Ikterus

Artikel aktualisiert am 9. Februar 2024

Ikterus (engl.: jaundice, icterus) bedeutet Gelbsucht. Zugrunde liegt eine Ansammlung von Bilirubin, dem gelben Blutfarbstoff im Körper. Je nach Ausprägung erscheinen nur die Augen (Skleren) oder auch die gesamte Haut gelb verfärbt (Sklerenikterus, Hautikterus). Ikterus ist ein klinisches Symptom für verschiedene innere Erkrankungen. Die häufigsten Ursachen sind folgende:

  • eine Galleabflussstörung (obstruktive Cholestase),
  • eine Leberentzündung (Hepatitis) und
  • eine Blutzersetzung (Hämolyse). (1)Am Fam Physician. 2004 Jan 15;69(2):299-304.

Einteilung

Grob kann die Gelbsucht eingeteilt werden in eine, die durch vermehrte Blutzersetzung, d. h. unkonjugiert-prähepatisch entsteht, und in eine, die durch Gallestau, d. h. extrahepatisch-obstruktiv entsteht. (2)Prim Care. 2011 Sep;38(3):469-82; viii. DOI: 10.1016/j.pop.2011.05.004.

  • Ein Gallerückstau (obstruktiver Ikterus) ist bei Erwachsenen die häufigste Ursache für einen Ikterus. Er hat verschieden Ursachen, die auseinandergehalten werden müssen:
  • Eine angeborene Störung des Bilirubintransports und -stoffwechsels in der Leber ist bei Neugeborenen mit verlängertem Neugeborenenikterus eine häufige Ursache, die rasch geklärt werden muss. Infrage kommen hauptsächlich folgende Störungen:
  • Eine vermehrte Bildung von Bilirubin führt zu einem „prähepatischen Ikterus“, d. h. zu einer Gelbsucht, die durch eine vermehrte Bilirubinbildung (z. B. bei einer Hämolyse) auftritt.
  • Karotinikterus: Eine Gelbfärbung bei Säuglingen durch Karotin (Möhrensaft) muss von einem echten Ikterus abgegrenzt werden.

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Diagnostik

Haut- und Sklerenikterus
Haut- und Sklerenikterus bei dekompensierter Leberzirrhose: grünlich-gelber Farbton.

Die Ursache der Gelbfärbung als Erhöhung der Bilirubinkonzentration lässt sich durch Blutuntersuchungen rasch bestätigen. Die weitere Diagnostik des Ikterus zielt auf deren Ursache. (3)Am Fam Physician. 2017 Feb 1;95(3):164-168.

Anamnese und körperlicher Untersuchungsbefund

Anamnese und körperlicher Untersuchungsbefund können erste Hinweise geben.

  • Ein schmerzloser Ikterus ohne wesentliche Urin- oder Stuhlverfärbung ist Hinweis auf eine Blutzersetzung (Hämolyse).
  • Eine Erkrankung mit Druckempfindlichkeit unter dem rechten Rippenbogen spricht für eine akute Leberkrankheit, z. B. eine akute Hepatitis oder Cholangitis.
  • Eine Kolik in diesem Gebiet spricht für ein Gallensteinleiden mit Behinderung des Galleabflusses als Ursache.
  • Eine tastbare derbe Leber bei vorbestehender chronischer Leberkrankheit kann auf eine dekompensierte Leberzirrhose hindeuten.
  • Eine nur leichte Gelbsucht (Sklerenikterus), die eventuell auch früher bereits phasenhaft aufgefallen war und jeweils ohne wesentliche Krankheitssymptomatik ablief, kann zu einer Meulengracht-Anomalie passen.
  • Ein schmerzloser Ikterus mit Dunkelverfärbung des Urins und Stuhlentfärbung bei gleichzeitiger Appetitlosigkeit und Gewichtsabnahme deutet auf ein Tumorleiden mit Verlegung der Gallenwege hin.

Labor

Folgende gängige Laborwerte führen zu einer Klärung:

  • Hämolyseparameter
    • LDH, Haptoglobin, Retikulozyten, freies Hämoglobin: bei einer gesteigerten Hämolyse sind LDH und freies Hämoglobin erhöht und Retikulozyten und freies Haptoglobin (ohne Hämoglobinbindung) erniedrigt.
    • Coombs-Test auf Antikörper, die den Erythrozyten anhaften. Zugegebene Anti-Globuminantikörper können sie im direkten Coombstest zur Koagulation bringen. Erkennt man solche Ausflockungen, bedeutet das: „Der Coombstest ist positiv.“ Dies ist beispielsweise bei Blutgruppen-Inkompatibilität von transfundiertem Blut und bei Neugeborenen mit Rhesus-Inkompatibilität der Fall. Ein „indirekter Coombs-Test“ weist inkomplette Antikörper im Blut der Mutter nach. Coombs-negativ ist beispielsweise eine hämolytische Anämien durch toxische Blutzersetzung: die meisten Fälle eines hämolytisch-urämischen Syndroms (HUS), die paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie (PNH) oder die Wilson-Krise.
  • Entzündungsparameter

Sonographie

Die Ultraschalluntersuchung (Sonographie der Leber) dient dem Nachweis eines Staus der Galle (obstruktive Cholestase) und ihrer Ursache oder einer akuten oder chronischen Leberkrankheit. Bei guten Schallbedingungen lässt sich erkennen, ob die extra- und intrahepatischen Gallenwege erweitert sind, und ob ein Gallenblasenhydrops (Gallestau in der Gallenblase) vorliegt.

  • Sind die intrahepatischen Gallenwege erweitert, nicht aber der Ductus hepatocholedochus und nicht die Gallenblase, liegt ein Verschluss im Bereich der Leberpforte vor (z. B. Klatskin-Tumor); er lässt sich häufig direkt erkennen.
  • Eine akute Leberkrankheit als Ursache eines Ikterus geht häufig mit einer deutlichen Lebervergrößerung und (wegen der ödematösen Aufquellung) einer Reflexverminderung einher. Eine chronische Leberkrankheit dagegen zeigt eine verplumpte, strukturvermehrte und auf Druck kaum verformbare Leber.

→ Siehe unter Sonographie der Leber.

MRCP, ERC, PTC

→ Siehe bei obstruktiver Cholestase.
→ Siehe auch unter ERCP, PTC und  MRCP.

Verweise

Patienteninfos

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Literatur

Literatur
1Am Fam Physician. 2004 Jan 15;69(2):299-304.
2Prim Care. 2011 Sep;38(3):469-82; viii. DOI: 10.1016/j.pop.2011.05.004.
3Am Fam Physician. 2017 Feb 1;95(3):164-168.