Leber und Niere

Artikel aktualisiert am 11. Juni 2022

Leber und Niere sind funktionell eng miteinander verbunden. Beide Organe dienen der Ausscheidung von Stoffwechselendprodukten und Giftstoffen. Bei Lebererkrankungen finden sich oft auch Erkrankungen oder Funktionsstörungen der Nieren. Eine sich entwickelnde Niereninsuffizienz im Rahmen einer Leberkrankheit verändert ihren Verlauf u. U. dramatisch.


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Prärenales Nierenversagen bei zentraler Hypovolämie

Bei zentralem Volumenmangel, wie er bei der Aszitesentstehung auftritt (Underfilling-Mechanismus), kommt es zu einer Abnahme der Filtrationsleistung der Nieren (der glomerulären Filtrationsrate (GFR) ), die durch Auffüllung des Blutgefäßvolumens mit Flüssigkeit, die im Gefäßbett bleibt und nicht gleich ins Gewebe diffundiert, (Volumenexpansion) behoben werden kann (z. B. durch Albumininfusionen, portosystemischer Shuntanlage (TIPSS), Denver-Shunt, Wassersubmersion).

Hepatorenales Syndrom (HRS)

Beim HRS handelt es sich um ein fortschreitendes Nierenversagen bei einer schweren Lebererkrankung (Leberzirrhose mit Aszites, selten auch bei akutem Leberversagen anderer Genese) ohne Nachweis anderer renaler oder extrarenaler Ursachen. Das HRS ähnelt dem prärenalen Nierenversagen, unterscheidet sich jedoch von ihm durch fehlende Verbesserung nach Volumenauffüllung (s. o.).

→ Mehr zum hepatorenalen Syndrom.

Akute tubuläre Nekrose

Sie kommt meist bei cholestatischen Leberkrankheiten vor und ist häufiger als das hepatorenale Syndrom. Das HRS und die akute tubuläre Nekrose sind Differenzialdiagnosen, die speziell bei Gelbsucht im Rahmen einer fortgeschrittenen Leberzirrhose Schwierigkeiten bereiten können.

Hypoxische oder toxische Tubulusschädigung

Abgrenzung zum hepatorenalen Syndrom (HRS) durch den Urinbefund: Beim prärenalen Nierenversagen und HRS ist der Urin konzentriert (die Tubuli funktionieren noch) aber fast natriumfrei; bei akuter Tubulusnekrose ist er isoton (Na+ >30 mEq/l) mit Zelldetritus und wenig Eiweiß.

Ursachen: Medikamente (Aminoglykoside, Penizilline, Tetrazykline, Kontrastmittel; die Frequenz der Schädigung ist bei Leberkranken deutlich höher als bei Lebergesunden), Ischämie (Blutung, Schock, Sepsis)

Therapie: Überbrückung (wegen Reversibilität) durch Dialyse, Behandlung der Lebererkrankung (z.B. Galledrainage)

Renale tubuläre Azidose

Bei Leberkrankheiten kann eine distale renale tubuläre Azidose (RTA Typ I) als inkomplette Azidose auftreten. Sie ist charakterisiert durch mangelhafte Säureausscheidung bei Säurebelastung, aber noch ohne pH-Erniedrigung im Plasma.

Da die Azidose in aller Regel inkomplett bleibt, fehlen meist die klassischen Zeichen (Hypokaliämie, Azidose, Osteopenie, Polydipsie, Nephrokalzinose und Nierensteine).

Beim Morbus Wilson kann eine distale und zusätzlich proximale tubuläre renale Azidose auftreten (RTA Typ II), bei der auch Glukose, Aminosäuren und ß2-Mikroglobuline ausgeschieden werden.

Entstehung: An der Schädigung der Nieren sind Gallensäuren, immunologische Faktoren, Magnesiummangel (bei Typ II) und eine zu geringe Natriumkonzentration „um die distalen Tubuli herum“ beteiligt.

Glomerulonephritis bei Virushepatitiden

Bei akuter HB-Virus-Infektion kommt es gelegentlich zu einer Glomerulonephritis im Rahmen einer Serumkrankheit (Exanthem, Arthralgien, Fieber), die in 10-20% auftritt. Sie bildet sich spontan zurück. Bei der chron. HBV-Infektion sind Glomerulonephritiden verschiedenen Typs möglich: meist membranöse und membranoproliferative GN, seltener mesangioproliferative GN. Dabei subepitheliale Ablagerungen von HBV-Antigen enthaltenden Immunkomplexen (siehe hier).

Symptome: Erythrozyturie, mittlere und große Proteinurie, bei membranoproliferativer GN bis zum nephrotischen Syndrom, später auch zur Hypertonie und zur Niereninsuffizienz.

Bei HC-Virus-Infektion können Immunkomplexnephritiden auftreten, ebenfalls membranoproliferative GN. Sowohl bei HBV- als auch HCV-induzierter GN Besserung durch alpha-IF-Therapie. Bei beiden Hepatitiden auch Entwicklung einer Panarteriitis nodosa möglich (letztere selten, aber >50% der P.-n.-Patienten sind HBV-positiv!). Bei beiden sind eine Kryoglobulinämie (gemischter Typ aus IgG und IgM) und eine Kombination aus den Symptomen Purpura, Arthralgien und akuter Nephritis (meist membranoproliferative GN) möglich (siehe hier).

IgA-Nephropathie bei Leberzirrhose

Die IgA-Nephropathie findet sich häufig als Begleiterkrankung einer Leberkrankheit (>50% bei Leberzirrhose)! Histologisch sind Ablagerung von IgA-Immunkomplexen (mit C3) in den Glomerula typisch. Bedingt ist sie wahrscheinlich u. a. durch eine verminderte IgA-Clearance durch die Leber. Alle Formen einer GN sind möglich, aber eine IgA-Nephropathie am häufigsten. Meist handelt es sich um leichte, subklinische Verläufe, die zunächst nicht behandlungswürdig sind (siehe auch hier).

Durch eine begleitende Nierenkrankheit können Elektrolytstörungen im Blut, die alleine bereits durch eine schwere Leberfunktionsstörung ausgelöst werden kann, verstärkt werden. Dazu siehe Elektrolytregulation bei Lebererkrankungen.

Verweise