ ist Gegenstand eines Urteils: Am 14.12.2011 hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden, dass sich Ärzte innerhalb einer Gemeinschaftspraxis vertreten dürfen, ohne das die Anzeige- und Genehmigungspflichten der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) zu beachten sind. Abgerechnet werden dürfen die Vertreterleistungen innerhalb einer Gemeinschaftspraxis jedoch nur dann, wenn der vertretende Arzt über dieselben Qualifikationsvoraussetzungen verfügt, wie der vertretene Arzt und denselben Versorgungsbereich gewählt hat.

Nach Auffassung des BSG tritt eine Gemeinschaftspraxis der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) wie ein Einzelarzt als eine einheitliche Rechtspersönlichkeit gegenüber. Die für Vertragsärzte geltenden Vertretungsregelungen des § 32 Ärzte-ZV beziehen sich auf die Praxis als Gesamtheit und nicht auf den einzelnen Arzt, der ihr angehört. Einer Vertretung bedarf es in einer Gemeinschaftspraxis daher nur, wenn der Ausfall eines Partners nicht durch die weiterhin tätigen anderen Partner aufgefangen werden kann und deshalb ein externer Arzt herangezogen werden muss.

Diese Regelungen sind auf medizinische Versorgungszentren (MVZ) entsprechend anwendbar. Denn auch ein MVZ tritt gegenüber der KV wie ein Einzelarzt als einheitliche Rechtspersönlichkeit auf. Einer Vertretung bedarf es in einem MVZ daher ebenfalls nur, wenn der Ausfall eines im MVZ tätigen Arztes nicht durch die anderen im MVZ tätigen Ärzte aufgefangen werden kann und deshalb ein externer Arzt als Vertreter herangezogen werden muss.

Wird die „Vertretung“ praxisintern übernommen, gelten nach der Rechtsprechung des BSG jedoch strengere Regelungen als bei der Bestellung eines externen Vertreters. Denn die anderen in der Gemeinschaftspraxis tätigen Partner bzw. im MVZ tätigen Ärzte sind an ihren eigenen Zulassungsstatus gebunden. Nur soweit sich dieser mit dem Zulassungsstatus des vertretenen Arztes deckt und die gleichen Qualifikationsvoraussetzungen in Bezug auf die Erbringung einzelner Leistungen vorliegen, sind die durch die anderen Partner der Gemeinschaftspraxis bzw. durch die anderen Ärzte des MVZ erbrachten Leistungen auch gegenüber der KV abrechenbar. Besteht also eine Gemeinschaftspraxis aus einem hausärztlich tätigen Internisten und einem fachärztlich tätigen Internisten, darf der hausärztlich tätige Internist seinen Partner nur in den Leistungsbereichen vertreten, die er selbst als Hausarzt auch erbringen und abrechnen darf. Sind bestimmte Leistungen nur im fachärztlichen Versorgungsbereich abrechenbar, darf der hausärztlich tätige Internist sie auch als Vertreter seines abwesenden Praxispartners nicht erbringen und gegenüber der KV abrechnen. Es spielt dabei keine Rolle, ob er die entsprechende Qualifikation aufgrund seiner Ausbildung eigentlich hätte oder nicht.

Anders ist dies bei der Bestellung eines externen Arztes als Vertreter. Hier kann auch ein Arzt als Vertreter bestellt werden, der überhaupt nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, aber die Voraussetzungen zur Eintragungen in das Arztregister erfüllt. Er muss also die Approbation als Arzt besitzen sowie den erfolgreichen Abschluss einer allgemeinmedizinischen Weiterbildung oder einer Weiterbildung in einem anderen Fachgebiet mit der Befugnis zum Führen einer entsprechenden Gebietsbezeichnung nachweisen. Der Vertreter darf jedoch keinem beliebigen Fachgebiet angehören, sondern muss derselben oder zumindest einer unmittelbar verwandten Gebietsgruppe angehören, wie der vertretene Arzt.
Ein nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Internist darf daher sowohl einen an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Internisten als auch einen an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Internisten vertreten. Dagegen darf ein Internist, der bereits zur hausärztlichen oder fachärztlichen Versorgung als Vertragsarzt zugelassen ist, Vertretungsleistungen nur in dem Bereich erbringen, auf den sich sein eigener Zulassungsstatus erstreckt. Hierin hat das BSG keinen Gleichheitsverstoß gesehen. Denn der vertragsärztliche Status im Sinne einer Vielzahl von Berechtigungen und Verpflichtungen unterscheidet den zugelassenen vom nichtzugelassenen Arzt so grundlegend, dass unterschiedliche rechtliche Vorgaben für die Ausübung der ähnlichen Tätigkeit grundsätzlich „ungleiche Sachverhalte“ betreffen, die nicht gleich zu behandeln sind.

Quelle: Bundessozialgericht, Urteil vom 14.12.2011, Az.: B 6 KA 31/10 R


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Autorin der Seite: St. Dönnebrink
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