Gicht

Artikel aktualisiert am 14. Dezember 2022

Die Gicht ist eine Krankheit von Bindegewebe, Gelenken und Nieren, die durch einen zu hohen Harnsäurespiegel im Blut ausgelöst wird. Sie kann zu schwerwiegenden Nierenschäden mit Niereninsuffizienz und Gelenkzerstörungen führen und sollte frühzeitig diagnostiziert und diätetisch und medikamentös behandelt werden. Eine Hyperurikämie ohne Organbeteiligung und ohne Symptome definiert noch nicht die Gicht. (1)Dtsch Arztebl 2003; 100(44): A-2862


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Ätiopathogenese

Harnsäure entsteht durch Abbau von Purinen (Nukleinsäurebestandteil) und wird durch die Tubuli der Nieren aktiv in den Urin ausgeschieden. Eine zu hohe Konzentration im Blut ensteht durch vermehrte Bildung und/oder erniedrigte Ausscheidung von Harnsäure. Sie wird als Hyperurikämie bezeichnet.

Primäre Gicht: Sie ist definiert durch eine genetisch bedingte Störung der tubulären Harnsäuresekretion. Die Harnsäurebildung ist dabei meist normal. Allerdings ist eine genetisch bedingte vermehrte Harnsäurebildung ebenfalls Ursache einer Gicht. Dies ist beim Lesh-Nyhan-Syndrom der Fall.

Sekundäre Gicht: Hierbei handelt es sich um eine vermehrte Harnsäurebildung durch gesteigerten Zellumsatz, wie er häufig bei Hämoblastosen und zerfallenden Tumoren vorkommt. Auch im Rahmen einer Chemotherapie kann es durch beschleunigten Zellzerfall zu Hyperurikämie und Gicht kommen.

Bei der Gicht kristallisiert Harnsäure in verschiedenen Organen und Geweben aus. Kristallaggregate sind die sog. „Tophi„, die in der Haut als weißliche Einlagerungen sichtbar sind, sich aber auch im Bereich innerer Organe und Gewebe ablagern können. An Gelenken führen sie zur Gichtarthropathie mit knöchernen Destruktionen.

In der Niere und im Urin fallen Uratkristalle bei saurem Milieu besonders leicht aus; Folge sind eine Harnsäure-Nephropathie, die zur Niereninsuffizienz führen kann, und Harnsäuresteine (Uratsteine) mit der Folge von Nierenkoliken / Harnleiterkoliken.

Ursachen einer Gicht

Die Gicht wird durch eine erhöhte Harnsäurekonzentration im Blut ausgelöst. Sie kann erworben oder genetisch bedingt sein:

Erworbene Hyperurikämie

  • Alkohol-bedingt: erhöhter Purinabbau in der Leber (beispielsweise durch Alkohol bedingt),
  • Tumor-bedingt: erhöhter Anfall von Purinen bei Zellzerfall, beispielsweise im Rahmen von Tumoren und Blutkrebs, besonders bei Chemotherapie-bedingtem Tumorzerfall,
  • Nierenschaden: erniedrigte Ausscheidung von Harnsäure im Urin; häufigste Ursache ist meist ein chronischer Nierenschaden,
    • Tubulusschädigung der Nieren durch Medikamente (z. B. Phenacetin, Cyclosporin),
  • diätetisch bedingt: stark erhöhte Purinzufuhr mit der Nahrung über „kernreiche“ Kost (reich an Zellkernen), wie Leber oder sonstige Innereien,

Genetischer Stoffwechseldefekt

  • Primäre Gicht: Ihr liegt ein genetischer Defekt der Tubulusfunktion in den Nieren mit der Folge einer Störung der Harnsäureausscheidung zugrunde.
  • Lesh-Nyhan-Syndrom: zugrunde liegt ein vollständiger Mangel an dem Enzym Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyl-Transferase .

Symptomatik

  • bei einer akuten Gichtarthritis rasch (meist nachts) einsetzender Schmerz an einem Gelenk mit Schwellung, Rötung und Überwärmung (Gichtarthritis z. B. Podagra = am Großzehgrundgelenk),
  • gelegentlich dabei Fieber und allgemeines Krankheitsgefühl, müssen aber nicht vorliegen,
  • Tophi (gelblich-weißliche Knötchen an der Haut bei chronischer Gicht (meist an Ohrläppchen, Fingern, Füßen); sie können Platzen und den Kristallbrei entleeren,
  • Nierenkolik / Harnleiterkolik durch Uratsteine,
  • Uratnephropathie (Form der interstitiellen Nephritis) mit zunehmender Niereninsuffizienz mit den Folgen u. a. einer Hypertonie oder schließlich einer Urämie.

Diagnose

Die Diagnose einer Gicht wird meist gestellt, wenn eine akute Arthritis zur Bestimmung der Harnsäurekonzentration im Blut veranlasst.

  • Labor: Hyperurikämie (etwa 30% der Patienten mit akuter Gicht haben einen normalen Spiegel!), Retentionsparameter? Ggf. Harnsäureausscheidung im 24h-Urin,
  • Gelenkpunktion nur bei Zweifel an der Diagnose: Harnsäurekristalle?
  • Röntgen der betroffenen Gelenke: Gelenkdestuktionen, knöcherne Tophi?

Therapie

Akuter Gichtanfall

Die akute Gichtarthritis bedarf einer sofortigen antientzündlichen Therapie (siehe hier). Die Behandlung stützt sich zudem auf eine Senkung des erhöhten Harnsäurespiegels im Blut durch Xanthinoxidasehemmer wie Allopurinol und Febuxostat (Adenuric ®). Febuxostat bedarf keiner Dosisanpassung bei leichter Niereninsuffizienz; es ist wirksamer als Allopurinol (siehe hier).

Langzeitbehandlung und Vorbeugung

Bei familiärer Veranlagung zur Gicht sollte purinhaltige Kost vermieden werden. Zur medikamentösen Unterdrückung der Harnsäurebildung dienen Allopurinol und Febuxostat. Eine Alkalisierung des Urins z. B. durch Kaliumzitrat verhindert eine Auskristallisierung und Uratsteinbildung. Die Trinkmenge sollte relativ hoch sein (>2,5 l/d, wenn die Belastbarkeit des Herzens es zulässt).

Verweise

 


Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).


 


Literatur

Literatur
1Dtsch Arztebl 2003; 100(44): A-2862