Dabigatran

Artikel aktualisiert am 7. Februar 2021

Dabigatran ist ein direkter Thrombin-Inhibitor, der zur Thrombose- und Embolievorbeugung eingesetzt werden kann. Es wird als Prodrug (Dabigatranetexilat, Pradaxa®) verabreicht. Es gehört zur den direkt wirkenden oralen Antikoagulanzien (DOACs).


Das Wichtigste

Kurzgefasst
Dabigatran (verabreicht als Prodrug Dabigatranetexilat) ist ein Medikament zur Gerinnungshemmung; es unterdrückt die Bildung von Blutgerinnseln. In der Vorbeugung eines Schlaganfalls ist es ähnlich wirksam wie niedermolekulares Heparin. Dabigatran kann bei Heparin-Unverträglichkeit (z. B. bei einer Heparin–induzierten Thrombozytopenie, HIT) und zur Thrombose– und Embolievorbeugung nach Knie- und Hüftoperationen von Nutzen sein. Vorsicht ist vor allem bezüglich möglicher Blutungskomplikationen insbesondere bei einer Nierenschädigung (Niereninsuffizienz) geboten.

Als Antidot bei einer Blutungskomplikation steht der Antikörper Idarucizumab (Praxbind®) zur Verfügung.

Eine etwas risikoärmere Option zur Thrombembolieprophylaxe speziell bei einer Nierenfunktionsstörung scheint Apixaban zu sein.


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Allgemeines

Dabigatran Etexilat ist ein oral zu verabreichendes Prodrug, dessen wirksame Substanz Dabigatran durch Esterasen im Blut und in der Leber entsteht. Dabigatran selbst ist ein Thrombinhemmer; es hemmt damit indirekt die Umwandlung von Fibrinogen in Fibrin. Das Prodrug und Dabigatran selbst wird durch die Nieren ausgeschieden. Bei einer Niereninsuffizienz kommt es zu einer erhöhten und verlängerten Wirksamkeit, so dass die Blutungskomplikationen zunehmen. Die Zulassung umfasst die Vorbeugung von Thrombembolien nach Operationen an Knie und Hüfte sowie die eines Schlaganfalls unter Vorhofflimmern (die jeweils geltende Zulassung geht aus dem Beipackzettel hervor). Bei einer Halbwertszeit von etwas mehr als 12 Stunden wird es 2x pro Tag verabreicht. Eine Beeinflussung des Cytochrom-P-450-Systems besteht nicht.

Wirksamkeit

Die Dosis von 2×150 mg soll bezüglich Schlaganfall-Prävention und systemischen Embolien bei Vorhofflimmern wirksamer sein als Warfarin. (1)Am J Cardiovasc Drugs. 2011;11(1):57-72

Die Wirksamkeit von Dabigatran entspricht in etwa der von fraktioniertem Heparin (wie Enoxaparin).

Die Plasmahalbwertszeit beträgt 12-14 Stunden.

Die Ausscheidung erfolgt über die Nieren; bei Niereninsuffizienz steigt die Plasmakonzentration und damit die Blutungsgefahr.

Eine Kombination mit anderen Antikoagulantien oder mit Chinidin sollte nicht durchgeführt werden.

Indikationen

Dabigatran kann insbesondere bei Patienten eingesetzt werden, die unter Heparinen eine Heparin-induzierte Thrombopenie entwickeln.

Bei Patienten mit Vorhofflimmern hat eine norwegische Studie bezüglich Embolierisiko im Vergleich mit Rivaroxaban und Apixaban für Dabigatran keine statistisch signifikante Über- oder Unterlegenheit festgestellt. (2)Eur Heart J Cardiovasc Pharmacother. 2020 Apr 1;6(2):75-85. DOI: 10.1093/ehjcvp/pvz086. PMID: … Continue reading

Die Zulassungsindikationen zu beachten (siehe Firmeninformationen auf dem Beipackzettel).

Anwendung bei Kindern

Kinder im Alter zwischen 3 Monaten und 18 Jahren, die ein hohes und anhaltendes Thrombembolierisiko haben, können nach einem solchen Ereignis mit akzeptablem Risiko mit Dabigatran behandelt werden. Studie über im Mittel 36,3 Wochen: Bei 2 von 203 Kindern trat eine neue Thrombose auf, bei 3 eine größere Blutung, 37 eine geringere Blutung. (3)Blood. 2020 Feb 13;135(7):491-504. doi: 10.1182/blood.2019000998. Erratum in: Blood. 2020 May … Continue reading

Komplikationen

Dabigatran weist, wie auch Apixaban und Rivaroxaban, in einer „real-world-study“ bei Patienten mit (nicht durch eine Klappenerkrankung bedingten) Vorhofflimmern ein deutlich geringeres Risiko großer Blutungskomplikationen auf als Warfarin (4) 2017 Nov;33(11):1955-1963. doi: 10.1080/03007995.2017.1374935. .

Dabigatran ist jedoch wegen einiger Blutungskomplikationen bei Niereninsuffizienz in die Kritik geraten. Auch wird angeführt, dass traumatische Blutungen bei Patienten, die unter dem Medikament stehen, fatal verlaufen können. Ein wirksames Antidot ist der Antikörper Idarucizumab (Praxbind®). (5)Circulation. 2019;139:748–756 Ansonsten ist die einzige Möglichkeit, die Wirkung zu reduzieren, die Notfalldialyse. (6)N Engl J Med 2011; 365:2039-2040

Patienten mit einer mechanischen Herzklappe erleiden unter Dabigatranprophylaxe statistisch mehr Komplikationen (sowohl Blutungen als auch Thrombembolien) als unter Warfarin, sodass ein Nutzen für diese Indikation nicht nachgewiesen werden konnte. (7)N Engl J Med 2013; 369:1206-1214

Antidot

Idarucizumab ist als Antidot von Dabigatran bei einer schweren Blutungskomplikation zugelassen. Als eher seltene Nebenwirkungen werden Kopfschmerzen, Nasopharyngitis, Rückenschmerzen, Hautreizungen, Hypokaliämie, Delirium, Verstopfung, Pyrexie und Lungenentzündung angeführt. Die Nebenwirkungen von Idarucizumab waren meist gering ausgeprägt. (8)A Systematic Review. Am J Ther. 2018 May/Jun;25(3):e333-e338. DOI: 10.1097/MJT.0000000000000460. … Continue reading Bei Notwendigkeit für eine weitere Antikoagulation kann in Fällen einer blutungsbedingten Antidot-Behandlung bei ischämischem Schlaganfall rt-PA (rekombinanter „tissue-type plasminogen activator„, eine Protease, die Plasminogen in Plasmin umwandelt) mit akzeptablem Risiko verwendet werden, wie eine Studie zeigt. (9)Int J Stroke. 2020 Aug;15(6):609-618. doi: 10.1177/1747493019895654. Epub 2020 Jan 19. PMID: … Continue reading

Verweise

 


Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).


Literatur

Literatur
1Am J Cardiovasc Drugs. 2011;11(1):57-72
2Eur Heart J Cardiovasc Pharmacother. 2020 Apr 1;6(2):75-85. DOI: 10.1093/ehjcvp/pvz086. PMID: 31942972; PMCID: PMC7073510.
3Blood. 2020 Feb 13;135(7):491-504. doi: 10.1182/blood.2019000998. Erratum in: Blood. 2020 May 7;135(19):1720. PMID: 31805182; PMCID: PMC7019192.
4 2017 Nov;33(11):1955-1963. doi: 10.1080/03007995.2017.1374935.
5Circulation. 2019;139:748–756
6N Engl J Med 2011; 365:2039-2040
7N Engl J Med 2013; 369:1206-1214
8A Systematic Review. Am J Ther. 2018 May/Jun;25(3):e333-e338. DOI: 10.1097/MJT.0000000000000460. PMID: 27175894.
9Int J Stroke. 2020 Aug;15(6):609-618. doi: 10.1177/1747493019895654. Epub 2020 Jan 19. PMID: 31955706.