Gabapentin

Artikel aktualisiert am 11. Dezember 2022

Gabapentin (Neurontin®, Gabax®, Generika) ist ein Wirkstoff, der wegen seiner erregungsdämpfenden Wirkung im Zentralnervensystem zur Behandlung von Anfallsleiden, Schmerzen, neuropathischer Beschwerden und Restless Legs angewendet wird.


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Das Wichtigste verständlich

Kurzgefasst
Gabapentin ist ein Medikament zur Dämpfung einer nervösen und psychischen Übererregbarkeit; es wirkt zudem angstlösend und schmerzdämpfend. Bei stressbedingten Krankheiten kann es eine nützliche Begleitmedikation darstellen. Bei Schmerzen kann es entspannen und Opiate einsparen helfen. Gabapentin wird gut vertragen. In wenigen Fällen treten als Nebenwirkungen Schwindel und Müdigkeit auf.

Eine neue Perspektive ergibt sich aus seiner neuroprotektiven Wirkung: es schützt Nervenzellen des Gehirns und des Rückenmarks vor Zelltod bei Sauerstoffmangel, was bei der Behandlung des Schlaganfalls eine Rolle spielen kann.

Pharmakokinetik

Gabapentin ist wie Pregabalin ein GABA-Analog (strukturell abgeleitet von Gamma-Aminobuttersäure, GABA). GABA ist der hauptsächliche inhibitorisch wirkende Neurotransmitter in Gehirn und Rückenmark. Gabapentin wirkt jedoch über Beeinflussung einer Untereinheit der spannungsabhängigen Ca2+ Kanäle, wodurch der Kalziumeinstrom in die präsynaptischen Nervenendigungen und darüber die Freisetzung exzitatorischer Neurotransmitter behindert wird. (1)J Biol Chem. 1996 Mar 8; 271(10):5768-76

Die Bioverfügbarkeit nach oraler Aufnahme beträgt etwa 50%; die Ausscheidung erfolgt über die Nieren. Die biologische Halbwertszeit beträgt etwa 6 Stunden. Im Blut wird es nicht an Eiweiß gebunden; in der Leber induziert es keine Enzyme. (2)Neurology. 1994;44(suppl 5):S17–S22 Die Wirkungen im Körper sind nicht völlig aufgeklärt. An ihnen beteiligt sollen Neurotransmitter wie Glutamat, GABA, Serotonin, Norepinephrin und PTSD (hypothalamisches Peptid) sein. (3)J Clin Psychiatry. 2000;61(suppl 5):24–29

Der Abkömmling Gabapentin-Enacarbil XR ist ein Prodrug, das verzögert freigesetzt und in die Wirksubstanz umgewandelt wird. Seine Wirkung hält über 24 Stunden an. Das Nebenwirkungsprofil entspricht dem von Gabapentin [4]. (4)Clin Neuropharmacol. 2012 Jul-Aug;35(4):165-73. DOI: 10.1097/WNF.0b013e318259eac8. PMID: 22664749.

Klinische Wirkungen

Die Hauptwirkungen sind allgemein erregungsdämpfend, analgetisch, anxiolytisch. Gabapentin kann zur Einsparung von Opioiden beitragen. (5)Singapore Med J. 2011 Dec;52(12):883-9

Nebenwirkungen

Die Verträglichkeit ist recht gut. Am häufigsten (etwa 10%) wird von Schläfrigkeit und Schwindel berichtet.

Indikationen

Gabapentin hat sich bei einer Reihe von psychiatrischen Störungen und Erkrankungen bewährt. Leut einer Zusammenstellung hat es meist eine gute bis akzeptable Wirksamkeit bei Angststörungen, beim Alkoholentzung und als Begleitmedikation zur Opioideinsparung, weniger sicher bei bipolaren Krankheiten, bipolaren Erkrankungen, der Depression und der posttraumatischen Belastungsstörung. (6)Prim Care Companion CNS Disord. 2015 Oct 22;17(5):10.4088/PCC.15r01821. doi: 10.4088/PCC.15r01821. … Continue reading

Die Wirksamkeit von Gabapentin wurde in Einzelbeobachtungen und Studien für folgende möglichen Indikationen belegt:

  • Zusatzmedikation bei epileptischen (7)Epilepsia. 1999;40 Suppl 5:S63-70,
  • Restless-legs-Syndrom, (8)Clin Neuropharmacol. 2012 Jul-Aug;35(4):165-73. DOI: 10.1097/WNF.0b013e318259eac8. PMID: 22664749.
  • chronischer Beckenschmerz (chronic pelvic pain, CPP), (9)BMJ Open. 2012 Jun 8;2(3). pii: e001297. doi: 10.1136/bmjopen-2012-001297
  • chronischer neuropathischer Schmerz (10)J Clin Oncol. 2004 Jul 15;22(14):2909-17, beste Wirkung zusammen mit Opioden (11)J Pain Symptom Manage. 2007 Aug;34(2):183-9 (12)Int J Clin Oncol. 2010 Feb;15(1):46-51,
    • diabetische Neuropathie (13)Indian J Pharmacol. 2012 Jan;44(1):51-6,
  • postoperative Behandlung wegen des schmerzlindernden (analgetischen) und angstlösenden (anxiolytischen) Effekts und zur Einsparung von Opioiden (14)Curr Drug Targets. 2009 Aug;10(8):716-33 (15)Singapore Med J. 2011 Dec;52(12):883-9,
  • posttraumatische Stresskrankheit: es vermag den Schlaf zu verlängern und Albträume zu vermindern (16)Prim Care Companion J Clin Psychiatry. 2000 Jun;2(3):105. Ein posttraumatisches Belastungssyndrom (PTDS) konnte jedoch bei Verbrennungspatienten unter Kriegsheimkehrern mit Gabapentin nicht verhindert werden (17)J Burn Care Res. 2012 Sep-Oct;33(5):612-8. doi: 10.1097/BCR.0b013e31823dc710. PMID: 22210072..

Weitere Entwicklungen

Gabapentin schützt offenbar das zentrale Nervensystem: in Tierversuchen wirkt es neuroprotektiv bei Verletzungen des Rückenmarks und bei Sauerstoffunterversorgung (Ischämie). (18)World Neurosurg. 2010 Jun;73(6):729-34 (19)J Neurosurg Spine. 2011 Sep;15(3):228-37 Dies erfolgt über Aktivierung des PI3K/Akt/mTOR-Signalwegs. Über diesen Weg, der zu einer reduzierten Autophagie führt, lässt sich die Penumbra (entzündliche Umgebung) eines Schlaganfallbezirks verkleinern. (20)J Neuropathol Exp Neurol. 2019 Feb 1;78(2):157-171. DOI: 10.1093/jnen/nly119. PMID: 30597043.


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Verweise

 


Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).


 


Literatur

Literatur
1J Biol Chem. 1996 Mar 8; 271(10):5768-76
2Neurology. 1994;44(suppl 5):S17–S22
3J Clin Psychiatry. 2000;61(suppl 5):24–29
4Clin Neuropharmacol. 2012 Jul-Aug;35(4):165-73. DOI: 10.1097/WNF.0b013e318259eac8. PMID: 22664749.
5Singapore Med J. 2011 Dec;52(12):883-9
6Prim Care Companion CNS Disord. 2015 Oct 22;17(5):10.4088/PCC.15r01821. doi: 10.4088/PCC.15r01821. PMID: 26835178; PMCID: PMC4732322.
7Epilepsia. 1999;40 Suppl 5:S63-70
8Clin Neuropharmacol. 2012 Jul-Aug;35(4):165-73. DOI: 10.1097/WNF.0b013e318259eac8. PMID: 22664749.
9BMJ Open. 2012 Jun 8;2(3). pii: e001297. doi: 10.1136/bmjopen-2012-001297
10J Clin Oncol. 2004 Jul 15;22(14):2909-17
11J Pain Symptom Manage. 2007 Aug;34(2):183-9
12Int J Clin Oncol. 2010 Feb;15(1):46-51
13Indian J Pharmacol. 2012 Jan;44(1):51-6
14Curr Drug Targets. 2009 Aug;10(8):716-33
15Singapore Med J. 2011 Dec;52(12):883-9
16Prim Care Companion J Clin Psychiatry. 2000 Jun;2(3):105
17J Burn Care Res. 2012 Sep-Oct;33(5):612-8. doi: 10.1097/BCR.0b013e31823dc710. PMID: 22210072.
18World Neurosurg. 2010 Jun;73(6):729-34
19J Neurosurg Spine. 2011 Sep;15(3):228-37
20J Neuropathol Exp Neurol. 2019 Feb 1;78(2):157-171. DOI: 10.1093/jnen/nly119. PMID: 30597043.