VIPom

Artikel aktualisiert am 11. Juli 2022

VIPom ist die Bezeichnung für einen sehr seltenen neuroendokrinen Tumor, der hormonell aktive Vasoaktive Intestinale Polypeptide (VIP) produziert. Er wird meist in der Bauchspeicheldrüse gefunden. Die Symptomatik mit Durchfällen, Exsikkose und Elektrolytstörungen kann lebensbedrohlich sein. Mit Octreotid steht eine medikamentöse Behandlung zur Verfügung. Wenn keine Metastasen vorliegen, ist eine operative Heilung möglich.


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Synonyme

Das VIPom wurde früher als „Verner Morrison Syndrom“ oder „pankreatische Cholera“ bezeichnet. Das VIPom wird oft auch als „watery-diarrhoea-hypokalaemia-achlorhydria (WDHA) syndrome“ South [1] [2] bezeichnet.

Inzidenz

Das VIPom ist sehr selten und kommt meist schon bei Kindern vor; die Inzidenz wird auf 1:10 Millionen pro Jahr geschätzt.

Lokalisation

In über 70%, nach manchen Literaturstellen in über 90% lässt sich das VIPom in der Bauchspeicheldrüse lokalisieren. Typischerweise geht es von den Inseln des Pankreas aus.

Symptomatik

Bedingt durch die vom VIPom produzierten hormonellen Polypeptide kommt es zu einer chronisch wässrigen Diarrhö mit Elektrolytverlust und den Folgen einer z. T. ausgeprägten Hypokaliämie und Azidose: Muskelschwäche, Abnahme der Reflexstärke, typische EKG-Veränderungen. Es kann eine Hyperkalzämie gefunden werden; es treten oft Hautveränderungen auf.

Dignität

VIPome sind bei Diagnosestellung häufig (etwa 50%) bereits maligne entartet und haben Metastasen gesetzt. Lokale Lymphknotenmetastasen sind meist erst intraoperativ erkennbar.

Diagnostik

Bei einer chronisch wässrigen Diarrhö im jugendlichen Alter mit Hypokaliämie und Azidose sollte an ein VIPom gedacht und VIP im Blut bestimmt werden. Unter den Laborwerten imponieren eine Hypokaliämie, ein niedriger Chlorid-Spiegel, eine Azidose und oft eine Hyperkalzämie. Es wurden Hauterscheinungen beschrieben.

Zur Suche der Lokalisation des VIPoms dienen bildgebende Verfahren wie CT und Octreotid-Scan. Wenn kein Tumor gefunden wird, kann eine Ex-juvantibus-Suche durch etagenweise Blutabnahme aus der Milzvene durch einen transhepatisch platzierten Katheter in Betracht kommen. Ansonsten kann auch probelaparotomiert und intraoperativ die Bauchspeicheldrüse durch Hochfrequenzultraschalluntersuchung exploriert werden.

Bei der Diagnostik muss bedacht werden, dass im Rahmen eines MEN-Typ-1-Syndroms (multiple endokrine Neoplasie Typ 1), zu dem 10-20% der pankreatischen neuroendokrinen Tumore (NET) hinzu gehören [3], auch andere endokrin aktive Tumore vorliegen können; so sollte auch an Tumore der Schilddrüse, Nebenschilddrüse und der Nebenniere (inkl. einem Phäochromozytom) gedacht werden [4] [5]

Differenzialdiagnosen

Prinzipiell kommen alle Differenzialdiagnosen einer wässrigen Diarrhö in Frage. Insbesondere sollte an ein Gastrinom, eine Shiga-Toxin-bildende E.-coli-Infektion, an ein villöses Adenom im distalen Kolon und an einen Gallensäure-Spill-over mit chologener Diarrhö gedacht werden. Von diesen Differenzialdiagnosen weist jedoch das Gastrinom mit dem durch es ausgelösten Zollinger-Ellison-Syndrom auch peptische Geschwüre im oberen Gastrointestinaltrakt auf, die bei den von Verner und Morrison sowie später beschriebenen Fällen fehlen [6] [7]

Therapie

Die Therapie besteht zunächst im Ausgleich des Flüssigkeitsdefizits und der Hypokaliämie. Zur Unterdrückung der VIP-Produktion wird Somatostatin bzw. der Abkömmling Octreotid verwendet. Bei frühzeitiger Diagnose kann operiert werden, in etwa 40% ist die Resektion kurativ [8]. Hepatische Metastasen können durch Embolisation des zuführenden Astes der Arteria hepatica behandelt und dadurch die Symptomatik deutlich verbessert werden [9]. Auch wird von Erfolgen einer Chemoembolisation [10] , einer Radioembolisation mit strahlenden Mikrosphären (SIRT) [11] und einer Radioablation bei der Behandlung [12] neuroendokriner Lebermetastasen berichtet. Langzeitverläufe müssen abgewartet werden.

Prognose

Die Prognose hängt vom Stadium bei der Erstdiagnose ab. Dank der erweiterten Therapiemöglichkeiten auch von Lebermetastasen ist ein mehrjähriges Überleben auch im fortgeschrittenen Stadium nicht mehr ausgeschlossen.

Verweise

Verweise

Literatur

  1. ? Med J. 1995 Jan;88(1):22-4
  2. ? South Med J. 2009 Jul;102(7):761-4
  3. ? Minerva Gastroenterol Dietol. 2009 Dec;55(4):425-43
  4. ? Endocrinol Jpn. 1980 Dec;27 Suppl 1:79-86
  5. ? World J Gastroenterol. 2007 Sep 14;13(34):4649-52
  6. ? Am J Med 1958; 25: 456
  7. ? Klin Wochenschr. 1976 Jan 1;54(1):1-11
  8. ? Singapore Med J. 2010 Jul;51(7):e129-32
  9. ? Med Oncol. 2002;19(3):181-7
  10. ? Yale J Biol Med. 2010 Mar;83(1):27-33
  11. ? Cancer. 2008 Sep 1;113(5):921-9
  12. ? J Gastrointest Surg. 2008 Feb;12(2):382-93

 


Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).