Mesenterialinfarkt

Artikel aktualisiert am 8. Dezember 2020

Mesenterialinfarkt bedeutet Nekrose eines Darmabschnitts durch Unterbrechung seiner Durchblutung. Die Unterbrechung kann prinzipiell an zwei verschiedenen Stellen, nämlich arteriell oder venös, erfolgen.

Der Verschluss eines größeren Blut zuführenden Gefäßes (einer Mesenterialarterie) führt zu einer akuten Minderdurchblutung der Darmwand (Darmwandischämie) mit blutleeren Absterben des Gewebes (ischämischer Darminfarkt), der Verschluss eines größeren Blut ableitenden Gefäßes (Mesenterialvene) zu einem Absterben bei starker Blutfülle (hämorrhagischen Infarkt). Ein Mesenterialinfarkt tritt selten auf; seine Mortalität ist jedoch hoch.


Über facebook informieren wir Sie über Neues auf unseren Seiten!



Anämischer Mesenterialinfarkt

Ursache ist in der Regel eine Embolie (losgelöst mit dem Blut schwimmendes Blutgerinnsel) mit Ursprung aus dem Herzen. Meist ist der Vorhof des linken Herzens bei Vorhofflimmern mit einem Vorhofgerinnsel der Ausgangsort. Ein Gerinnsel, das sich dort loslöst und mit dem Blut mitschwimmt, kann sich als Embolus in den zum Darm führenden Arterien (Mesenterialarterien) festsetzen und sie verschließen. Auch eine Herzwandaussackung (Herzwandaneurysma) nach einem ausgedehnten Herzinfarkt kann ein Gerinnsel (Thrombus) tragen, das sich loslöst und als Embolus wegschwimmt. Seltener kommt es durch einen wandständigen Thrombus der großen Körperschlagader (Aorta) bei ausgeprägter Aortensklerose und durch eine gekreuzte Embolie bei offenem Foramen ovale zu einer Embolie in eine Mesenterialarterie. In den meisten Fällen (>80%) handelt es sich um eine Embolie in die A. mesenterica superior. Die Durchblutung des betreffenden Darmabschnitts stockt, die Darmwand sieht blass aus. Es kann in den Randgebieten zu sekundären Einblutungen kommen. Wird die Diagnose rasch gestellt, und erfolgt die notwendige Operation unverzüglich, kann die Durchblutung des Darmabschnitts nach Extraktion des Embolus wiederhergestellt werden. Ansonsten droht eine mehr oder weniger ausgeprägte Segmentresektion des Darms mit nachfolgendem Kurzdarmsyndrom.

Hämorrhagischer Mesenterialinfarkt

Der hämorrhagische Mesenterialinfarkt kommt durch eine Abflussstörung des Bluts in einem großen vom Darm wegführenden Blutgefäß (Mesenterialvene) zustande. Die Stagnation führt zu venösem Rückstaudes Bluts in den Darm, so dass der betroffene Darmabschnitt dunkellivide aussieht. Zugrunde liegt eine Mesenterialvenenthrombose. Gefährdet sind Patienten mit einer verstärkten Thromboseneigung (Hyperkoagulabilität, beispielsweise durch Thrombophilie z. B. durch AT3-Mangel, Protein-S-Mangel oder Protein-C-Mangel, Thrombozytose, Polycythämie, Faktor V Leiden, paraneoplastische Thromboseneigung) oder einer Infektion im Bauchraum (Abdomen), einer Bauchverletzung (Bauchtrauma) und einer ausgeprägten Bauchspeichelentzündung (Pankreatitis). Rauchen und Kontrazeptiva steigern das Risiko.

Verlauf

Im akuten Stadium kommt es zu plötzlichen heftigen Schmerzen im Abdomen, wobei der Bauch bei tiefer Palpation weich bleibt („visceraler Schmerz“, keine Schmerzverstärkung durch Druck von außen). Die Schmerzen können initial krampfartig sein. Sie halten lange an. Unter Schmerztherapie kommt es zum (trügerischen) Nachlassen, was jedoch nicht zur Verzögerung der sofortigen Diagnostik (z. B. CT) verleiten darf. Rasch kommt es zu einer Darmlähmung (paralytischer Ileus), nach kurzer Zeit zu einer peritonealen Entzündung (Durchwanderungsperitonitis). Sie bewirkt eine Änderung des Schmerzcharakters: nun beginnt der Bauch schmerzhaft empfindlich auf Palpation zu werden. In dieser Phase ist die Durchblutung operativ kaum noch wiederherzustellen, und es steigt das Risiko einer Sepsis mit Multiorganversagen.

Symptomatik

Es herrschen plötzliche, heftigste, meist schlecht lokalisierbare Schmerzen vor, oft zusammen mit starker Übelkeit, manchmal mit Durchfall, der auch blutig sein kann. Die Symptome führen in der Regel zu einer sofortigen Arztkonsultation. Bei der Untersuchung können plätschernde oder fehlende Darmgeräusche, ein weicher, gut eindrückbarer Bauch und bei entsprechender Ursache eine absolute Arrhythmie festgestellt werden. Oft kommt es gleich zu Beginn zu einem Kreislaufschock durch Sequestration von Flüssigkeit im Darmlumen, die nicht resorbiert werden kann. Bei einen hämorrhagischen Infarkt kommt noch eine Sequestration von Blutvolumen im mesenterialen Blutgefäßsystem (im splanchnischen Bett) hinzu.

Diagnostik

Plötzliche akute Schmerzen im Bauchraum bei eindrückbarem weichem Bauch müssen an die Möglichkeit eines Mesenterialinfarkts denken lassen, insbesondere wenn eine absolute Arrhythmie, eine Vorgeschichte mit einer Thrombose oder einer Embolie oder ein bösartiger (maligner) Tumor vorliegt. Die Auskultation des Abdomens ergibt fehlende Darmgeräusche oder ein Plätschern, was auf einen paralytischen Ileus hinweist. Die Diagnostik sollte unverzüglich eingeleitet werden. Diagnoseweisend ist eine Computertomographie oder ein MRT mit Kontrastmittel. Wird eine akute mesenteriale Ischämie bestätigt, so sollte nun rasch operiert werden, um den Darm möglichst noch retten zu können.

Liegt eine absolute Arrhythmie vor, so kann durch ein Herzecho ein Vorhofthrombus und ein Herzwandaneurysma diagnostiziert werden. Auch kann ein offenes Foramen ovale (Vorhofseptumdefekt) leicht erkannt werden. Unter den Laborwerten ist u. a. das Gerinnungssystem von Interesse: z. B. Blutbild mit Thrombozyten, Protein S, Protein C, AT3, Lupus-Antikoagulans, Faktor V Leiden, Homocystein.

Therapie

Zu Beginn steht eine sofortige und ausreichende Schmerz- und Schocktherapie. Sobald die Diagnose gesichert ist, wird in der Regel operiert, sofern Operationsfähigkeit besteht. Besteht der Mesenterialinfarkt noch nicht zu lange, besteht die Möglichkeit durch Extraktion des Blutgerinnsels die Durchblutung wiederherzustellen. Ansonsten wird es erforderlich, das nicht durchblutete Darmsegment zu resezieren.

Je länger der resezierte Darmabschnitt ist, desto höher ist das Risiko eines Kurzdarmsyndroms als Folge. Muste der letzte Teil des Dünndarms (das terminale Ileum) mit entfernt werden, so muss mit einem Gallensäureverlustsyndrom mit cholgener Diarrhö und einem sich über Monate entwickelnden Vitamin-B12-Mangel gerechnet werden (zu Therapie siehe jeweils dort).

Je später operiert wird, desto höher ist das Risiko postoperativer Komplikationen durch Sepsis und Multiorganversagen.

Zur Vorbeugung einer neuerlichen Embolie ist in der Regel eine effektive Gerinnungshemmung (Antikoagulation) auf Dauer anzuraten.

Verweise