Mitochondriale Krankheit

Artikel aktualisiert am 23. Dezember 2022

Eine mitochondriale Krankheit ist durch Störungen der mitochondrialen Funktionen charaktersisiert. Diese Krankheitsgruppe ist genetisch und klinisch sehr heterogen und beruht auf Veränderungen der mitochondrialen DNA (mtDNA) und damit auf Veränderungen im Energiestoffwechsel des Körpers.


Allgemeines

Mitochondrien sind die „Kraftquelle“ des Körpers, da in ihnen die Atmungskette lokalisiert ist. In Mitochondrien geschieht die Endoxidation der Abbauprodukte des Energiestoffwechsels mit Bildung des energiereichen ATP (Adenosintriphosphat), welches von den Körperzellen für die verschiedensten Transport- und Aufbauprozesse benötigt wird. Mitochondrien besitzen eigene (zirkuläre) DNA (mtDNA). Ihre Mutationen können zu Krankheiten führen. mtDNA-Mutationen sind relativ häufig anzutreffen, da mtDNA nicht durch Histone geschützt sind, und da sie einer hohen Konzentration freier Sauerstoffradikale ausgesetzt sind. (1)Cells. 2019 Apr 25;8(4):379. DOI: 10.3390/cells8040379

Ein fehlerhafter Stoffwechsel der Mitochondrien kann sich als eigenständige Krankheiten auswirken. Das klinische Bild variiert je nach betroffener Störung stark. Die Veränderungen in der Funktion der Mitochondrien können primär (angeboren), aber auch sekundär bedingt sein. Beispiel für eine primäre Mitochondrienkrankheit ist die Takotsubo-Kardiomyopathie. Beispiel für sekundäre Form ist die Adriamycin-induzierte Mitochondriopathie, der durch Alpha-Liponsäure vorgebeugt werden kann. (2)Reprod Toxicol. 2005 May-Jun;20(1):111-6 Primäre Mitochondrienkrankheiten werden über die Mütter vererbt. Sie sind relativ häufig (geschätzte minimale Inzidenz 1 auf 5000 Erwachsene). Meist sind neurologische Auffälligkeiten die führende Symptomatik.  (3)J Neurol. 2016 Jan;263(1):179-91. DOI: 10.1007/s00415-015-7884-3

Definition

Eine Mitochondriopathie ist durch abnorm aussehende Mitochondrien im elektronenoptischen Bild und durch eine Störung des mitochondrialen Stoffwechsels gekennzeichnet. Bei angeborenen Formen können Veränderungen in der mtDNA (mitochondriale DNA) nachgewiesen werden.

Klinisches Bild

Eine Konstellation aus folgenden Symptomen sollte an die Möglichkeit einer mitochondrialen Krankheit denken lassen: (4)Int J Neurosci. 2006 Aug;116(8):907-14  (5)Clin Neurol Neurosurg. 2005 Apr;107(3):181-6

  • Kleinwüchsigkeit, Minderwuchs,
  • Muskelkrämpfe,
  • Faszikulieren der Muskulatur,
  • neurologische Symptome wie Bewegungsstörungen (Ataxie), Polyneuropathie mit Hypästhesien (geringe Empfindungen) und Parästhesien (falsche Empfindungen), Migräne (6)Int J Gen Med. 2022 Jul 21;15:6249-6258. DOI: 10.2147/IJGM.S371707
  • Bild wie amyothophe Lateralsklerose. (7)Neurologist. 2003 Jan;9(1):45-8
  • Myopathie mit allmählich zunehmender Schwäche und Abnahme der Muskelmasse an den Extremitäten,
  • Ptose der Augenlider,
  • Herzinsuffizienz, der eine hypertrophe Kardiomyopathie oder eine Takotsubo-Kardiomyopathie zugrunde liegen kann.

Die m.3243A>G-Mutation wird am häufigsten gefunden und ist laut einer Untersuchung mit unterschiedlichen Syndromen assoziiert: „mitochondrial encephalopathy lactic acidosis and stroke-like episodes“ (MELAS, 10%), „maternally inherited deafness and diabetes“ (MIDD, 30%) und progressive externe Ophthalmoplegie (PEO), 6%. (8)J Neurol Neurosurg Psychiatry. 2013 Aug;84(8):936-8. DOI: 10.1136/jnnp-2012-303528.

Diagnostik

Auffällig wird eine Krankheitshäufug speziell unter weiblichen Familienmitgliedern. (9)J Neurol Neurosurg Psychiatry. 2013 Aug;84(8):936-8. doi: 10.1136/jnnp-2012-303528.

  • Unter den Laborwerten können eine Hyponatriämie und eine Neigung zu einer vermehrten Laktatbildung gefunden werden.
  • Ein Laktat-Stress-Test (Laktatbestimmung unter definierter leichter fahrradergometrischer Belastung, 15 Minuten bei 30 Watt) fällt oft positiv aus. (10)Can J Neurol Sci. 2002 Feb;29(1):49-53  (11)Eur Arch Psychiatry Clin Neurosci. 2000;250(1):36-9
  • Eine Verkalkung von Basalganglien wird gehäuft gefunden. (12)Metab Brain Dis. 2005 Sep;20(3):219-26.
  • In der Echokardiographie kann gelegentlich eine hypertrophe Kardiomyopathie  (13)Eur J Echocardiogr. 2008 Nov;9(6):840-5 und eine Takotsubo-Kardiomyopathie gefunden werden. (14)J Cardiovasc Med (Hagerstown). 2007 Oct;8(10):859-63
  • Elektronenmikroskopisch finden sich abnorm konfigurierte und strukturierte Mitochondrien.
  • Eine durch eine Mitochondriopathie bedingte Polyneuropathie weist in der Nervenbiopsie eine axonale Degeneration auf. (15)Clin Neurol Neurosurg. 2005 Apr;107(3):181-6

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Verweise

 


Literatur

Literatur
1Cells. 2019 Apr 25;8(4):379. DOI: 10.3390/cells8040379
2Reprod Toxicol. 2005 May-Jun;20(1):111-6
3J Neurol. 2016 Jan;263(1):179-91. DOI: 10.1007/s00415-015-7884-3
4Int J Neurosci. 2006 Aug;116(8):907-14
5Clin Neurol Neurosurg. 2005 Apr;107(3):181-6
6Int J Gen Med. 2022 Jul 21;15:6249-6258. DOI: 10.2147/IJGM.S371707
7Neurologist. 2003 Jan;9(1):45-8
8J Neurol Neurosurg Psychiatry. 2013 Aug;84(8):936-8. DOI: 10.1136/jnnp-2012-303528.
9J Neurol Neurosurg Psychiatry. 2013 Aug;84(8):936-8. doi: 10.1136/jnnp-2012-303528.
10Can J Neurol Sci. 2002 Feb;29(1):49-53
11Eur Arch Psychiatry Clin Neurosci. 2000;250(1):36-9
12Metab Brain Dis. 2005 Sep;20(3):219-26.
13Eur J Echocardiogr. 2008 Nov;9(6):840-5
14J Cardiovasc Med (Hagerstown). 2007 Oct;8(10):859-63
15Clin Neurol Neurosurg. 2005 Apr;107(3):181-6