Die Milz

Artikel aktualisiert am 15. Dezember 2022

Die Milz ist das größte lymphatische Organ des Körpers. Es steht in enger Verbindung mit dem Immun- und Abwehrsystem des Körpers und spielt bei der Reinigung des Bluts von alternden roten Blutkörperchen eine zentrale Rolle. Ihre Funktionsstörung wirkt sich erheblich auf die Abwehrkraft des Körpers aus. Eine Vergrößerung der Milz (Splenomegalie) ist ein häufiges klinisches Symptom von Viruskrankheiten und schweren bakteriellen Krankheiten. Sie kann auch auf eine Knochenmarkskrankheit und eine Lymphomkrankheit hinweisen (s.u.). Nach einer Milzentfernung (Splenektomie) steigt das Infektionsrisiko für bestimmte Bakterien, die eine Lungenentzündung (Pneumonie) und eine Hirnhautentzündung (Meningitis) auslösen können, stark an, so dass eine Impfung empfohlen wird. Hier wird die normale Milz beschrieben.


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Anatomie

Frontaler Längsschnitt des Abdomens mit Leber (r.o.), beiden Nieren und Milz (l.o.) Milzinfarkt am oberen Pol.

Die Milz liegt in der linken oberen Flanke oberhalb der linken Niere und lateral vom Schwanz der Bauchspeicheldrüse (Pankreas), jedoch im Gegensatz zu diesen beiden Organen nicht hinter sondern in der Leibeshöhle, also nicht retroperitoneal sondern intraperitoneal. Ihre Maße, wie sie sonographisch routinemäßig bei der Oberbauchsonographie erfasst werden, sind 4 x 7 x 11 cm. Bei der klinischen Untersuchung ist die Milz normalerweise nicht tastbar. Sie lässt sich in geeigneter Lagerung bei der Bauchspiegelung betrachten und punktieren. Die Oberfläche ist glatt und dunkelbraunrot; die Konsistenz gummiartig.

Die Blutzufuhr erfolgt über die Milzarterie, die aus dem „Truncus coeliacus“ (erster großer arterielle Abzweig aus der Aorta unterhalb des Zwerchfells) stammt. Das venöse Blut fließt über die Milzvene retroperitoneal am Oberrand der Bauchspeicheldrüse entlang zur Leber hin. Die Milzvene vereinigt sich mit der vom Darm herkommenden Vene (Vena coeliaca) zur Pfortader (Vena portae), die in die Leber zieht und dort unter normalen Bedingungen 2/3 der Leberdurchblutung ausmacht.

Die Milz selbst besteht aus einer roten und einer weißen Pulpa. In der roten Pulpa erfolgt die Blutfilterung und die rasche Bildung von Antigen-spezifischen Antikörpern durch Plasmazellen, in der weißen die Infektionsabwehr durch Makrophagen und die Lymphozytenentwicklung bei Reizung durch Antigene.

Funktionen der Milz

Die Funktionen der Milz hängen mit der Fähigkeit ihrer Zellen zur Phagozytose und zur Bildung von Immunzellen zusammen. Sie stehen nach operativer Milzentfernung (Splenektomie) nicht mehr zur Verfügung; auch in der größeren Gruppe, bei der die Milzfunktion in unterschiedlichem Maß vermindert ist, kann es zu einem Defizit dieser Funktionen kommen.

Die Milz übt folgende Hauptfunktionen aus:

  • Infektionsabwehr: Die Milz spielt eine wesentliche eine Rolle bei Speicherung und Differenzierung von Lymphozyten sowie von Makrophagen. Bei Funktionsstörungen der Milz kommt es zu einer eingeschränkten Abwehr insbesondere kapselbildender Erreger aufgrund mangelnder Erfassung und Phagozytose durch Makrophagen der Milz. (1)J Infect 43:182–186 Eine operative Milzentfernung (Splenektomie) hat damit Auswirkungen auf die Abwehrkraft des Körpers. Sie ist zwar mit dem Leben vereinbar, solange sich keine schwerwiegende Infektion entwickelt. Aber die mit einer jährliche Häufigkeit von etwa 0,3% auftretenden Postsplenektomie-Infektionen sind in hohem Maße lebensbedrohlich; die Mortalität des immer septisch verlaufenden „OPSI-Syndroms“ (Syndrom der „overwhelming post-splenectomy infection“) liegt bei 70%. Aus diesem Grunde wird vor einer geplanten oder kurz nach einer ungeplanten notfallmäßigen Splenektomie vorbeugend eine Impfung gegen Pneumokokken (Streptococcus pneumoniae) mit Pneumovax, Haemophilus influenca mit Hiberix und Meningokokken mit Meningitec oder Mencevax durchgeführt.
  • Filterung und Entfernung von zirkulierenden Mikroorganismen, Immunkomplexen, alternder Blutzellen und kleinem Fremdmaterial aus der Blutbahn. Geschädigte Erythrozyten werden abgefangen und abgebaut, das frei werdende Eisen gespeichert. Bei Milzvergrößerung und vermehrter Aktivität des Organs („Hypersplenismus“) kommt es zu einem vermehrten Abbau von Thrombozyten; es entsteht eine Thrombozytopenie. Umgekehrt führt ein Milzverlust zu einer verlängerten Thrombozytenlebenszeit und einer Thrombozytose.

Bestimmung der Milzfunktion

Da nicht nur die vollständige Milzentfernung zu einem Funktionsverlust führt, sondern auch Krankheiten mit einer funktionellen Störung mit verschieden ausgeprägtem Partialverlust der Milzfunktion einhergehen können, die von klinischer Bedeutung und einer therapeutischen Konsequenz sind, ist eine Funktionsmessung erwünscht. Krankheiten, in denen je nach Krankheitsaktivität eine Abnahme der Milzfunktion möglich ist, sind beispielsweise die Sichelzellanämie, die Coeliakie, der systemische Lupus erythematodes, zudem der Milzinfarkt oder .

  • Die Milzfunktion kann durch die Bestimmung der Howell-Jolly-Körperchen im Blutbild abgeschätzt werden (siehe hier). Die genauere quantitative Bestimmung erfolgt durch Flusszytometrie. Auch abnormale Erythrozyten mit „Pits“ (kleinste Ausstülpungen an der Oberfläche) werden bei Abnahme der Milzfunktion vermehrt im Blut gefunden (über 4%).
  • Szintigraphie mit radioaktiv markierten geschädigten Erythrozyten: nach Injektion von Technetium-99m (99mTc)-markierten, durch Erhitzung veränderten autologen Erythrozyten kommt eine Markierung der Milz zustande, die gemessen werden kann und als Maß für die Milzfunktion dient. Die normale Milz sequestriert ca. 90% der markierten Erythrozyten. Sinkt die Fähigkeit der Milz, defekte Erythrozyten zu filtern, so sinkt die Clearance-Rate (Messung der Radioaktivität im Blut) und die Markierung der Milz im Szintigramm. Eine empfindliche SPECT-CT-Gamma-Kamera erlaubt sowohl die Funktion als auch die funktionelle Organgröße zu bestimmen und wird als aussagekräftigste Methode empfohlen. (2)Eur J Clin Microbiol Infect Dis. 2010 Dec;29(12):1465-73.

Krankheiten mit einer Milzvergrößerung

Eine Vergrößerung der Milz (Splenomegalie) lässt sich meist schon durch eine klinische Untersuchung feststellen (Palpation in Rechtsseitenlage bei tiefer Inspiration). Sie findet sich relativ häufig bei einem Virusinfekt. Stärkere Vergrößerungen können auf schwerwiegende Krankheiten deuten und bedürfen einer eingehenden Diagnostik. Siehe hier. (3)Am Fam Physician. 2021 Sep 1;104(3):271-276.  (4) Int J Biochem Cell Biol. 2018 Jan;94:40-43. DOI: 10.1016/j.biocel.2017.11.011.

Verweise

 


Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).


 

Literatur

Literatur
1J Infect 43:182–186
2Eur J Clin Microbiol Infect Dis. 2010 Dec;29(12):1465-73.
3Am Fam Physician. 2021 Sep 1;104(3):271-276.
4 Int J Biochem Cell Biol. 2018 Jan;94:40-43. DOI: 10.1016/j.biocel.2017.11.011.