Clopidogrel

Artikel aktualisiert am 23. Mai 2022

Clopidogrel (Plavix®) ist ein Medikament zur Vorbeugung von Komplikationen einer Arteriosklerose, wie Herzinfarkt und Schlaganfall oder eines Stent-Verschlusses in Herzkranzgefäßen. Es wirkt als irreversibler Thrombozytenaggregationshemmer und wird in der Regel zusammen mit ASS verwendet. Die Vorläufersubstanz ist Ticlopidin (ein Prodrug).


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Was wichtig ist

Kurzgefasst
Clopidogrel ist ein Medikament zur Vorbeugung von Herzinfarkt und Schlaganfall sowie sonstiger Komplikationen durch arteriosklerotisch verengte Blutgefäße bei gefährdeten Patienten. Es unterdrückt die Bildung kleiner Blutgerinnsel (Thromben) an der rauen Oberfläche verkalkter Arterien, indem es die Funktion der Blutplättchen stört (Plättchenhemmer, Thrombozytenaggregationshemmer).

Clopidogrel wird in der Leber in seine aktive Form überführt. Manche Menschen sind dazu jedoch nicht in der Lage: sie werden durch das Medikament nicht ausreichend geschützt.

Auch kann eine gleichzeitige Gabe von Omeprazol und anderer Säurehemmer (PPI-Präparate), die zum Magenschutz vor einer Blutung durch Plättchenhemmer verabreicht werden, die Wirkung von Clopidogrel senken. Dies scheint jedoch Studien zufolge keine signifikanten Auswirkungen auf das Infarktrisiko zu haben.

Clopidogrel wird meist gut vertragen. Als gelegentliche Nebenwirkungen sind vor allem eine Magenunverträglichkeit mit Übelkeit bei einer toxischen Gastritis und eine Magenblutung zu gewärtigen. Magenschutzpräparate können dem entgegenwirken.

Wenn Clopidogrel nicht vertragen wird oder eine unzureichende Wirkung zeigt, können neuere Plättchenhemmer, wie Prasugrel oder Ticagrelor, als Schutz vor arteriosklerotischen Komplikationen in Betracht gezogen werden.


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Wirkungsprinzip

Clopidogrel ist ein Prodrug (inaktive Vorläufersubstanz), das erst über das Cytochrom-P450-System der Leber (CYP2C19: Cytochrom P450, Familie 2, Subfamilie C, Polypeptid 19) aktiviert werden muss. Der Wirkungseintritt ist daher verzögert.

Es gibt einen relativ hohen Anteil an Nonrespondern, bei denen das Risiko für koronare Ereignisse durch Clopidogrel nicht ausreichend gesenkt werden kann. Das Nichtansprechen beruht auf genetischen Varianten des Cytochroms CYP2C19, die sich durch Genotypisierung nachweisen lassen. (1)Circ Cardiovasc Interv. 2019 Apr;12(4):e007811. DOI: 10.1161/CIRCINTERVENTIONS.119.007811. PMID: … Continue reading

Die Wirkung erfolgt durch irreversible Hemmung des ADP-Rezeptors und damit über eine Hemmung der Thrombozytenaktivierung über Adenosindiphosphat (ADP). Damit wird der Glykoprotein IIb/IIIa-Komplexes indirekt gehemmt (der das Ziel der GPIIb/IIIa-Antagonisten wie Tirofiban ist).

Therapieziel ist eine Reduktion des lokalen Thromboserisikos an arteriosklerotischen Plaques, so in Herzkranzgefäßen (Koronararterien) oder in den Halsschlagadern (Arteriae carotis) und damit eine Reduktion des Risikos oder einer Ausweitung eines Herzinfarkts oder eines Schlaganfall.

Indikationen

Clopidogrel dient

  • nach einem Herzinfarkt zur Vorbeugung eines neuerlichen Ereignisses (Sekundärprophylaxe),
  • zur Vorbeugung eines Herzinfarkts gefährdeter Patienten (mit Koronarsklerose und Angina pectoris),
  • zur Vorbeugung eines Stentverschlusses nach Katheterinterventionen mit Stenteinlage,
  • zur Prophylaxe einer neuen Hirninfarkts nach einem arteriosklerotisch bedingten Schlaganfall (siehe hier).

Die Wirkung von Clopidogrel scheint der von ASS etwas überlegen zu sein. Meist wird es mit ASS in Kombination verordnet. Da unter dieser Therapie das Risiko einer Magenschleimhautentzündung mit Blutungen (hämorrhagische Gastritis) erhöht ist, wird als Magenschutz häufig ein Säureblocker (Protonenpumpenblocker) zusätzlich verordnet –  was jedoch wegen Interaktionen der Arzneimittel problematisch sein kann (s. u.).

Interaktion mit Säureblockern

Clopidogrel interagiert in der Leber mit Omeprazol am Cytochrom-System. Am CYP2B6, wo es aktiviert wird, bindet auch der Protonenpumpeninhibitor. Bei gleichzeitiger Medikation nimmt seine Wirkung ab, was zu einem verringerten Schutz vor kardiovaskulären Ereignissen führen kann. Der Plättchenreaktivitätsindex liegt unter zusätzlicher Gabe von Omeprazol nach einer Untersuchung um über 10% höher als ohne und alleiniger Gabe von Clopidogrel (2)J Am Coll Cardiol. 2008 Jan 22;51(3):256-60. doi: 10.1016/j.jacc.2007.06.064.. Auch andere PPI, wie Pantoprazol, Lansoprazol und Esomeprazol, interferieren und senken die Wirkung von Clopidogrel (3)J Am Heart Assoc. 2015 Oct 29;4(11). pii: e002245. doi: 10.1161/JAHA.115.002245. (4)BMC Cardiovasc Disord. 2017 Jan 5;17(1):3. doi: 10.1186/s12872-016-0453-6.. Ein negativer Einfluss von PPI auf die Wirkung von Plättchenhemmern bezüglich Vermeidung kardiovaskulärer Ereignisse ist allerdings in Studien nicht so signifikant, wie angenommen (5)Am Heart J. 2015 Oct;170(4):683-694.e3. doi: 10.1016/j.ahj.2015.05.017. (6)J Am Heart Assoc. 2016 Oct 21;5(10). pii: e003824..

Alternativen

Im Fall einer unzureichenden Wirksamkeit von Clopidogrel oder einer möglichen Beeinträchtigung seiner Wirksamkeit durch einen Säureblocker, kommt die Verwendung eines neueren P2Y12-Rezeptorantagonisten, wie Prasugrel (Efient®, in Betracht (7)Adv Exp Med Biol. 2017;906:325-350. Ein neuerer Hemmer des ADP-Rezeptors der Thrombozyten, der jedoch reversibel (und nicht wie Clopidogrel irreversibel) hemmt, ist Ticagrelor (Brilinta®). Die möglichen Blutungskomplikationen und die Verträglichkeit sind bei allen Medikamenten ein Hauptproblem.

Clopidogrel bei älteren Patienten

In einer Studie wurde nachgewiesen, dass Clopidogrel bei älteren Patienten mit akutem nicht-ST-Hebungs-Koronarsyndrom (non-ST-elevation acute coronary syndrome: NSTE-ACS) nicht schlechter bezüglich des weiteren Verlaufs (Sterberate, Herzinfarkt, Schlaganfall) wirkt als Ticagrelor, aber weniger schwere Blutungskomplikationen bewirkte. Speziell bei älteren Patienten mit erhöhtem Blutungsrisiko ist es daher weiterhin eine Alternative. (8)Lancet. 2020 Apr 25;395(10233):1374-1381. DOI: 10.1016/S0140-6736(20)30325-1 . PMID: 32334703.

Verweise



Autor der Seite ist Prof. Dr. Hans-Peter Buscher (siehe Impressum).


Literatur

Literatur
1Circ Cardiovasc Interv. 2019 Apr;12(4):e007811. DOI: 10.1161/CIRCINTERVENTIONS.119.007811. PMID: 30998396; PMCID: PMC6581205.
2J Am Coll Cardiol. 2008 Jan 22;51(3):256-60. doi: 10.1016/j.jacc.2007.06.064.
3J Am Heart Assoc. 2015 Oct 29;4(11). pii: e002245. doi: 10.1161/JAHA.115.002245.
4BMC Cardiovasc Disord. 2017 Jan 5;17(1):3. doi: 10.1186/s12872-016-0453-6.
5Am Heart J. 2015 Oct;170(4):683-694.e3. doi: 10.1016/j.ahj.2015.05.017.
6J Am Heart Assoc. 2016 Oct 21;5(10). pii: e003824.
7Adv Exp Med Biol. 2017;906:325-350
8Lancet. 2020 Apr 25;395(10233):1374-1381. DOI: 10.1016/S0140-6736(20)30325-1 . PMID: 32334703.