Kapselendoskopie

Artikel aktualisiert am 14. Dezember 2022

Die Kapselendoskopie (capsule endoscopy) ist eine Methode zur Besichtigung des Verdauungstraktes mit Hilfe einer in einer kleinen Kapsel untergebrachten Kamera, die ihre Bilder kontinuierlich einem Empfänger, der auf dem Körper getragen wird, sendet (PillCam = Kamera in Form einer Kapsel). (1)Expert Rev Gastroenterol Hepatol. 2021 Feb;15(2):127-137. DOI: 10.1080/17474124.2021.1840351


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Aussagefähigkeit

Solange die Kapsel nahen Kontakt zur Schleimhaut hat, sind gute Bilder erwartbar. Beeinträchtigt wird die Aussagefähigkeit durch

  • zu rasche Passage der Kapsel über eine (vielleicht diagnostisch wichtige) Stelle,
  • Magen-/Darminhalt
PillCam der ersten und zweiten Generation
PillCam der ersten und zweiten Generation

Klassisches Ziel der Untersuchung ist der Dünndarm, aber es können auch Aussagen getroffen werden zur Speiseröhre (Ösophagus) (z. B. zur Klärung von Ösophagusvarizen (2)Endoscopy. 2006 Jan;38(1):31-5  (3)Endoscopy. 2006 Jan;38(1):36-41 ) oder zum Dickdarm (Kolon) (4)Endoscopy. 2006 Oct;38(10):963-70  (5)Endoscopy. 2006 Oct;38(10):971-7, der jedoch zuvor durch Abführmaßnahmen gereinigt werden muss.

PillCam: Dünndarmschleimhaut
Normale Dünndarmschleimhaut mit erkennbaren Zotten. Bild einer PillCam.

Nicht sind immer alle Strukturen zu erkennen. Dies ist aus dem Befund zu schließen, dass die Hauptpapille des Gallengangs (Papilla maior) in kaum 50% der Fälle gesehen wird (6) 2016 Mar 14;22(10):3066-8. doi: 10.3748/wjg.v22.i10.3066..

Neue Entwicklungen (Ballonenteroskopie) ermöglichen die Erreichung der durch die Kapselendoskopie entdeckten entfernten krankhaften Schleimhautbezirke für Biopsien oder eine Laserkoagulation.

Kolonkapsel-Endoskopie

Die PillCam Colon2 (CCE-2) besitzt ein breiteres Gesichtsfeld als die PillCam erster Generation und zudem zwei hochauflösende Kameras mit jeweils 172° Betrachtungswinkeln. Eine Studie zeigte, dass das es eine signifikant höhere Sensitivität bei der Erkennung von Dickdarmläsionen aufwies. Inzwischen ist seine diagnostische Bedeutung bei chronische entzündlichen Darmkrankheiten gut dokumentiert. Die Ergebnisse stimmten in hohem Maße mit den Scores bzgl. Krankheitsaktivität überein, so dass diese minimal invasive Methode alternativ für diagnostische Zwecke infrage kommt. (7)Diagnostics (Basel). 2022 Jan 8;12(1):149. DOI: 10.3390/diagnostics12010149

Indikationen

  • Suche von verborgenen Blutungsquellen oder eines Tumors, insbesondere in Bereichen, die der konventionellen Endoskopie (Gastroskopie, Koloskopie) nicht oder nur schwer zugänglich sind, wie im mittleren und unteren Teil des Dünndarms,
  • Ausbreitungsdiagnostik beim Morbus Crohn (alternativ oder ergänzend zum MR-Sellink),
  • Untersuchung des Intestinaltrakts bei Kontraindikationen oder Ablehnung der konventionellen Endoskopie durch den Patienten.

Komplikationen

Insgesamt sind Komplikationen sehr selten.

Die Hauptkomplikation betrifft eine Darmverengung (Stenose): Obwohl die Kapsel relativ groß ist, kann sie ähnlich einer großen Medikamentenkapsel in der Regel gut geschluckt werden. Sie löst sich jedoch allerdings nicht im Darmkanal auf und kann an einer höhergradigen Engstellung (Stenose, z. B. beim Morbus Crohn) hängen bleiben und zum Darmverschuss (Ileus) führen. Bei einem symptomatischen Morbus Crohn sollte eine solche Stenose vor einer Kapseluntersuchung weitgehend ausgeschlossen sein. Eine in einer Stenose stecken gebliebene Kapsel muss operativ entfernt werden. Dies ist dann nicht nachteilig, wenn die Stenose sowieso operativ angegangen werden muss. Eine entsprechende Aufklärung ist erforderlich.

Entwicklungen

Die Auswertung der Videosequenzen einer Dünndarmpassage ist zeitaufwändig. Um sie zu automatisieren, werden Bilderkennungsalgorithmen der KI („künstliche Intelligenz“) entwickelt und angewendet, die eine mindestens ebenso gute Detektion z. B. von Angiodysplasien, Entzündungen, Polypen und Tumoren wie der menschliche Untersucher gewährleisten. Erste Untersuchungen zeigen, dass nach Training der Systeme eine sehr hohe Akkuratheit, Spezifität und Sensitivität erreicht werden kann. (8)Gastrointest Endosc. 2021 Jan;93(1):165-173.e1. DOI: 10.1016/j.gie.2020.04.080  (9)BMJ Open Gastroenterol. 2021 Sep;8(1):e000753. DOI: 10.1136/bmjgast-2021-000753

Verweise

 

Literatur

Literatur
1Expert Rev Gastroenterol Hepatol. 2021 Feb;15(2):127-137. DOI: 10.1080/17474124.2021.1840351
2Endoscopy. 2006 Jan;38(1):31-5
3Endoscopy. 2006 Jan;38(1):36-41
4Endoscopy. 2006 Oct;38(10):963-70
5Endoscopy. 2006 Oct;38(10):971-7
6 2016 Mar 14;22(10):3066-8. doi: 10.3748/wjg.v22.i10.3066.
7Diagnostics (Basel). 2022 Jan 8;12(1):149. DOI: 10.3390/diagnostics12010149
8Gastrointest Endosc. 2021 Jan;93(1):165-173.e1. DOI: 10.1016/j.gie.2020.04.080
9BMJ Open Gastroenterol. 2021 Sep;8(1):e000753. DOI: 10.1136/bmjgast-2021-000753